Wie ich aus der "Matrix" ausbrach
FKT-Archiv (Übersetzung)Wie und wann diese Geschichte ihren Anfang nahm, ist mittlerweile schwer nachzuvollziehen.
Wenn ich heute zurückblicke, verstehe ich, wie sich mein Leben innerhalb von ein paar Jahren fundamental verändert hat. Unwillkürlich kommt mir der Film "Matrix" in den Sinn.
Natürlich ohne die Spezialeffekte, aber mein Leben wurde ebenfalls ein komplett anderes.
Überlappung der Muster
Ich lebte ein gewöhnliches, graues Leben, wie es die meisten Menschen heute führen (wahrscheinlich sogar besser als die meisten Menschen in finanzieller Hinsicht) – eine ruhige Arbeitsstelle als Angestellter in einer Bank.
Zweimal im Monat erhielt ich eine SMS, in der mir mitgeteilt wurde, dass meiner Karte genug Geld gutgeschrieben worden war, um ein angenehmes Leben zu führen. Natürlich kein reiches Leben, aber genug, um satt zu werden.
Jackett, Hemd, Stiefel, Krawatte - man muss dem Bild eines erfolgreichen Mannes gerecht werden. Von zu Hause zur Arbeit, nach Hause zur Arbeit, ... ein Teufelskreis.
Und ein Bierchen am Abend nach der Arbeit.
Am Anfang war es eine gelegentliche Sache. Aber im Laufe der Zeit ist es zu einer fast täglichen Tradition geworden: Ich kam nach Hause, aß etwas, brachte die Kinder schnell ins Bett und rannte zum Laden, solange es dort noch etwas gibt. Wenn man zu spät kommt, haben sie kein Bier mehr, und ohne Bier ist das Fernsehen nicht mehr interessant.
Um die Kinder schnell ins Bett zu bekommen, musste ich manchmal Gruselgeschichten erzählen. Das war mir egal, solange das vor der Schließung der Spirituosenabteilung erledigt war.
Es schien schon so, als ob das abendliche Trinken vor dem Fernseher das war, was mein Leben aufhellte.
Ich dachte wirklich, dass ich ohne ein Bier am Abend nicht richtig entspannen könnte.
An den Wochenenden habe ich mich mit Freunden getroffen: Natur, Schaschlik, Cognac – ich kann mich an kein einziges Treffen ohne Alkohol erinnern, er war immer und überall dabei.
Menschen und Orte änderten sich, aber der Alkohol war wie mein bester Freund immer bei mir, besonders an den Wochenenden. Wenn auch nur ein bisschen, aber er war eine NOTWENDIGKEIT und IMMER da. Ich war ständig mit diesem dunklen Egregor verbunden.
So vergingen die Jahre: ein normales, gewöhnliches, unauffälliges Leben, und ich war mir zu 100 % sicher, dass alle Menschen um mich herum so lebten, ohne Ausnahme.
Bis mit mir etwas geschah ...
Ein banaler, gewöhnlicher Fall, der allen Alkoholabhängigen widerfährt. Sie reagieren oft nicht darauf und versuchen nicht einmal zu verstehen, aus welchem Grund und weshalb ihnen das passiert ist.
Ich hatte damals auch keine Fragen, sondern nur Aggression, freier Fall, Wut, Frustration, Entmutigung. Und das geschah so ...
Verzweigungspunkt
In jenem Sommer bauten mein Schwiegervater und ich ein Badehaus auf unserem Datschengrundstück. Und an einem der Wochenenden haben wir wirklich gute Arbeit geleistet und das Dach fertig gedeckt.
Und was wird nach einer guten Arbeit üblicherweise getan?
Richtig, zu jener Zeit dachte ich, dass man nach gut getaner Arbeit diese Sache unbedingt gut begießen muss. Das war mein Weltbild, ich habe von klein auf gesehen, dass das fast alle um mich herum so gehandhabt haben.
Es war wie in Öl gemalt: Am Abend ein gutes Essen und eine neblige Wodkakaraffe, die schnell geleert wurde. Aber das war nicht genug!
"Ja, so eine Arbeit muss man gut begießen. Tut man das nicht, hält das Dach nicht", haben mein Schwiegervater und ich uns eingeredet.
Wir haben das Ganze sehr ausgiebig begossen.
