Weltanschauliche Erzählungen – Sammlung 1

Weltanschauliche Erzählungen – Sammlung 1

DUR – Denn ohne DUR ist alles MOLL

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort
  2. Was bedeutet es, den Sinn einer Information zu verstehen?
  3. Die Steuerung über das eigene Leben
  4. Eine Superkraft für jedermann
  5. Wie man anfängt, richtig zu leben
  6. Ein universeller Algorithmus für alle Lebenslagen
  7. Der beste Weg zu wahrem Glück
  8. Familie und Gesellschaft
  9. Das kaleidoskopartige und das mosaikartige Weltbild
  10. Herr über das eigene Leben


📍 Sammlung 1

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Vorwort

Diese weltanschaulichen Geschichten wurden aus dem Russischen ins Deutsche vom Team des Telegramkanals „DUR – Deutschland und Russland“ übersetzt. Die Autorenschaft obliegt dem Autorenkollektiv Na'um Matrin (Наум Матрин).

Besonders gut eignen sich diese Erzählungen als Einsteigerlektüre für jene, die sich für die Themen Steuerung und Konzeption gesellschaftlicher Sicherheit interessieren: Sie sind relativ kurz, einfach zu lesen und zu verstehen. Auch als Diskussionsmaterial oder Vorlesestoff für Kinder können sie dienen. Letztere sind sogar äußerst wünschenswerte Umstände.

Sowohl die Autoren als auch wir, die Übersetzer, freuen uns, wenn diese Geschichten maximale Verbreitung finden. Das ist uns lieber als eine irgendwie geartete Bezahlung, denn es gibt unserem Tun einen gesellschaftlichen Sinn und Nutzen. Nichts könnte uns eine größere Freude sein, als die Gesellschaft zu einer besseren zu machen.

Und nun, lieber Leser, wünschen wir Dir viel Freude beim Lesen.

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Was bedeutet es, den Sinn einer Information zu verstehen?

↗️ Russischer Originaltext

Ich muss anderen Leuten oft schwierige Dinge erklären. Dabei versuche ich meistens, den Sinn dessen, was ich erzähle, zu vermitteln. Vor Kurzem habe ich darüber nachgedacht, wie man herausfindet, ob jemand den Sinn der vermittelten Informationen verstanden hat oder nicht? Was ist ein Sinn überhaupt? Hat der Sinn selbst einen Sinn? Das alles sind keine einfachen Fragen. Und ohne ein klares Verständnis für die Natur der Sinnhaftigkeit ist es meiner Meinung nach schwieriger, anderen Menschen etwas zu erklären.

Mir ist einmal etwas sehr Erhellendes passiert. Ich habe mich mit einer Gruppe von Leuten unterhalten, unter denen die junge Lehrerin Jelena war. Wir diskutierten gerade das Thema „Bildung“ und ich fragte Jelena Folgendes:


🔴 Was bedeutet es, den Sinn einer Information zu verstehen?


Daraufhin wandten andere Gesprächsteilnehmer ein, dass dies eine zu philosophische Frage sei, die nichts mit Bildung zu tun habe.


🔴 Wieso hat das nichts mit Bildung zu tun? – entgegnete ich. – Auf welche Weise kann ein Lehrer verstehen, dass sein Schüler die Informationen verinnerlicht hat, wenn er nicht weiß, was ein Sinn ist? Die Frage lässt sich jedoch deutlich einfacher formulieren: „Woher wissen wir, ob der Schüler die Bedeutung der Informationen verstanden hat?“

🔵 Überprüfe, ob der Schüler wiederholen kann, was der Lehrer ihm gezeigt hat. – sagte Jelena. 

🔴 Gut. Aber wiederholen bedeutet nicht verstehen oder verinnerlichen! Ein Papagei kann seinen Lehrer ebenfalls nachahmen, aber hat er es verstanden? – entgegnete ich.

🔵 Dann muss man mehrere Fragen zu dem Thema stellen, um zu verstehen, wie der Schüler das Material verstanden hat. – sagte Jelena.

🔴 Da kommen wir der Sache schon näher! – sagte ich. – Ich würde sagen, den Sinn verstehen bedeutet, auf jede zu dem Thema gestellte Frage antworten zu können. Je tiefer jemand im Thema steht, desto breiter ist das Spektrum an Fragen, die er beantworten kann. Hier kann man verschiedene Fragen zu unterschiedlichen Themen stellen. Dennoch bleibt zu klären, wie jemand diese Fähigkeit erwirbt, jede Frage beantworten zu können.

🔵 Wahrscheinlich muss man den Sinn verstehen? – sagte Jelena mit einem Lächeln auf den Lippen.

🔴 Gut, ich formuliere das anders. – sagte ich. – Was muss ein Mensch erlernen, um jede Frage zu einem Thema selbstständig beantworten zu können? Das ist genau das, was ein Lehrer einem Schüler mitgeben sollte.


Diese Frage löste bei den einen hitzige Diskussionen aus und stürzte andere in tiefes Nachdenken. Jemand sagte, dass man die Informationen verdauen muss, aber sofort kam der Einwand, dass man nicht ganz verstehe, was es bedeute, zu verdauen. Wenn jemand zum Beispiel etwas auswendig lernt – ist das dann gleichbedeutend mit verdauen?

Eine gute und klare Antwort habe ich jedoch nicht gehört. Ich wollte eine Antwort hören, die man in der Praxis anwenden könnte und die mich besser verstehen lässt, was der Sinn einer Information ist.


🟠 Gut jetzt, erzähle uns deine Variante. – wurde ich schließlich freundlich von allen gebeten.

🔴 Beispielsweise erkläre ich jemandem, was ein Becher ist. Es sei ein Zylinder mit einem Boden und einem Griff. Danach frage ich ihn, was passiert,  wenn man Wasser in den Becher gießt und ihn auf den Kopf stellt? In der Regel wird jeder unmissverständlich antworten, dass das Wasser herauslaufen wird. Gut, und wenn man statt Wasser geschmolzenes Metall einfüllt? Was passiert, wenn der Becher auf den harten Boden fällt? Oder auf weichen Boden? Und was passiert, wenn man Flusssäure hineingießt?

Normalerweise können Menschen, die sich mit Phänomenen wie geschmolzenem Metall oder Flusssäure auskennen oder die schon einmal gesehen haben, wie ein Becher auf einem harten Boden zerschellt, alle Fragen leicht beantworten. Aber was befähigt sie, das zu tun? Meiner Meinung nach hilft die Vorstellungskraft dabei, jede Frage zu einem bestimmten Thema zu beantworten. In der Vorstellung kann jeder Prozess modelliert werden, sofern der Algorithmus bekannt ist. Jeder weiß zum Beispiel sehr gut, dass Wasser dazu neigt, die unterste Position einzunehmen, und wenn es die Chance hat, nach unten zu fließen, wird es mit Leichtigkeit aus dem Becher fließen, wenn dieser auf den Kopf gestellt wird. Im Wesentlichen erwirbt man die Fähigkeit, einen Zeichentrickfilm des modellierten Prozesses in der Vorstellung zu drehen.  Er beginnt buchstäblich in seiner Vorstellung zu sehen, was in der Zukunft passieren wird. 

