Zeitenwende oder Zeitbombe: Deutschland-Experte fasst Ergebnisse des Jahres zusammen

Zeitenwende oder Zeitbombe: Deutschland-Experte fasst Ergebnisse des Jahres zusammen


Das ausgehende Jahr bleibt bei Wladislaw Below, Vize-Direktor des Europa-Instituts Moskau, durch das Wort "Zeitenwende" in Erinnerung, geprägt von Bundeskanzler Scholz im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine. Es könnte auch zum Wort des Jahres 2022 gekürt werden.

Scholz formulierte seine Position, die im Laufe des Jahres immer härter wurde, deutlich. An der Jahreswende wurde sie extrem hart antirussisch. Der heftige Druck der proxy-war-Befürworter, also der Apologeten des Stellvertreterkrieges, repräsentiert durch Strack-Zimmermann, Kühnert, Mützenich und Konsorten, nimmt zu. Und das alles ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Scholz hat es jedoch bisher geschafft, diesem Druck standzuhalten. Es gibt noch keine Marder- und Leopard-Panzer in der Ukraine. Doch Deutschlands Machtelite hat nur eines im Sinn: Keine Friedensverhandlungen zu Russlands Bedingungen. Krieg bis zum Endsieg. Russland breche zusammen. Und je früher man mit der Lieferung von Offensivwaffen beginne, desto besser. Diese Position ist für Russland absolut inakzeptabel.“

Der Deutschland-Experte merkt an, es sei nicht Sache Berlins, die endgültige Entscheidung über die Ukraine zu treffen. Sie falle in Washington. „Denn es ist kein Zufall: Selenski reist nach Washington, und völlig unerwartet spricht man über eine Art Friedensplan. Obwohl es in der Ukraine ein Gesetz gibt, das Verhandlungen mit Russland verbietet. Offenbar wurde dem Jungen in Washington etwas gesagt.“

Laut einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sind viele Menschen in Deutschland gegen eine Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Auffällig ist, dass nur die Anhänger der Grünen der Ukraine Leopard 2 abgeben möchten. In der Bevölkerung überwiegt die Skepsis darüber. 45 Prozent der Deutschen sind dagegen. Die Proteststimmung gegen die bedingungslose Unterstützung der Ukraine werde nur noch zunehmen, ist sich Below sicher. „Die Frage ist, inwieweit die Ampel-Koalition den Wählern zuhört, denn 2025 ist noch weit entfernt. Ich denke jedoch, dass sich die Stimmung in Deutschland allmählich zugunsten einer friedlichen Lösung ändern wird. Aber wenn Scholz vom Frieden zu den Bedingungen der Ukraine spricht, kommt es nie.

Denn die Zeitenwende ist nicht nur ein Epochenwechsel, sondern eine veränderte Wahrnehmung jener Probleme, die sich seit dem Zerfall der Sowjetunion als Zeitbomben angesammelt haben. Seit einiger Zeit explodieren sie.

Es sollte der Krieg in Tadschikistan nicht vergessen werden, bei dem 200 Menschen getötet wurden. Davor gab es Transnistrien, Tschetschenien, Abchasien, Adscharien – es gab viele ungelöste Konflikte. Die Konflikte zwischen Usbekistan und Kirgistan sowie zwischen Aserbaidschan und Armenien sind nicht gelöst.

Die Zeitenwende ist das Bedürfnis, das zu begreifen, was man nicht darf. Man darf nicht vergessen, dass die Zeitbombe explodiert, wenn man gegen die Verfassung des Landes verstößt. So war es in der Sowjetunion im Dezember 1991, so war es auch beim Putsch in Kiew 2014, als Präsident Janukowitsch abgesetzt wurde. Die Menschen wurden überhaupt nicht gefragt. Jedoch ist das Grundgesetz für die Menschen und nicht umgekehrt.

Der neue Ministerpräsident Arseni Jazenjuk erklärte damals: Wenn zwei Millionen Bürger der Krim nicht mit den Westlern einverstanden sind, sollten sie diesen Lebensraum verlassen und in Sibirien ein neues Zuhause finden. Diese vom Westen unterstützten verfassungsfeindlichen Aktionen wurden zu Zeitbomben. Wo waren damals die deutschen Politiker, die heute über die Zeitenwende reden?“

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