Und am nächsten Morgen musste ich zur Arbeit, mein Kopf war so dick wie ein Suppenkessel, ich konnte nicht Auto fahren. Ich musste den Bus nehmen.
Aber die Busfahrt dauert sehr lange und ich hatte sowieso schon verschlafen.
Verspätung würde bedeuten, bei der Arbeit unangemessen aufzufallen und dass ich als verkatert verschrien werde.
Also habe ich entschieden, mich ans Steuer zu setzen. Damals schien es mir die beste Entscheidung zu sein.
Ich setzte mich halbtrunken hinter das Steuer, versuchte, allen möglichen Gefahren auszuweichen, und hielt Ausschau nach der Verkehrspolizei.
Ich war fast am Büro angekommen, entspannte mich bereits, bog um eine Ecke und da stand er – ein Verkehrspolizist, der mit dem Schlagstock wedelte.
Als ich die Türen öffnete, um zu verhandeln, wedelte der Verkehrspolizist sogar mit der Hand vor seiner Nase. Prüfung – durchgefallen ...
Meine Fahrerlaubnis wurde für ein halbes Jahr eingezogen und ich erhielt eine Geldstrafe von 30.000 RUB (≈ 383€). Ich erinnere mich jetzt daran: Ich bezahlte das Bußgeld und dachte, dass diese Verkehrspolizisten ganz schön was einnehmen - sie halten 100 Leute an, hier bitteschön, eine Unterschrift - drei Millionen für die Staatskasse. Um das Geld war es mir sehr schade. Generell bin ich sehr sparsam aus Gründen der Vererbung, und hier musste ich 30.000RUB für nichts bezahlen, nur für meine Dummheit, Stumpfsinnigkeit und Trunkenheit. Natürlich war das sehr belastend.
Doch das war nicht das Wichtigste. Ich war immerhin der einzige Fahrer in der Familie. Zum Glück hatte meine Frau einen Führerschein, aber den hatte sie noch in der Schule gemacht. Sie musste also schleunigst etwas üben.
Wir hatten zwei kleine Kinder, die wir zu Poliklinik und zu ihren Vereinen bringen mussten, und wir waren es nicht gewohnt, mit dem Bus zu fahren.
Damals schien mir der Boden unter den Füßen weggezogen worden zu sein. Ich hatte unglaublich viel Stress, die gesamte Lebensweise veränderte sich.
Das war wie eine Revolution: in einem Moment ist noch alles normal und dann ändert sich plötzlich alles durch bestimmte Umstände und man möchte, dass alles wieder wird wie zuvor, wie man es gewohnt war, aber nein, das geht nicht, es ist zu spät, man hätte früher darüber nachdenken müssen.
So begann diese Geschichte, aber bis zu den Veränderungen war es noch ein weiter Weg.
Diese Ereignisse haben mir jedoch gezeigt, dass das Leben auch anders sein kann. Sie haben mich gelehrt, mein Leben zu verändern.
Und so kam es, dass ich nach einer gewissen Zeit auf "vkontakte" an einem Artikel der Gruppe "whatisgood" hängen geblieben bin – genauer gesagt an einem Beitrag von Dmitrij Rajewskij.
Und dieser simple Beitrag war für mich wie ein elektrischer Schlag. Ein so derber Schlag – wonach einem schwarz vor Augen wird und die Haare zu Berge stehen und man nach dem Blitz noch eine Weile vergeblich versucht zu verstehen, was eigentlich passiert ist. Aber der Verstand findet keine vernünftige Erklärung.
Ja, die grausame, brutale, unangenehme Wahrheit kam ans Licht und entblößte sich vor meinem Verstand – JA, ich hatte tatsächlich mein gesamtes bewusstes Leben über getrunken, geraucht, mich selbst vergiftet und wider besseren Wissens Drogen genommen, zum Schaden meiner Gesundheit, meiner Kinder und meiner geliebten Frau, die das alles ertragen hatte. Die einschlief und täglich in einer Wolke von Alkohol aufwachte und schweigend zusah, wie ich Unmengen von Geld für Gift ausgab.
Ich erkannte, dass ich den Alkohol- und Tabakkonzernen auf den Leim gegangen war, die mir die Ressourcen auspressten, mich im Gegenzug vergifteten und mein Leben sinnlos machten.