Selbst wenn jemand noch nie gesehen hat, wie flüssiges Metall in einen Becher gegossen wird, kann er es sich vorstellen. Gleichzeitig kann er, da er die Eigenschaften von Metallen mit niedrigem Schmelzpunkt wie Blei kennt, davon ausgehen, dass das keine starken Auswirkungen auf den Becher haben wird. Aber einige Metalle mit hohem Schmelzpunkt lassen den Becher leicht schmelzen, oder er wird durch den extremen Temperaturunterschied einfach zerbrechen.

Also muss man, um den Sinn zu verstehen, nicht einfach nur den Stoff lernen oder pauken, sondern auch in der Vorstellung lernen, die bekannten Prozesse und alle Kombinationen von ihnen zu modellieren. Wenn wir weiter denken, kommen wir zu einer bestimmten Eigenschaft der Sinnhaftigkeit, wie zum Beispiel der Tiefe. Die Sinntiefe ist ein Spektrum an Fragen, die jemand zu dem jeweiligen Thema beantworten kann. Wenn jemand nicht mit verschiedenen Säuren vertraut ist, dann kann er die Frage nicht beantworten, wie diese auf den Gegenstand einwirken, der unter den Einfluss dieser Säuren gerät. Wenn jemand mit Mathematik nicht vertraut ist, kann er die Fallzeit eines Gegenstandes nicht genau berechnen. Je weiter der Horizont eines Menschen ist, desto besser kann er die in der Frage beschriebene Situation in seiner Vorstellung modellieren. Nicht umsonst heißt es, dass in der Fragestellung bereits die halbe Antwort zu finden ist. Wenn in der Frage eine konkrete Situation beschrieben wird, muss man sie nur noch in seiner Vorstellung modellieren und das Ergebnis dieser Modellierung erhalten – das ist dann die Antwort auf die gestellte Frage.


Für einen Lehrer und jemanden, der sich weiterentwickeln will, ist es wichtig zu wissen, was der Sinn der Informationen ist. Eine Lehrkraft, die bewusst versteht, was ein Sinn ist, kann Informationen viel besser vermitteln. Und auch Jelena, die junge Lehrerin, hat mich in meinen Gedanken unterstützt.

Wir haben noch viel über Bildung und Erziehung gesprochen.


Meiner Ansicht nach muss ein Mensch, um vollständiger Herr über sein Leben zu werden, den Sinn seiner Existenz tiefgreifend verstehen. Er muss sich selbst wenigstens die folgende Frage beantworten: Wer bin ich, was tue ich und warum? Er muss nicht nur in der Lage sein, verschiedene Technologien und Methoden in die Praxis umzusetzen, sondern auch deren Sinn in der Tiefe zu verstehen und zukünftige Lebensereignisse im Voraus zu modellieren.

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Die Steuerung über das eigene Leben

↗️ Russischer Originaltext

Die erste Frage, die ich einem Menschen stelle, mit dem ich über das Thema „Steuerung“ sprechen will, lautet folgendermaßen: Wer steuert dein Leben? Erwachsene sprechen ungern darüber, dafür hat sich mit Kindern einmal ein interessanter Dialog entwickelt. Und das kam so ...

Die Kinder waren schon recht reif, achte Klasse, und haben sich als sehr aufgeweckt erwiesen. Als sie die Falle in der Frage erkannten, haben sie das sofort kundgetan:


🙋🏻 Wenn Sie diese Frage schon stellen, wird Sie wohl die Antwort »Ich steuere mein Leben selbst« nicht zufriedenstellen. – verkündeten sie zufrieden mit ihrer Scharfsinnigkeit durch die Stimme des mutigsten Klassenkameraden.

👤 Gut gemacht. – sagte ich. – Dann kommen wir gleich zu den Beispielen. Stellt euch vor, es wäre später Herbst oder zeitiger Frühling. Ihr macht euch fertig für die Schule. Im Flur kommt die Mama und sagt, dass es draußen kalt sei und ihr eine Mütze anziehen müsst. Aber ihr wisst, dass gestern in der Schule viele ohne Mütze waren und sich sogar jemand über die Klassenkameraden, die mit Mütze in die Schule kamen, lustig gemacht hat. Was tut ihr?


Die Klasse regte sich. Es war offensichtlich, dass jeder mit dieser Situation vertraut war. Sie mussten bereits mehr als einmal eine Entscheidung getroffen haben.


🙋🏻 Die Mütze für die Mama anziehen und sie später, wenn ich aus dem Haus gegangen bin, wieder abnehmen. – ertönte die Lösung desselben mutigen Jungen.

👤 Rationale Herangehensweise. Die Wölfe sind satt und die Schafe noch heil. – gab ich meine Einschätzung. – Und jetzt kommen wir zu der Frage zurück, wer in diesem Moment dein Leben steuert?


Die Klasse regte sich erneut, es waren Repliken mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten zu hören, in denen neben den vorhersehbaren auch solche Optionen wie Gott, Schicksal, Vorsehung auftauchten ...


👤 Bevor ihr euch endgültig für eine Antwort entscheidet, überlegt, was ihr tun würdet, wenn eure Mutter nicht käme und zweitens, wenn alle eure Klassenkameraden in der Schule Mützen tragen würden.

🙋🏻 Die Antwort liegt auf der Hand. – sagte wieder der Mutigste und sorgte damit für Gelächter in der Klasse.

👤 Wann also steuert ihr euer Leben? – fragte ich und kam damit auf das ursprüngliche Thema zurück.


Die Kinder dachten darüber nach. Man konnte sehen, dass bei vielen von ihnen der Denkprozess eingesetzt hatte. Einige von ihnen gingen die Möglichkeiten aus eigener Erfahrung durch, andere suchten in ihren Erinnerungen nach unglaublichen Geschichten.


🙋🏻 Gut jetzt, das reicht. Machen Sie weiter. – verkündete der »Verkünder der allgemeinen Klassenmeinung« erneut die allgemeine Entscheidung.


Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass alle bereit waren, neue Informationen zu bekommen, begann ich:


👤 Lasst uns zwei Begriffe in den Bereich unserer Überlegungen einführen. Der erste Begriff ist »Traum«. Weiß jeder, was ein Traum ist?

