Zu erwartende Sterbefälle in Deutschland werden zur Covid-19 Notlage erklärt

Zu erwartende Sterbefälle in Deutschland werden zur Covid-19 Notlage erklärt

SamuelEckert

Weil die Gesellschaft immer älter wird und die Lebenserwartung seit 2010 nur noch langsam zunimmt, sterben auch mehr Menschen.


Höhere Sterbefallzahlen im Vergleich zu den Vorjahren, sowie die drohende Überlastung des Gesundheitssystems in Deutschland, seien auf demografische Veränderungen in der Gesellschaft zurückzuführen und nicht auf Covid-19, schreibt das Online-Wissenschaftsmagazin Multipolar.

Das Robert Koch-Institut RKI habe in seiner wöchentlichen Berichterstattung vom 21. Mai ingesamt 83‘602 Todesfälle aufgrund von Covid-19 gemeldet, davon über 74‘000 allein in der Grippesaison 2020/21. Im Gegensatz dazu sollen laut RKI in der Grippewelle 2017/18 schätzungsweise 25‘000 Menschen an Influenza verstorben sein.

Damit erscheine es auf den ersten Blick so, als wäre Covid-19 in Deutschland drei Mal so gefährlich wie die saisonale Grippe von 2017/18. Vergleiche man hingegen den wöchentlichen Verlauf und die Höhe der Sterberaten während der Grippesaison 2020/21 mit den Vorjahren, seien keine grossen Abweichungen erkennbar.


Grafik: Multipolar. Datenquelle: Statistisches Amt der Europäischen Union. Um demografische Veränderungen einzubeziehen, wurden in dieser Darstellung die Sterbefälle der Altersgruppen je Größe der Altersgruppe (Sterberate) pro Woche berechnet und aufaddiert.

Über alle Altersgruppen gerechnet seien in den Jahren 2020/21 gar weniger Menschen gestorben. Gründe dafür seien, dass die Gesellschaft immer älter werde und sich die Lebenserwartung nicht grenzenlos steigern lasse. Der Anteil der über 80-Jährigen steige an, während die durchschnittliche Lebenserwartung seit 2010 nur noch langsam zunehme.


Grafik: Multipolar. Datenquelle: Statistisches Amt der Europäischen Union

Das Risiko, an typischen Alterskrankheiten zu sterben, nimmt ab 80 Jahren deutlich zu. Daher könne es passieren, dass bei steigendem Anteil der über 80-jährigen die Zahl der Sterbefälle zunehme, ohne dass im Verhältnis zur Grösse der jeweiligen Altersgruppe mehr Menschen versterben. Dies lasse sich anhand des Vergleichs der Grippesaison 2017/18 mit dem Vergleichszeitraum 2020/21 gut darstellen.


Grafik: Multipolar. Datenquelle: Statistisches Amt der Europäischen Union

Gruppe der über 80-jährigen wird deutlich steigen

Aufgrund geburtenstarker Jahrgänge zwischen 1950 und 1970 werde der Anteil der Altersgruppe der über 80-jährigen in den nächsten 30 Jahren deutlich anwachsen. Da die Lebenserwartung in den letzten zehn Jahren nur noch langsam gestiegen sei, müsse man davon ausgehen, dass diese auch in Zukunft nur moderat zunehme.

«Mit 25‘000 Opfern ist das die tödlichste Grippewelle seit 30 Jahren», meldete das RKI im Jahr 2018. Doch schon damals habe man wegen demografischen Veränderungen in Wahrheit eine Untersterblichkeit verzeichnet. Es gebe zwei Gründe dafür, weshalb deutsche Krankenhäuser regelmässig an ihre Kapazitätsgrenzen stossen: Erstens die Entwicklung der Belegungstage, und zweitens die demografische Veränderung. Weil sich die durchschnittliche Verweildauer von Patienten im Krankenhaus seit den 1990er Jahren halbiert habe, seien die Belegungstage in Krankenhäusern trotz einer älter werdenden Gesellschaft in Deutschland deutlich zurückgegangen.


Grafik: Multipolar. Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Gesundheitssystem nicht für eine älter werdende Gesellschaft ausgelegt

Weil Krankenhäuser ein grosser Kostenfaktor im Gesundheitswesen sind, habe man in Deutschland Überkapazitäten abgebaut. Viele Krankenhäuser seien geschlossen worden und die Anzahl der Betten sei in den letzten drei Jahrzehnten um 20 Prozent zurückgegangen.


Grafik: Multipolar. Datenquelle: Statistisches Amt der Europäischen Union

Da die Spitalbetten vor allem von 70- bis 80-jährigen belegt seien und diese Altersgruppen in Zukunft weiter wachsen werde, sei davon auszugehen, dass auch die Gesamtzahl der Belegung in Krankenhäusern weiter zunehmen werde. Bei einem weiteren Abbau von Kapazitäten drohe damit auch weiterhin eine Überlastung des Gesundheitssystems. Aber nicht wegen Covid-19, sondern wegen demografischen Veränderungen der Gesellschaft.


Grafik: Multipolar. Datenquelle: Statistisches Bundesamt



Quelle:

Multipolar: Wie erwartbare Sterbefälle und Krankenhausbelegungen zur COVID-19-Notlage erklärt werden - 24. Mai 2021






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