Vergleichen kann man das mit dem Erwachen von Neo, der in einer Kapsel zu sich kommt und eine Fabrik von schlafenden Menschen sieht, denen nicht bewusst ist, was wirklich vor sich geht.
An diesem Tag löste sich das bedeutungslose Mosaik meines Lebens auf und begann sich zu einem sinnvollen Puzzle meiner neuen Weltanschauung zusammenzusetzen.
Ich fand immer mehr Informationen und saugte sie auf wie ein Schwamm.
Die Bahn meiner Lebenslinie sank nicht mehr.
Ich war erwacht.
Zunächst suchte etwas in mir noch nach Ausreden:
"Es leben doch alle so. Was denkst du dir denn? Es ist immerhin dein Leben."
Heute aber verstehe ich, dass das ein schon in jungen Jahren implementiertes Programm war, das vergebens versuchte, die gewohnte Ordnung zu bewahren.
Der Alkohol-Egregor versuchte mit aller Kraft, mich zurückzuhalten. Alle um mich herum – Freunde, Arbeitskollegen, Bekannte, Verwandte – schienen anfangs von mir enttäuscht zu sein. Sie sagten, dass es generell ja richtig sei, Alkohol nicht missbräuchlich zu konsumieren, aber ganz auf ihn verzichten dürfe man nicht, das sei unsinnig, man habe schließlich gelernt, dass man ein kultiviertes Trinkverhalten haben müsse.
Ich fragte mich, warum sich alle dafür interessierten, als hätte ich nicht aufgehört zu trinken, sondern wäre Kannibale geworden.
Gott sei Dank habe ich widerstanden.
Mit der Zeit verschwanden die Freunde, mit denen ich früher getrunken hatte, von selbst aus meinem Leben. Ich trinke nicht. Warum sollte man mich also auch einladen? Ich würde nur die Gesellschaft verderben.
Ich verstehe jetzt den Unterschied zwischen Freunden und, ganz banal, Trinkkumpanen.
Nachdem ich den Alkohol aufgegeben hatte, wurde mein Verstand wieder klarer.
Eines Tages sah ich fern und stellte plötzlich klar und deutlich fest, dass in den Nachrichten völliger Unsinn gesendet wurde. Auf den Hauptkanälen wurden Geschmacklosigkeiten und vulgäre Inhalte gezeigt, in jedem Film steht eine Flasche auf einem Tisch – alles ist miteinander verbunden.
Ich gab das Fernsehen auf, und mit der Zeit wurde mir klar, dass es auch für Kinder nichts im Fernsehen zu sehen gab. Es war viel humaner für die zerbrechliche Psyche eines Kindes, gute Märchen und Zeichentrickfilme herunterzuladen und sie ohne die aufdringliche Werbung anzusehen.
Dies war der zweite Schritt zur Bewusstwerdung.
Und danach geschahen Wunder. Jeden Tag fragte ich mich mehr und mehr: Was tue ich eigentlich und warum?
Jahrelang gewohnte Automatismen verlangten nun nach einer Erklärung: Wer bin ich eigentlich, warum gehe ich jeden Tag zu dieser Arbeit, welchen Nutzen bringe ich?
Es wurde immer deutlicher, dass ich nur ein kleines Rädchen in der riesigen Räubermaschinerie der Geldverleiher war. Jeden Tag ging ich widerwilliger zur Arbeit, und manchmal hasste ich mich dafür.
Aber das Schlimmste war, dass ich innerlich erkannte, dass ich wirklich ein Sklave war, dass ich hier gut ernährt wurde, dass ich, wenn ich nicht zur Arbeit käme, ohne Lohn dastehen würde. Wie sollte ich dann meine Familie ernähren – ich kann nichts anderes tun.
Freier Fall – genau so kann man diesen Zustand beschreiben.
Ich merkte, wie unbedeutend ich war und tat mir selbst leid. Ich habe versucht, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden, bin die Möglichkeiten durchgegangen, habe mir Stellen bei Jobbörsen angesehen und festgestellt, dass ich zwar fast 40 Jahre gelebt, aber keine Fähigkeiten entwickelt hatte.
Ich suchte nach Möglichkeiten, ich wollte Veränderung ...