🙋🏻 Jaaaa. – tönte das übliche Antwortmuster von Schülern durch die Klasse, die »alle zusammen« antworteten.

👤 Hat jeder einen anderen Traum? – fuhr ich fort.

🙋🏻 Ja ... Nein ... Es kommt auch vor, dass sie identisch sind ... – konnte man die Zwischenrufe der mutig gewordenen Kinder vernehmen.

👤 Gut, wir kommen später darauf zurück. Jetzt wollen wir erst einmal den nächsten Begriff einführen: »Ziel«. Wer weiß, was das ist?

🙋🏻 Na, das ist etwas, das man erreichen muss. – sagte der »Verkünder« ohne zu zögern.

👤 Gut. Stimmt ihr mir zu, wenn ich sage, dass sich ein Ziel von einem Traum dahingehend unterscheidet, dass es konkreter und klarer ist? Ein Traum ist dagegen etwas Wunderbares, das weit entfernt ist, aber nicht erreichbar, zumindest ist nicht gleich klar, was zu tun ist, um ihn zu verwirklichen.

🙋🏻 Das wird wohl so sein. – sagten die Kinder widerspruchslos. 

👤 Und nun kommen wir zur Steuerung über das eigene Leben zurück. Schaut mal, wenn ein Mensch ein Ziel hat, dann weiß er, was er tun muss, um es zu erreichen. Zumindest sollte er es wissen. Das Ziel ist zum Beispiel, das Abitur mit 90/100 Punkten abzuschließen. Dafür muss man sich vorbereiten und hart lernen. Wenn ihr also den Traum eures Lebens auf magische Weise in ein Ziel übersetzt und dieses große Ziel in kleinere Ziele aufteilt, wird klar, was ihr jeweils tun müsst.

Um das zu verdeutlichen, sollten wir auf Beispiele zurückgreifen. Nehmen wir an, euer Traum ist es, Musiker zu werden. Ist das ein guter Traum? Normal, ja? Ihr habt diesen Traum in ein Ziel umgewandelt und es wie folgt formuliert: Bis zum Alter von 25 Jahren muss ich einen überregionalen Musikwettbewerb gewinnen. Für einen solchen Wettbewerb gibt es strenge Rahmenbedingungen. Um innerhalb dieser Bedingungen zu gelangen, muss man ein bestimmtes Niveau erreichen. Dazu muss man erst eine Musikschule, dann eine Musikhochschule und dann ein Konservatorium absolvieren. Ich meine, es ist sicher klar, dass man dafür jeden Tag üben muss. Und hier ist die Situation: Deine Freunde schreiben dir im Chat und fordern dich auf, ein neues Online-Spiel zu spielen, aber du musst zur Musikschule gehen oder eine andere Partitur lernen. Wenn du deinem Traum treu bleibst, lehnst du deine Freunde ab. Und du weißt, dass du in diesem Moment die Steuerung über dein Leben hast. Stimmt's?


Die Kinder nickten. 


👤 Du hast einen Traum, du bist auf dem Weg, ihn zu verwirklichen. Alle Entscheidungen, die dich zu deinem Traum führen, sind also deine. Und es sollte keinen Zweifel daran geben, dass jemand anderes in diesen Momenten die Steuerung über dein Leben hat.


Im Klassenzimmer herrschte zustimmendes Schweigen.


👤 Aber ganz so einfach ist es nicht. – lächelte ich. – Du musst auch sicher sein, dass dieser Traum deiner ist und nicht der deiner Eltern oder zum Beispiel »wie die Freundin auch«.


Die Kinder murrten missbilligend. Wie konnte es sein, dass alles so logisch aufgebaut war, und dann gab es noch eine Falle?

Meine Zeit neigte sich dem Ende zu und ich beschloss, Bilanz zu ziehen und ein weiteres Treffen mit der Klasse anzusetzen.

So endete mein erstes Gespräch. Eine Fortsetzung folgt ...

Und du, lieber Leser, steuerst du denn dein Leben?

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Eine Superkraft für jedermann

↗️ Russischer Originaltext

Ich war gerade in der Natur unterwegs, als mein guter Freund Alexej mich besuchte. Wir mussten einige Arbeitsprobleme gemeinsam lösen. Eine ruhige, friedliche Umgebung ist dafür genau das Richtige.

Als wir bis zum Abend alle Probleme gelöst hatten, diskutierten wir daraufhin gemeinsam die neuesten Ereignisse und brachten uns gegenseitig auf den neuesten Stand der Nachrichten. Alexej sagte, er plane, einen neuen Beruf zu erlernen. Er arbeitet als Programmierer und hatte beschlossen, Kindern das Programmieren beizubringen. Bei einem seiner Vorstellungsgespräche, die er im Zuge seiner Bewerbung für eine Stelle an einer Schule wahrnahm, wurden ihm einige ungewöhnliche Fragen gestellt, die er mit mir teilen wollte.


🟠 Was haben sie dich denn zu dem Vorstellungsgespräch gefragt? – fragte ich.

🟢 Sie haben mich gefragt, welches Superheldenkostüm ich für mich oder meinen Helden auswählen würde.

🟠 Und was hast du geantwortet?

🟢 Ehrlich gesagt habe ich mit diesem ganzen Superheldenthema nicht viel am Hut. also dachte ich mir, ich erinnere mich an eine kleine Geschichte.

Attila, der Anführer der Hunnen, hatte viele Kriegsherren, die so reich waren, dass sie nur von goldenen Tellern aßen. Atilla, allerdings, aß und trank aus hölzernem Geschirr. Eines Tages fragten ihn seine Befehlshaber: „Wie kommt es, Atilla, du bist der Reichste und Berühmteste, aber du isst von hölzernen Tellern.“ Atilla antwortete daraufhin: „Ich bin so reich, dass ich keinen Schmuck brauche, um es zu beweisen – auch so weiß das jeder.“

Analog zu dieser Geschichte hätte ich auf die Frage nach dem besten Superheldenkostüm geantwortet , dass „ein echter Superheld seine Superkraft nicht durch ein grelles Kostüm unter Beweis stellen muss, bei dem über der blauen Hose eine rote Unterhose getragen wird.“

🟠 Eine ungewöhnliche Antwort. – sagte ich.

🟢 Ja, aber das war noch nicht alles. – antwortete Alexej. – Es gab noch eine zweite Frage. Die lautete so: „Welche Superkraft sollte Ihr Superheld haben?“.

🟠 Diese Frage ist ja noch interessanter. – sagte ich. – Was hast du geantwortet?

🟢 Ich habe geantwortet, dass die Fähigkeit, mit den Fäusten zu kämpfen oder sogar zu fliegen, eine primitive Superkraft ist. Die beste Superkraft, die man sich nur vorstellen kann und über die kein Superheld, sondern jeder Mensch verfügen sollte, ist, das Wesen der Dinge sehen zu können.

