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Home DIE WELT Die Dee - "dreckig und tief"
DIE WELT Die Dee - "dreckig und tief"
Veröffentlicht am 14.11.2003 | Lesedauer: 2 Minuten
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A ntritt hanseatisch im dunkelblauen Zweireiher mit Goldknöpfen und - überhaupt nicht hanseatisch - mit knöchellangem Überwurf aus rotem Samt - die Fans toben. Dann das übliche Glas, die übliche Zigarette sowie ein notfalltelefontauglicher Hustenanfall - die Fans ertarren. Doch keine Angst, das war bloß einer der präzis kalkulierten Abstürze der
Georgette Dee , der gerissene Auftakt, mit der die "Diva des Chansons", so das Etikett, im Tipi am Bundeskanzleramt ihr neues Programm "Matrosen, Meer und Mond" beginnt.
Die maritime Inspiration entspricht der bedeutungsreichen Pflege ihres Fernwehs, ihrer Lebenslage als Strandgut, ihrer poetischen Lust auf Apfelbäume (einen pflanzen, drauf klettern, drin träumen) sowie ihrer Gier auf Seesäcke mit Männern dran. Auch ihre ultimative Selbsterkenntnis ist so see-fern nicht: "Ich bin dreckig und tief." - Dies mag mehr kokett denn erfühlt sein, unstreitig bleibt: Die Dee ist könnerisch und reißerisch und zwischendurch arg zynisch - zur Erbauung lallt sie dann vom "Hoffnung Schmuggeln".
Im Beiboot führt Frau Dee eine Vier-Herren-Band. Die malt einen zarten, getupften, einen extrem minimalistischen Soundtrack. Also kein Sturmgebraus, sondern Kammerton. Das hält die Diseuse mitnichten davon ab, in ihren Wortbeiträgen wie gewohnt grell Anzüglichkeiten auszuteilen. Die streifen durchaus philosophisches Terrain, vor allem aber wildern sie jenseits der ohnehin hoch gesetzten Grenze zur Geschmacklosigkeit. Das wird allerdings spielerisch wett gemacht durch frappierende Insichgekehrtheit und Leichtigkeit, womit man beim Liedvortrag selbst schwerstem Seegang trotzt. Da wird nur angetippt und brechtig verfremdet weggeschluckt; was denn die Brecht-Weill-Songs so unerhört prächtig macht. - Nach der Pause Auftritt mit sorgfältig gepudertem Dekollete: ladylike. Die verruchten Knackse ihrer Figur stellt die Spielerin gekonnt aus durch gelassenes Wegstecken. Hohe Diseusen-Schule.
Bis 16. 11. im Tipi Berlin; Karten: (0180) 3279358. Savoy Düsseldorf 28.-29. 11; Tivoli Hamburg 8. und 15. 12.; Schauspiel Leipzig 13. 12.
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