Wikimania oder das große Klassentreffen

Wikimania oder das große Klassentreffen

Rogi

Bitte nicht wundern, dieser eher essayistische Beitrag beschäftigt sich mit meiner subjektiven Auffassung der Wikimania als soziales Gefüge.

Wer schon mal zur Wikipedia beigetragen hat, weiß wie das Gefühl war, als man zum ersten Mal mit jemandem geschrieben oder anderweitig interagiert hat, der auch an dieser Enzyklopädie mitschreibt. Wer dann länger dabei geblieben ist, wird wie ich auch irgendwann zum ersten Mal zu einem lokalen MeetUp oder Stammtisch gegangen sein und festgestellt haben, dass sich die anderen lokalen Benutzer alle kennen (auch persönlich) und eine kleine Gemeinschaft bilden. Nach einigen lokalen MeetUps fährt man dann vielleicht mal zu einem überregionalen Treffen oder besucht im deutschsprachigen Raum die WikiCon. Und nach der zweiten WikiCon ist jedes Treffen, jeder Stammtisch, jedes MeetUp und jede Konferenz wie ein Klassentreffen. Man kennt sich, freut sich aufeinander und ist dann vor Ort glücklich, Zeit miteinander zu verbringen.

Und jetzt stelle man sich das ganze in groß und international vor: die Wikimania. Für mich ein großes Klassentreffen. Alle kennen einander von diversen internationalen Veranstaltungen und sind glücklich sich hier wiederzusehen. Und dabei gibt es wie überall Cliquen, Gruppen, die sich hassen, Menschen, die sich lieben und alles, was die wunderbare Welt der sozialen Interaktion noch so bereithält. Jedenfalls ist das mein Eindruck der Wikimania.

Die deutsche Gruppe bei einer gemeinsamen Aktivität: Essen.

Hauptsächlich teilen sich die Leute nach Ländern auf. Jedenfalls am Anfang. Dann gibt es die Deutschen, die Inder, die Spanier, die Franzosen, die Nigerianer und die Amerikaner. Aber schon nach kurzer Zeit hält diese Gruppeneinteilung nicht mehr wirklich. Einzelne Benutzer, die gut vernetzt sind, lösen sich aus der Gruppe und verbringen mehr Zeit mit anderen, ebenfalls gut vernetzten Benutzern. Dann beginnt die Hauptkonferenz und damit ist auch jeden Abend eine andere Party. Und da vernetzen sich dann endgültig alle, denn in so einer lockeren Umgebung fällt es vielen einfacher, sich mit allen zu unterhalten.

In Düsseldorf sagt man: „Hopfen und Malz erleichtern die Balz“.

Jedenfalls ging es mir so. Anfangs kannte ich nur die deutsche Gruppe. Entsprechend saß ich mit denen auch beim Frühstück und beim Mittagessen zusammen und hab mich auch sonst hauptsächlich nur mit denen unterhalten. Aber dann kamen Workshops und Partys dazu und jetzt rede ich mit einigen Leuten mehr. Leuten, die ich vor dieser Wikimania nicht kannte. Aber seitdem wir zusammen über die Zielsetzung der Wikimania gebrainstormt haben, Ziegen gemalt und Scharade mit Strategie-Begriffen gespielt haben, kenne ich einige mehr. Wir grüßen uns dann auf den Fluren, sitzen beim Essen zusammen und arbeiten in Workshops zusammen.

Man könnte also sagen, dass sich meine Peer Group erweitert hat. Und das ist gut so. Denn wenn man mit Leuten darüber spricht, was die Wikimania für sie bedeutet, dann sind Kontakte das A und O.

Filip zum Beispiel, mit dem ich während der Eröffnungsveranstaltung darüber gesprochen habe, sieht die Wikimania als große Messe, wo jeder präsentiert, was er so im letzten Jahr gemacht hat. Daraus entstehen dann sehr häufig Kollaborationen und neue Ideen für das Movement. Das sieht jedenfalls Mickey so, der wie Filip auch aus Serbien kommt. Beide pflichten sich bei, dass der Ideenaustausch und das Vorantreiben durch Schwarmintelligenz einer der Hauptgründe für die Teilnahme ist. Für Rosie aus Washington DC ist die Möglichkeit, sich mit anderen zu vernetzen der Hauptgrund der Teilnahme. Einen sehr interessanten Aspekt, den sie nennt, ist dass sie jeden Teilnehmer als Ressource sieht, die man benutzen kann. Wir als Teilnehmer stellen uns mit unserer Arbeit und unseren Gedanken selbst als Ressource zur Verfügung und warten darauf, abgerufen oder in Anspruch genommen zu werden.

So ungewöhnlich dieser Gedanke anfangs für mich klang, umso reizvoller wird er mit der Zeit. Wer an der Wikimania teilnimmt, stimmt automatisch zu, dass er für Gespräche und Ideenaustausch zur Verfügung steht. Dabei kann man sowohl eine aktive Rolle einnehmen und andere Teilnehmer direkt ansprechen oder passiv darauf warten, angesprochen zu werden. Aber so lernt man sich kennen und es entsteht ein Netzwerk. Oder es erweitert sich – je nachdem, wie häufig man schon partizipiert hat.

Und wenn man dann im nächsten Jahr wiederkommt, wird dieses Netzwerk wiederbelebt. Die Freude darüber fühlt sich dann für Neulinge vielleicht ein wenig wie ein Klassentreffen an.

Organisatorisches

Dieser Blogeintrag entsteht im Rahmen meines Stipendiums von Wikimedia Deutschland. Daher freue ich mich sehr, wenn ihr meine bisherigen Blogeinträge lest und mir Feedback gebt! Sagt mir, was ich besser machen kann, was ihr gerne lesen wollt oder ob euch mein Stil gefällt. Dafür könnte ihr mir gerne auf Twitter, Instagram oder Telegram schreiben! Auf Telegram und in der Wikipedia habe ich auch jeweils eine Übersicht aller bisherigen Einträge angelegt.

So, bis zum nächsten Eintrag!

Liebe Grüße


Rogi


Inhalt verfügbar unter CC-BY 3.0. Namensnennung Rogi Lensing.


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