Zur Verdeutlichung habe ich das Beispiel angeführt, wie ich gelernt habe, Gemüse mit einem einfachen Messer zu schneiden. Ich habe irgendwann einmal gesehen, wie Profiköche Essen schneiden. Sie führen dabei das Messer nur mit der vorderen Spitze auf einem Holzbrettchen vor und zurück und schneiden so lange Dinge sehr schnell – z. B. Gurken, Möhren, Auberginen. Das Endergebnis sind sehr dünne und schnell geschnittene Scheiben. Mir hat es gereicht, das ein einziges Mal zu sehen, um zu den Kern dessen, was dabei passiert zu verstehen. Als ich dann selbst wieder mal einen Salat zubereiten wollte, habe ich nur ein paar Sekunden oder Minuten gebraucht, um diese professionelle Schnitttechnik zu lernen. Wenn jemand sieht, wie ich Gemüse schneide, werde ich allerdings oft danach gefragt, wo ich diese Technik erlernt habe. Diese Frage hat mich immer schon verwundert. Muss man sowas denn lange lernen? Man muss doch nur den Kern, also das Wesen dieses Prozesses verstehen und es dann selbst ausprobieren. Man kann es buchstäblich in Minuten erlernen. Ich musste nur einmal sehen wie andere das machen.

Das Vermögen, das Wesen der Dinge zu sehen, ermöglicht es, schnell Neues zu lernen und vollwertige Lösungen für jegliches Problem zu finden, ohne sich dabei nur auf die Symptombekämpfung zu konzentrieren.


Diese Frage hat Alexej im Vorstellungsgespräch nicht beantwortet. Gemeinsam begannen wir über dieses große, vielschichtige Thema zu diskutieren und stellten fest, dass man eine bestimmte Weltanschauung haben muss, um das Wesen der Dinge zu erkennen.

Es gibt Begriffe, die keiner weiteren Erklärung und keines weiteren Begreifens mehr bedürfen, weil sie ihrem Wesen nach endgültig sind. Das sind die Begriffe „Algorithmus“ und „Information“. In den verschiedenen Wissenschaften haben sie unterschiedliche Bezeichnungen. In der Mathematik sind das Funktionen und Zahlen, in der Programmierung sind das Programm und Daten. Wenn man den Algorithmus eines Prozesses erkennt, wird die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung am deutlichsten - es wird klar, warum und wieso etwas passiert. Noch besser ist es, wenn zusätzlich zu den Algorithmen und Informationen auch das ausführende System, in dem der Algorithmus ausgeführt wird, ermittelt wird. Das ausführende System selbst arbeitet entsprechend seinem eigenen internen Algorithmus. Indem man eine Hierarchie aus den Algorithmen und ausführenden Systemen aufbaut, ist es möglich, ein ineinander greifendes und sich gegenseitig bedingendes Modell jedes beliebigen Prozesses zu konstruieren.

Und das Wichtigste ist wohl, dass man sich bei der Identifizierung des informationsalgorithmischen Systems und seiner Zusammenhänge daran gewöhnt, in Prozessen und nicht in Zuständen zu denken. Ein Algorithmus, der in einem System ausgeführt wird und Informationen verarbeitet, ist ein Prozess. Ein Zustand hingegen ist das Fehlen eines dieser Elemente: Algorithmus, Information oder ausführendes System. Viele Menschen denken gar nicht in solchen Kategorien, sondern denken in Begriffen wie Materie, Raum, Energie und Zeit. Eine solche Weltanschauung verhindert es, die Algorithmen von Ursache und Wirkung zu sehen, also denkt man eher in Zuständen als in Prozessen.

Der Beruf des Programmierers zwang Alexej dazu, oft in Kategorien wie Programme und Daten, Funktionen und Zahlen zu denken. Auf diesen Kategorien basiert die wichtigste Wissenschaft – die Mathematik, welche die Grundlage jeder anderen Wissenschaft ist. Um die Fähigkeit zu erlangen, das Wesen der Dinge zu erkennen, muss man verstehen, auf welchen endgültigen Kategorien und Verallgemeinerungen die Weltanschauung eines Menschen aufbauen sollte.

Das Vorstellungsgespräch von Alexej verlief erstaunlicherweise erfolgreich. Die Lehrkräfte, die das Vorstellungsgespräch führten, waren auch sehr darauf bedacht, dass die Kinder lernten, das Wesen der Abläufe zu verstehen, anstatt dem Lehrer nachzusprechen. Wer, wenn nicht die Lehrer, weiß schließlich, dass Kinder, wenn sie anfangen, selbst zu denken, keine Geschichten über fiktive Superhelden mehr brauchen.

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Wie man anfängt, richtig zu leben

↗️ Russischer Originaltext

In Russland wird man schwerlich jemanden finden, der das Sprichwort: „Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich sowieso“ nicht kennt. Damit vermittelt die Volksweisheit auf ironische Weise den Gedanken, dass die Menschen dazu neigen, sich Illusionen über ein besseres Leben irgendwo jenseits des Horizonts zu machen. Und die große Mehrheit der Menschen stimmt dieser Volksweisheit zumindest tief im Herzen zu. Trotzdem haben einige den Gedanken im Kopf, dass das echte Leben an ihnen vorbeizieht und sie sich woanders viel besser entfalten könnten.

Wenn solche Gedanken einen Menschen heimsuchen, bedeutet das, dass in ihm ein großes unverwirklichtes Potenzial schlummert, das geweckt werden muss. Aber man sollte das nicht überstürzt angehen, weil man dabei irreparable Fehler strategischer Art begehen kann. Jedes Vorhaben sollte zunächst einmal gut durchdacht sein und man sollte den besten Weg finden, damit es auch wirklich qualitativ einwandfrei umgesetzt werden kann. Wenn es bei diesem Unterfangen darum geht, das Potenzial eines Menschen zu entfalten, darf man das auf keinen Fall vermasseln.

Zunächst einmal muss die Person verstehen, was sie will und ob das, was sie will, wirklich wichtig ist. Es lohnt sich, in Betracht zu ziehen, dass man diese Problematik nur dann voll und ganz verstehen kann, wenn man die Auswirkungen der verschiedenen kulturellen Faktoren auf sich selbst begreift. Wir alle leben in einem Umfeld aus Traditionen, Verhaltensmustern, Regeln, Gesetzen und Normen, menschlichen Instinkten, etablierten Meinungen und Ansichten über das Leben, der sozialen Stellung in der Gesellschaft und eines System zwischenmenschlicher Beziehungen. Und wenn wir uns selbst die Frage beantworten wollen: „Was ist mir wirklich wichtig?“, dann haben wir es in erster Linie nicht mit uns selbst zu tun, sondern mit dem Kontingent bestehend aus kulturellen Programmen und Stereotypen, die wir uns im Laufe unseres Lebens in unserer komplexen Gesellschaft aufgebaut haben.

