KI, die uns unseren Job wegnehmen

KI, die uns unseren Job wegnehmen

Nekorrektnyj

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Vor über 10 Jahren, während meiner Vorbereitung auf das Universitätsstudium, musste ich bei einem Physiker Nachhilfeunterricht nehmen. Er hat mir einen unkonventionellen Ansatz zur Lösung der physikalischen Aufgaben beigebracht. Im Allgemeinen hieß es, man muss nicht sofort die bekannten Werte in Formeln einsetzen und sie wie ein verknotetes Knäuel von Fäden entwirren, wie es uns in der Schule beigebracht wurde. Sondern vielmehr die Aufgabe und die darin enthaltenen physikalischen Effekte buchstäblich durch Formeln zu beschreiben und sie auf einfache fundamentale Gesetze zurückzuführen. Abschließend die Zahlen und Werte einsetzen. Dies reduzierte nicht nur die Anzahl der Berechnungen, sondern hilf die möglichen Fehler und Ungenauigkeiten zu vermeiden. Diese Erfahrung hat mir deutlich gemacht, dass die Fähigkeit, Berechnungen nach physikalischen Formeln durchzuführen, nicht gleichbedeutend ist mit dem Verständnis der Physik.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts und sogar früher existierte ein Beruf des menschlichen Computers, der hauptsächlich von Frauen ausgeübt wurde. Dieser Beruf bestand darin, umfangreiche Berechnungen für Physiker, Astronomen und andere Pioniere der Wissenschaft und Technik durchzuführen. Heutzutage wurde ihre Arbeit durch PCs ersetzt, und die meisten Aufgaben werden mit Hilfe von Excel-Komponenten und anderen Programmen wie Mathcad erfolgreich erledigt.

Diese Arbeit kann nicht als Bullshit-Jobs* im Sinne von David Graeber bezeichnet werden. Dennoch handelt es sich um einen Platzhalter. Die Arbeit ist nur solange effektiv, bis ein Mechanismus gefunden wird, der diese Lücke füllt. In diesem Fall wurde die Arbeit der menschlichen Rechner durch moderne Computertechnologie ersetzt.

*Ein Bullshit Job ist eine Form der bezahlten Beschäftigung, die so vollständig sinnlos, unnötig oder schädlich ist, dass sogar die Beschäftigten selbst die Existenz der Beschäftigung nicht rechtfertigen können, auch wenn die Beschäftigten sich durch ihre Arbeitsbedingungen gezwungen fühlen, dies nicht zuzugeben.

Für mich ist das vergleichbar mit dem Schlagzeugspielen. Der Rhythmus wird durch die Bassdrum und die Snare vorgegeben. Die Entwicklung der Technologie basiert auf neuen Ideen von Forschungsphysikern. Die Becken schaffen die Entourage, ohne sie klingt der Sound trocken, aber ihre Anzahl und Dichte beeinflussen nicht den Rhythmus. Die Rechner schaffen auch Entourage - sie berechnen und füllen logische physische Schlussfolgerungen mit konkreten Daten aus, verändern jedoch nicht die Essenz des Entwicklungsprojekts.

Während meines Studiums fühlte ich mich von meinen ersten architektonischen Projekten und Erfolgen in technischer Zeichnung inspiriert. Ich dachte, dass ich ab jetzt alles entwerfen könnte, nur weil ich gut zeichnen konnte. Im Laufe der Zeit wurden meine Erfolgsfantasien jedoch auf den Boden der Realität zurückgeholt, nun sehe ich dieses Gefühl der Begeisterung immer noch oft bei vielen frischgebackenen Designern, Architekten und Personen, die einen 80-stündigen CAD-Kurs absolviert haben.

Wie in der Physik-Astronomie gibt es auch im Bauwesen-Architektur solche Platzhalter-Berufe. Für sie ist kein Hochschulabschluss erforderlich, genügen eine Ausbildung oder Fortbildungskurse.

Der Beruf des Zeichners macht die zentralen Ideen des Architekten für das Projektteam - die Tragwerksplaner, Auftraggeber und das Bauunternehmen - verständlich. Ein Zeichner kann nicht so dumm wie ein Brot sein – es steht wohl fest. Er muss in der Lage sein, die Ideen des Architekten zu extrahieren und sie in eine standardisierte Form zu bringen. Jedoch erschafft er das Produkt nicht. 90% des neuen Produkts sind bereits in der Skizze, in der Konzeption, im Entwurf des Architekten enthalten, selbst wenn es für andere wie Kritzeleien aussieht. Die restlichen 10% werden vom Zeichner basierend auf seiner beruflichen Erfahrung konkretisiert, er schließt die möglichen Lücken, und weist den Architekt auf vorsehbare Unstimmigkeiten und Lücken hin.