Und dann geschah das, was im Leben immer passiert, wenn man es wirklich will – eine Veränderung.
In der Silvesternacht hat mir das Leben ein Geschenk gemacht: Ich wurde gefeuert.
Kurz vor Silvester war ich arbeitslos und hatte drei kleine Kinder.
Damals dachte ich, mein Leben sei vorbei.
Doch jetzt verstehe ich, dass es das schönste Geschenk des Schicksals war – mir wurde die Freiheit geschenkt.
Dieser Job hat mich innerlich aufgefressen und ich habe mich nicht getraut, ihn zu ändern, aber das Schicksal hat es so gewollt.
Das war ein weiterer Schritt.
Weiter ging es wie mit Neo im Film: Abends blätterte ich durch meinen vkontakte-Feed und stieß auf einen Beitrag der Gruppe "Nüchterne freie Stellen". Sie suchten einen Elektriker für ein nüchternes Team in Tjumen.
Ich habe sofort die Fakten zusammengetragen und festgestellt, dass ich dem weißen Kaninchen folgen sollte :-).
Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits bereit, in den Norden zu gehen und dort mein Glück zu suchen, aber das Schicksal brachte mich zur "nüchternen Welt".
Hier begann für mich ein völlig neues Leben.
Ich wurde geschult und lernte ein großes Team völlig nüchtern lebender Menschen kennen, die einen gesunden Lebensstil führten und normales Geld verdienten.
Abschließend möchte ich zusammenfassen, was ich durch meine Entscheidung für ein nüchternes Leben von meinem Schicksal erhalten habe:
■ Absolute Freiheit von den Alkohol- und Tabakkonzernen, ich bringe mein Geld nicht mehr dorthin – gar nicht, überhaupt nicht mehr. Das ganze Geld bleibt in meiner Familie und wird für nützliche und notwendige Dinge ausgegeben.
■ Mein Bewusstsein hat sich geklärt, ich habe angefangen, Bücher zu lesen – das wurde zu einer Familientradition, eine riesige Bibliothek ist bei uns zu Hause entstanden. Meine geliebte Frau begann selbst, mehr zu lesen und eine große Anzahl schöner und guter Bücher für die Kinder zu kaufen, die unsere Kinder Güte, Verantwortungsbewusstsein und Richtigkeit lehren;
■ Nachdem ich erkannt habe, wie die Menschen von den Alkohol- und Tabakkonzernen ausgenutzt werden, habe ich den großen Wunsch, meine Kinder vor meinen Fehlern zu bewahren. Ich erkläre und zeige am eigenen Beispiel (das ist sehr wichtig) die Vorteile der Nüchternheit;
■ Allmählich gehe ich zu einer gesunden Ernährung über, halte mich fit und dusche täglich mit kaltem Wasser. Ich fühle mich jetzt zu 200% besser;
■ Vor der Verkehrspolizei muss ich keine Angst mehr haben;
■ Die innerfamiliären Beziehungen und die zu Hause haben sich normalisiert. Es gibt so gut wie keine Anlässe für Streitigkeiten mehr :-)
Bereits 5 Jahre lebe ich nun nüchtern.
Nachteile im Zuge des Austestens eines nüchternen Lebensstils habe ich nicht festgestellt, es gibt nur Vorteile.
Wenn ich auf mich selbst in der Vergangenheit zurückblicke, bekomme ich eine Gänsehaut - wie konnte ich nur so leben?
Jetzt, da ich mir den Grundsatz zu eigen gemacht habe, dass "es keine Zufälle gibt", bin ich dem Verkehrspolizisten, der mich angehalten hat, sogar dankbar. Ich bin bereit, ihm persönlich weitere 30.000RUB zu zahlen für das, was ich für mich selbst gewonnen habe, für das Glück und die Freude, die diese Entscheidung mir und meiner Familie gebracht hat.
P.S. Alles, was mir und meiner Familie widerfahren ist, könnte nicht besser beschrieben werden als mit einem weisen Spruch, den ich vor einigen Jahren aufgeschnappt habe und der nie versagt hat. "Kleine Handlungen haben große Folgen". So funktioniert das alles. Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.
Weiterführende Materialien:
■ Höchste allumfassende Steuerung
■ Die Konzeption gesellschaftlicher Sicherheit (Kurzform)