Auf die Frage „Was ist mir wichtig?“ wird das kulturelle Programm des folgsamen Sohnes antworten, dass ihm die Meinung seiner Eltern wichtig ist; das instinktive Programm einer jungen Frau sagt, dass ihr wichtig ist, schnell einen Mann zu finden; das Programm eines armen Menschen spricht von der Notwendigkeit, Reichtum zu erlangen; die Stereotypen des gesellschaftlich korrekten Bürgers werden sagen, wie wichtig es ist, so zu sein wie alle anderen; das Verhaltensmodell eines streng erzogenen Kindes wird die Bedeutung hervorragender schulischer Leistungen und Fleiß verkünden; die Meinung von Arbeitskollegen und die Lebensweise von Bekannten werden dich zu der Antwort veranlassen, dass die Karriere an erster Stelle steht.

Es gibt viele gebrauchsfertige Antworten, die von kulturellen Modulen vorgefertigt, von der Gesellschaft über viele Generationen hinweg geprägt und von den Menschen als selbstverständlich akzeptiert werden. 

Aber ein Mensch, der sich selbst vollständig und unabhängig entfalten will, muss in der Lage sein, die Antwort nicht im Rahmen seines bestehenden Systems von Ansichten zu suchen, sondern in seiner eigenen einzigartigen und unnachahmlichen Persönlichkeit, die aus einem bestimmten Grund in diese reale Welt gekommen ist.

Eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem wirklichen "Ich", das Aufarbeiten der inneren Welt und ein offener Dialog mit der äußeren Welt, die über das Gewissen Antworten gibt, wird einen Menschen immer auf den richtigen Weg führen, auf dem er sich als ganzheitliche Persönlichkeit entfalten kann, die in der Lage ist, zu bestimmen, was wirklich wichtig ist, was warten kann und was man besser nie angehen sollte.

Ein Leben im Einklang mit dem Gewissen, das die Tiefen der inneren Welt offenbart, kann dazu führen, dass man nicht mehr über den Horizont hinaus will, weil sich herausstellt, dass es hier eine Menge Dinge zu tun gibt, die sowohl für einen selbst als auch für die Gesellschaft wirklich nützlich und wohltuend sind.

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Ein universeller Algorithmus für alle Lebenslagen

↗️ Audio-Format

↗️ Russischer Originaltext

Als ich noch Student war, ereignete sich ein interessanter Vorfall. An der Universität fragte ein Kybernetik-Dozent einmal, ob unserer Gruppe spontan etwas einfiele, was man ganz ohne Algorithmen machen könnte. Die überheblichen Studenten antworteten selbstsicher: "Ich mache das schon" schalteten ihre wilde Fantasie ein und begannen mit ihrem Gedankenspiel.

Unser Oberwitzbold reagierte wie immer am schnellsten und verkündete, dass man ohne Algorithmen nur "die Klappe halten" kann. Aber er wurde von seinen eigenen Kameraden zurechtgewiesen, die ihm erklärten, dass man nur "die Klappe halten" kann, wenn man vorher darüber nachdenkt und eine Entscheidung trifft. Mit der gleichen Argumentation wurde auch der folgende Vorschlag über die Option "einfach nichts zu tun" widerlegt.

Als nächstes kam der Vorschlag, "an nichts zu denken", worüber alle lachten und zu diskutieren begannen, ob das überhaupt möglich sei. Sie kamen zu dem Schluss, dass, selbst wenn es möglich wäre, an nichts zu denken, es nur möglich wäre, wenn man eine Entscheidung darüber treffen würde.

Es gab einen quälenden Moment des Schweigens und des intensiven Abwägens aller möglichen Optionen, woraufhin ein feuriger Kommilitone beinahe schrie: "Ohnmacht!". Die umstehenden Studenten nickten zustimmend und meinten, wenn man in Ohnmacht falle, führe man keinen Algorithmus aus. Der Dozent entgegnete ruhig, dass man nur dann nichts mehr ausführen könne, wenn man bereits gestorben sei, und niemand in der bekannten Geschichte sei jemals ohne Grund gestorben oder in Ohnmacht gefallen, zumindest habe er noch nie von einer solchen Person gehört. Dem musste unsere Gruppe zustimmen.

Insgesamt wurden wir "auf dem schwachen Fuß" erwischt und mussten einstimmig kapitulieren. Nachdem der Dozent unsere Kapitulation akzeptiert hatte, erklärte er uns, dass jede Handlung immer einem Algorithmus folgt, der immer objektiv und unabhängig von allem existiert. Auch wenn wir nichts davon wissen und nicht darüber nachgedacht haben. Er sagte uns auch, dass absolut jeder Prozess im Universum von einem universellen Algorithmus gesteuert werden kann.


💡Dieser besteht aus 7 Schritten:

1. Identifizierung des Umweltfaktors.

2. Erlernen der Fähigkeit, diesen Faktor zu erkennen.

3. Zielsetzung in Bezug auf den identifizierten Faktor. 

4. Erstellung eines Fahrplans für die Zielerreichung.

5. Organisieren von Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen.

6. Kontrolle der Maßnahmen.

7. Die Aktivität fortsetzen oder stoppen.


In der Steuerungstheorie bezeichnet man diesen Algorithmus aus 7 Schritten als „Vollständige Steuerungsfunktion“.

Seit meinem Studium sind viele Jahre vergangen, und ich wende dieses Wissen sehr oft an. Als universeller Algorithmus kann die vollständige Steuerungsfunktion in jedem Bereich angewendet werden - sie ermöglicht es ganz einfach, deine Handlungen zu systematisieren und in verständliche Schritte zu unterteilen.

Wenn ich Brei essen, ein Unternehmen steuern, eine Treppe hinaufgehen, Laborforschung betreiben, in einem Schwimmbad schwimmen, ein Auto fahren oder ein Raumschiff erfinden muss, weiß ich immer, dass dies alles immer nach demselben universellen Algorithmus abläuft. Dieses Wissen hilft mir, den Überblick darüber zu behalten, welcher Stufe meine aktuelle Handlung entspricht, wozu sie führen wird und warum ich sie überhaupt tue. In unserer Zeit hoher Geschwindigkeiten und einer riesigen Flut unterschiedlichster Informationen hilft es, sich nicht zu verzetteln und sich in dieser Flut relativ schnell zu orientieren.