Links – Architektenskizze, rechts – zeichnerische Ergebnis

Oft fällt mir auf, dass Menschen, die in der Lage sind, ein schönes architektonisches Bild zu erstellen, fälschlicherweise als Architekten und Planer angesehen werden. Je realistischer der Render aussieht, desto mehr Vertrauen und Bewunderung erwecken die Fähigkeiten seiner Schöpfer bei potenziellen Auftraggebern. Die Realität ist jedoch, dass die Visualisierung Teil des Marketings ist und nicht Teil des Planungsprozess. Sie hilft dabei, das Projekt dem Kunden zu verkaufen, ist aber in den meisten Fällen für die Ausführenden nutzlos - sie arbeiten nach Plänen, nicht nach Bildern. Visualisierungen mit maximaler Detailgenauigkeit schaden eher dem Projekt. Versprechen von realistischen Bildern locken den Architekten in die Falle, wenn es aus irgendeinem Grund unmöglich wird, diesen Erwartungen gerecht zu werden.

Wenn der Auftraggeber eine technische, abstrakte Skizze sieht, versteht er unterbewusst, dass die reale Ergebnise sich etwas unterscheiden werden, und konzentriert sich auf dem Wichtigen, nicht auf die schöne Verpackung. Anders läuft es ab, wenn er fotorealistische Bilder sieht. Er betrachtet sie als 100% Ergebnis und vergisst, dass es sich um eine maschinelle Simulation handelt. Jegliche Unstimmigkeit wie abweichende Oberflächenfaktur des Tragskelets und Mangel an Gemütlichkeit und Charme verursachen zusätzliche Personalaufwände für die Anpassung und Abstimmung der hübschen Bilder, während für die Projektdetails keine Zeit übrig bleibt.

Das neue Produkt ist in Kritzeleien und flüchtigen Linien, in den Ideen des Architekten verankert. Die Visualisierung macht diese Ideen verständlich für die andere, schafft jedoch kein neues Produkt.

Von den Höhlenmenschen haben wir den Scharfsinn der visuellen Wahrnehmung geerbt, bei der das schnelle Erkennen von Raubtier-Silhouetten eine entscheidende Rolle für das Überleben spielte. Ein Blick von Millisekunden reicht aus, um ohne hinzusehen einen fallengelassenen Gegenstand aufzuheben, die Situation an einer Ampel einzuschätzen oder sich einen ersten Eindruck vom Projekt zu verschaffen. Die Evolution hat dafür gesorgt, dass visuelle Informationen von uns höher geschätzt werden als alle anderen. Und deshalb sind 3D-Modelle und Perspektiven ein integraler Bestandteil der architektonischen Arbeit. Und deshalb verkaufen sich die hochqualitativen Bilder besser.

Die luxuriöse, aufwendig gestaltete, fotorealistische Visualisierungen genieße ich mit Vorsicht. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, wie viel Zeit für all diesen Glanz aufgewendet wird. Skizzenhafte Perspektiven wecken bei mir mehr Sympathie, weil der funktionale Teil des Projekts nicht zugunsten eines schönen Bildes vernachlässigt wird.

Die Arbeit des Architekten ist fundamental, die Arbeit des Zeichners und Visualisierers füllt die Lücke, in der es derzeit noch keinen schnellen und günstigen Mechanismus vorhanden ist.

Und hier kommt die Plage unserer Zeit auf die Bühne - Künstliche Intelligenz, die versuchen derzeit noch nachgefragte Berufe zu ersetzen.

Die Ergebnisse moderner KI ermöglichen bis jetzt nicht, ein neues Produkt zu erschaffen, aber sie ermöglichen es, Arbeitskräfte, die als Platzhalter fungieren, schnell und kostengünstig zu ersetzen.

Ich warte auf den gesegneten Tag, an dem ChatGPT in Programme wie Teams und Outlook vollintegriert wird und mir die Last des Protokollierens der Schriftverkehr und Online-Meetings abnimmt.

Ich träume von dem Tag, wo es ein CADjourney gibt. Denn während ich die komplexe Details durchdenke und abstimme, bleibt mir keine Zeit übrig, sie zu zeichnen und an vielfältige Situationen anzupassen.

Als Architekt, dessen Arbeit ist eine Basis, der auf Erfahrung, widersprüchlichen Parametern und daraus resultierenden Entscheidungen beruht, habe ich keine Angst, dass KI mich ersetzen kann.

Aber ein fähiger und kluger Praktikant-AI würde mir sicherlich nicht schaden.

nekorrektnyj

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