Ein Beispiel: In einem meiner früheren Arbeitsverhältnisse habe ich die Vorteile der vollständigen Managementfunktion deutlich erkannt. Ich bin seinerzeit aus eigenem Antrieb dorthin gekommen, weil ich eine Stelle suchte, um Geld zu verdienen. Nachdem ich einige Zeit dort gearbeitet und mich gut eingelebt hatte, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Lange Zeit konnte ich nicht verstehen, was genau dieses Unbehagen verursacht.

Das Gehalt ist üppig, ich weiß, wie man alles macht, ich habe alles bekommen, was ich wollte, aber irgendetwas bedrückte mich im Unterbewusstsein und gab mir keine Ruhe.


Schließlich setzte ich mich eines Tages mit Papier und Stift an meinen Schreibtisch und beschloss, es herauszufinden. Lange erinnerte ich mich an verschiedene Fragmente meines Lebens, angefangen bei der frühesten Kindheit, erinnerte mich an meine Gedanken, Wünsche und Träume und war überrascht, wie viel ich bereits vergessen hatte. Die Routine des Alltäglichen war so sehr in einem Kreislauf verhaftet, dass es so war, als wäre ich ein anderer Mensch mit anderen Problemen, Wünschen und Träumen geworden.

Als mir das klar wurde, versuchte ich, meine aktuelle Betätigung mit dem universellen Algorithmus zu beschreiben. Und alles schien gut zu passen. Beim 4. und 5. Punkt der vollständigen Steuerungsfunktion: "Einen Fahrplan erstellen, um die Ziele zu erreichen" und "Aktivitäten organisieren, um die Ziele zu erreichen", passte meine Arbeit, die mir eine Einkommensquelle verschaffte, perfekt in die gesamte Strategie meines Lebens. 

Aber da ich wusste, dass ich nicht der Gründer der Organisation war, in der ich arbeite, und dass nicht ich die Ziele festgelegt hatte – die dritte Stufe des universellen Algorithmus –, beschloss ich, mit meinem Chef, dem Geschäftsführer des Betriebs, zu dem ich im Allgemeinen ein normales Verhältnis hatte, über dessen Ziele im Leben und die Beweggründe zu sprechen, die ihn zur Gründung seines Unternehmens bewogen hatten.


An diesem Punkt wurde alles offensichtlich. Es stellte sich heraus, dass die Beweggründe und Ziele des Chefs, nach denen er das Unternehmen gründete und sein Leben im Allgemeinen lebte, meinen Ansichten darüber, wie Menschen leben sollten und warum ich leben sollte, direkt widersprachen.

Danach erschloss sich mir die gesamte Betriebsaktivität wie ein Buch. Ich sah jetzt das, was ich nicht bemerkt hatte, während ich hier arbeitete und einfach nur Geld verdiente. Mir wurde klar, dass alles, was ich und andere Menschen hier taten, darauf abzielte, dass meine Träume und meine Vorstellung davon, wie das Leben sein sollte, niemals in Erfüllung gehen würden.

Mir wurde klar, dass ich mich bei der Erfüllung meines Wunsches, einfach nur Geld zu verdienen, in die Aktivitäten einer Organisation integriert hatte, deren Ziele ich nicht selbst aufgestellt hatte. In der Firma war ich nicht an der Ausarbeitung der Punkte 1 - 4 der vollständigen Steuerungsfunktion beteiligt. Aber da ich mich im fünften Schritt - "Organisieren von Maßnahmen zur Erreichung der Ziele" - in die Funktionsweise des Betriebs integriert hatte, begann ich damit, den Algorithmus auszuführen, der objektiv immer vorhanden ist, auch wenn wir davon nichts wissen. Dieser Algorithmus wurde von meinem Chef geschaffen, dessen Ziele ich nicht teilte.

 Nachdem ich mit meinem Chef gesprochen und mit ihm die strategischen Ziele des Betriebs besprochen hatte, gelang es mir, ihn teilweise auf meine Seite zu bewegen. Der Verständigungsprozess verlief nicht immer reibungslos und erforderte oft große Überwindung von allen Beteiligten. Doch die Ergebnisse ließen nicht lange auf sich warten. Nachdem die strategischen Ziele vereinbart waren, wurde ich ruhiger und zuversichtlicher und hatte mehr Freude an meiner Arbeit.

 Seither habe ich immer versucht, den universellen Algorithmus der vollständigen Steuerungsfunktion auf meine Handlungen im Leben anzuwenden, damit ich verstehe, was ich tun muss, warum ich es tun muss und welche Ergebnisse sich aus allen meinen Handlungen ergeben können. Dadurch kann ich meine aktuelle Situation mit dem vergleichen, was ich gerne hätte und in welcher Art von Gesellschaft ich leben möchte.


Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass die Zukunft, in der wir alle leben werden, garantiert entsprechend der vollständigen Steuerungsfunktion errichtet werden wird. Die Frage ist nur, wer sie bauen wird und wessen Algorithmus stärker sein wird. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

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Der beste Weg zu wahrem Glück

↗️ Russischer Originaltext

Im alltäglichen Leben beschäftigen sich die Menschen mit verschiedenen Dingen: sie kaufen Lebensmittel ein, räumen die Wohnung auf, gehen auf Arbeit und vieles andere. Oftmals wird das alles unbewusst gemacht, automatisch – es kommt sogar vor, dass der Mensch nicht einmal über die Folgen seiner Handlungen nachdenkt.

Weil sie sich auf ihre momentanen Bedürfnisse konzentrieren, bemerken die Menschen mitunter nicht mal das Wichtigste – Wofür tun sie das alles?

Die Antwort auf diese Frage kann auf zwei Arten gegeben werden: Entweder wird etwas ausschließlich für sich selbst und die nähere Umgebung gemacht, oder zum Wohle der Gesellschaft oder gar etwas noch Größerem. 


Welche Wahl ist die richtige?

Schauen wir uns die beiden Extremvarianten an:

1. Wenn sich jeder nur um sein eigenes Wohlergehen kümmert und gesellschaftliche Probleme nicht wahrnimmt und löst, wird er sich in einer feindseligen Umgebung wiederfinden. In der Gesellschaft gilt dann das "Gesetz des Dschungels" oder die Regel "Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf". In einem solchen Umfeld kann ein Mensch nicht über Entwicklung nachdenken und wird sich nur auf sein Überleben konzentrieren.

2. Wenn sich jeder zuerst um andere kümmert, wird ein völlig anderes Umfeld entstehen. Dann gilt die Regel "Der Mensch ist des Menschen Freund, Genosse und Bruder", es gibt keine Notwendigkeit, sich nur ums Überleben zu kümmern, und es gibt die größtmöglichen Entwicklungsmöglichkeiten für alle Menschen.


In der Natur ist das Bienenvolk ein gutes Beispiel dafür. Durch ein gemeinsames Ziel und eine eingespielte, arbeitsteilige Organisation kann sich ein Bienenvolk nicht nur mit Vorräten für einen langen Winter versorgen, sondern sammelt oft Reserven für mehrere Jahre im Voraus. Das ist im Falle eines kalten Sommers oder um Naturkatastrophen zu überleben, notwendig. Die Reserven werden auch benötigt, um vor dem Frühlingserwachen, wenn noch keine Pflanzen blühen, mit der Entwicklung zu beginnen.

Neben der Honigbiene kennt die Wissenschaft auch andere Bienenarten, die meist solitär leben. Solitärbienen können sich keine übermäßigen Reserven für ihre Entwicklung erlauben. Sie müssen sich auf ihr Überleben konzentrieren. Selbst Hummeln, die kleine Kolonien bilden, können sich keine Winterreserven erlauben.

Natürlich ist die Entscheidung zwischen persönlichem und gesellschaftlichem Engagement unter realen Bedingungen nicht so eindeutig. Um der Gesellschaft etwas zurückgeben zu können, muss man dazu in der Lage sein und das auch noch gut machen, wofür man lernen muss. Aber auch ein Schüler, der scheinbar nur Wissen erwirbt, kann etwas zurückgeben. Für einen Lehrer ist es eine große Freude, einen Schüler zu unterrichten, der sich anstrengt, lernt und danach strebt, besser zu werden.

Das Wichtigste, was ein Mensch erwirbt, wenn er gesellschaftlichen Dingen Priorität einräumt, ist der Sinn des Lebens. Es ist unmöglich, sich wahre Freude und wahres Glück vorzustellen, die sich auf enge Interessen beschränken. Nur wenn man etwas Größeres anfasst, indem man sich an langfristigen, gesellschaftlich nützlichen Projekten "jenseits des eigenen Horizonts" beteiligt, kann man wahre Freude am Leben erfahren und wahres Glück finden.

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Familie und Gesellschaft

↗️ Russischer Originaltext

Wenn man sich über die Gesellschaftsstruktur und die Zukunft im Allgemeinen unterhält, über bestimmte Maßnahmen, die ein Mensch ergreifen sollte, um sein Leben zu verändern, hört man oft das folgende Argument: "Ich kann deine Besorgnis verstehen, und moralisch bin ich bei dir, aber ich habe eine Familie zu ernähren und zu schützen, daher kann ich mich nicht aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligen". Mit diesem Argument beginnt die Person unbewusst, familiäre Interessen von gesellschaftlichen Interessen abzugrenzen - nach ihrem Verständnis gibt es keine direkte Verbindung zwischen ihnen. Versuchen wir zu verstehen, ob das wirklich so ist.


Aus dem Geschichtsunterricht in der Schule wissen wir, dass sich die Entwicklung der gesellschaftlichen Beziehungen in Etappen vollzog. Anfangs lebte die Menschheit in Stämmen im Rahmen des primitiven Gemeinschaftssystems mit einem extrem niedrigen Grad an technischer Entwicklung. Das Überleben des Stammes hing direkt von dem Ineinandergreifen der kollektiven Handlungen im Rahmen eines einzigen gesellschaftlichen Verbandes ab. Doch im Laufe der Zeit stiegen das technologische Niveau und die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft so weit an, dass es den einzelnen Elementen der Gesellschaft, wie der Familie, möglich war, bequem getrennt von der Gemeinschaft zu leben. Dies führte zu der Ansicht, die in den Ausdrücken „mein Zuhause ist meine Festung“ und „alles bleibt in diesen 4 Wänden, alles bleibt in der Familie“ beschrieben wird, was bedeutet, dass alles außerhalb des Hauses feindliche Umgebung oder Beute ist.

Dieser Zustand der Selbstisolierung der Familie von der Gesellschaft hat dazu geführt, dass manche Menschen, die das Familienleben als Ziel an sich definieren, sich bewusst weigern, an der Gestaltung der Zukunft der gesamten Gesellschaft mitzuwirken. Das Ergebnis dieses Ansatzes ist im Westen zu sehen, wo das Bild des amerikanischen Traums der Gesellschaft lange Zeit systematisch aufgezwungen wurde, was zum Florieren von extremen Individualismus und sogar zum Verfall der Institution der Familie geführt hat.

In unserem Alltag kommt diese Lebensweise dadurch zum Ausdruck, dass für die Mehrheit der Bevölkerung die Ereignisse, die sich außerhalb ihrer Wohnung abspielen, nicht von Belang sind. Folglich gehören das Vermüllen der Straßen, das Rauchen im Treppenhaus, Betrug an der Kasse, Diebstahl, Bestechung und Korruption usw. zur Tagesordnung. Und wenn die Mehrheit anfängt, sich so zu verhalten, wird dies zu einem natürlichen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens, ohne die Ursachen und das Wesen dessen, was geschieht, zu hinterfragen.

Der einzige Ausweg aus diesem Teufelskreis ist die Erkenntnis, dass keine Familie isoliert von der Gesellschaft leben kann, dass es keine persönliche oder familiäre Sicherheit gibt – sondern nur eine gesellschaftliche Sicherheit. Alles, was wir in die Gesellschaft einbringen, kehrt zwangsläufig zu uns oder unseren Kindern zurück, und in vielen Fällen sogar doppelt und dreifach.


Wir, die wir jetzt leben, sollten gründlich darüber nachdenken, in welcher Art von Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen, welche Art von Beziehungen zwischen den Menschen wir aufbauen wollen und was wir bereit sind zu tun, um dies zu erreichen. Sobald wir uns dessen bewusst sind, sollten wir unbedingt anfangen zu handeln, ohne so zu tun, als ob wir Familien zu ernähren und zu unterstützen hätten. Nur eine Weltanschauung, in der die ganze Gesellschaft eine einzige Familie und der ganze Planet ein gemeinsames Zuhause ist, kann zum Sprungbrett für eine krisenfreie Zukunft werden.

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Das kaleidoskopartige und das mosaikartige Weltbild

↗️ Russischer Originaltext

Wenn man sich die Denkweise verschiedener Menschen genau anschaut, kann man das nachfolgende Phänomen beobachten. Für einige Menschen ist die Welt ein geordnetes und ganzheitliches Bild, in dem alles kausal begründet ist, während für andere die Welt ein Chaos aus willkürlich auftretenden, zufälligen Ereignissen ist. Entsprechend dem Weltbild werden alle menschlichen Handlungen gestaltet, als deren Ergebnis der Mensch ein naturgemäßes Ergebnis in seinem Leben erhält. Welche Weltanschauung ist das am ehesten geeignete Modell, um das bestmögliche Ergebnis im Leben zu erzielen?


Heute lassen sich zwei wesentliche Arten von Weltanschauungen in der Gesellschaft beobachten.


Eine kaleidoskopartige Weltanschauung besteht, wenn die Menschen im großen Strom aus Ereignissen und Fakten ihren Platz im Leben nicht finden können, nach ihrem Verständnis bringt jedes weitere Ereignis nur noch mehr Chaos mit in ihre Weltauffassung – in etwa so, wie sich das gesamte Bild eines Kaleidoskops ändert, wenn ein neues Glassteinchen hinzukommt. Auf der Grundlage einer solchen Weltanschauung ist die Prognose und Planung der eigenen Handlungen auf einen Zeitraum von nicht mehr als 2 Wochen beschränkt. Menschen mit einer solchen Weltanschauung sind anfällig für verschiedene Arten von Manipulationen und nicht in der Lage, ihre eigene, dem Leben angemessene Methodik des Erkennens und Schaffens zu entwickeln. Das führt zu ständigen Fehlern und Enttäuschungen.

Die mosaikartige Weltanschauung: Menschen mit dieser Weltanschauung sehen die Welt als ungeteilt und ganzheitlich an, alles in ihr ist kausal miteinander verbunden, es gibt keine zufälligen Ereignisse und taucht ein neuer Fakt (oder ein neues Ereignis) auf, ergänzt dieser das Weltbild und macht es klarer – in etwa so, wie wenn ein neues Fragment in ein Mosaik eingefügt wird. Dieser Ansatz ermöglicht es ein Leben je nach den eigenen Zielen für eine beliebige Zeitspanne zu prognostizieren und zu planen. Es ist schwierig, solche Menschen in die Irre zu führen, denn sie sind in der Lage, die Wahrheit deutlicher von Lügen zu unterscheiden. Mit dieser Einstellung fällt es einem Menschen viel leichter, sich jede neue Art von Tätigkeit anzueignen, weil er in der Lage ist, sich ständig weiterzubilden. Infolgedessen wird die Anzahl fehlerhafter Handlungen im Leben eines Menschen mit dieser Weltanschauung kontinuierlich abnehmen.

 

Leider sorgt die moderne Kultur in unserer Gesellschaft dafür, dass sich ein kaleidoskopartiges Weltbild durchsetzt. Eine völlig mosaikartige Weltanschauung ist ziemlich selten, viel häufiger lässt sich beobachten, dass jemand eine mosaikartige Weltanschauung innerhalb des eng spezialisierten Bereichs seiner Tätigkeit hat.

Idealerweise sollte sich in der Gesellschaft eine mosaikartige Weltanschauung durchsetzen, denn nur auf ihrer Grundlage ist es möglich, eine konfliktfreie, auf Entwicklung ausgerichtete Kultur der Menschheit aufzubauen. Zudem sind heutzutage alle Voraussetzungen dafür in Form des freien Zugangs zu fast allen Informationen von überall auf der Welt gegeben. Aber dafür sollte sich jeder Mensch bemühen, eine dem Leben angemessene Denkkultur zu entwickeln, neuen Informationen gegenüber auf kreative Weise zu begegnen und sich ein Leben lang selbst weiterzubilden.

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Herr über das eigene Leben

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Unterhalten sich Menschen miteinander, beklagen sie sich oft über ihr Leben – sie sagen, ihnen fehle irgendetwas und sie suchen unter den anderen Menschen einen Schuldigen für ihre Probleme. Schauen wir uns an, wie konstruktiv ein solcher Standpunkt ist, denn in der Regel erzeugt dieser Unzufriedenheit und Konflikte. Lässt sich das vermeiden? Was könnte die Alternative sein?

Zunächst einmal muss man sich darüber im Klaren sein, dass man von verschiedenen Standpunkten aus denken kann:

 

📍 Einerseits kann man sich selbst als Objekt betrachten, das gesteuert wird und den Umständen des Lebens unterworfen ist. In diesem Fall reagiert der Mensch lediglich auf äußere Einflüsse und glaubt, dass er nichts beeinflussen kann. 

📍 Andererseits kann man Verantwortung für sein Leben übernehmen und erkennen, dass das spätere Resultat vom eigenen Handeln abhängt. Es ist möglich, sich Ziele im Leben zu setzen, mit dem Jammern aufzuhören und selbst zu handeln.


Der zweite Standpunkt beruht auf der Sichtweise eines Subjekts. In jedem Prozess gibt es immer zwei Ausgangspunkte: Subjekt und Objekt. Das Subjekt ist der aktive Ausgangspunkt, von dem aus Handlungen ausgeführt werden. Das Objekt ist ein passiver Ausgangspunkt, an dem Handlungen vorgenommen werden.


Dieses Beispiel lässt sich mit einfacher Mathematik veranschaulichen. In der Mathematik gibt es Funktionen (Algorithmen) und Zahlen (Daten). Die Funktion und der Algorithmus sind der aktive Ausgangspunkt. Daten und Zahlen sind passiv. Der Algorithmus führt nach einem bestimmten Programm Operationen an den Zahlen durch und wandelt sie um. Die Zahlen unterliegen ausschließlich dem Programm des Algorithmus.

Mathematische Modelle sind äußerst weit verbreitet in sämtlichen menschlichen Tätigkeitsbereichen. Sie werden verwendet, um das Wetter vorherzusagen, die Stabilität von Brücken und Gebäuden zu prüfen und sogar um Kollisionen von Galaxien zu simulieren. Mathematische Modelle können auch als Subjekte bei der Steuerung von Robotern in einer Produktionsanlage fungieren.

Schon der Begriff Algorithmus sagt uns, was notwendig ist, um zum Subjekt zu werden. Alle Algorithmen verfügen über eine Abfolge von Aktionen, ein Endziel und einen Sinn. Daher sollte jemand, der ein Subjekt oder der Herr über sein Leben werden will, klare Lebensziele formulieren, einen Maßnahmenplan entwickeln und damit beginnen, seine Handlungen auf eine willentlich-bewusste Weise auszuführen und darin einen tieferen Sinn zu spüren.

 

Um Probleme und Konflikte zu lösen, ist es viel besser, wenn jeder Mensch die Position des Subjekts wählt. Natürlich ist es unmöglich, alle Probleme auf einmal zu lösen. Aber indem man Verantwortung übernimmt, kann man sich langsam und Schritt für Schritt davon befreien.

Sobald jemand Herr über sein eigenes Leben ist, kann er sich mit anderen, ebenso willensstarken und aktiven Menschen zusammentun. Ein solcher Zusammenschluss trägt dazu bei, dass nicht nur der Einzelne seine Subjektivität erlangt, sondern auch das Kollektiv, die Gesellschaft und der Staat an Souveränität gewinnen.

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