Vom Sunny Boy zum Skandalkanzler: In Österreich brodelt es
wolfgangVon Schattenwirtschaft, „Geld scheißen“ und der „Türkisanostra“ – Österreich hat ein Problem. Der höchsten Regierungsebene wird Korruption und Postenschacherei vorgeworfen. Gegen Sebastian Kurz ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Sebastian Kurz könnte künftig zugleich auf der Regierungs- und der Anklagebank sitzen. Ihm wird vorgeworfen, im Ibiza-Untersuchungsausschuss gelogen zu haben. Der Ibiza-Ausschuss förderte Ungereimtheiten zutage, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) untersucht die Vorgänge.
Die Österreicher sind aufgebracht über das Sündenregister des Kanzlers. Ein Beispiel: Dass die Türkisen (Türkis ist die Farbe der ÖVP) um den Kanzler den Ibiza-Ausschuss eher missachteten und sich auf „Erinnerungslücken“ ausruhten – allein 86 waren es bei der Anhörung von Finanzminister Gernot Blümel. Ein anderes Beispiel: Erst durch den Verfassungsgerichtshof konnte erzwungen werden, dass verweigerte Akten und Daten zur Verfügung gestellt wurden.
Die Regierenden hoffen auf die sommerliche Parlamentspause – und darauf, dass der Ibiza-Untersuchungsausschuss mit Hilfe der Grünen nicht verlängert wird. Kurz rechnete nicht mit einem Verfahren gegen sich. Mittlerweile erreicht er mit 55 Prozent den Spitzenplatz bei den unbeliebtesten Politikern des Landes. Auf Platz zwei folgt mit 52 Prozent sein Finanzminister Gernot Blümel.
Es gibt mittlerweile einige türkise Regierungsmitglieder, die sich mit pikanten oder juristisch relevanten Vorwürfen konfrontiert sehen. Gegen Kabinettschef Bernhard Bonelli und Finanzminister Blümel wird ebenfalls ermittelt.
Die Ermittlungen seien eine Hetzjagd und politisch motiviert, entgegne lautstark der türkis-schwarze Spin, erklärt die „Gazette Österreich“. Man fordere die Unschuldsvermutung ein, obwohl „gerade die türkis-schwarzen Herrschaften“ das bei ihrer Konkurrenz schon lange nicht mehr tun.
Pöbel, Tiere und „eine schrecklich korrupte Familie“
Es sei unklar, ob bei den vielen Ermittlungen etwas herauskomme, schreibt der „Standard“. Falschaussagen, wie sie Kanzler Kurz und dessen Kabinettschef Bernhard Bonelli vorgeworfen werden, wären vor Gericht schwer zu beweisen.
Von der linken Wochenzeitung „Falter“ wird Kanzler Kurz hingegen unter dem Titel „Eine schrecklich korrupte Familie“ als Mafia-Pate abgebildet. An seiner Seite: Finanzminister Gernot Blümel und Thomas Schmid, früherer Alleinverwalter der Staatsholding Österreichs (ÖBAG).
Thomas Schmid trat am 8. Juni von seinem Posten zurück. Der Hintergrund? Peinliche Chats zwischen Kurz, Blümel und Schmid. Die ÖBAG verwaltet rund 27 Milliarden Euro in elf Industriebeteiligungen, unter anderem beteiligt sich der Staat am Energiekonzern OMV, der Telekom Austria und der Post.
Dass er die katholische Kirche unter Druck setzte, führte zuvor nicht zu seinem Rücktritt. Das sogenannte „Beidlgate“ führte ebenfalls nicht zu seinem Rücktritt. Auf dem Diensthandy von Thomas Schmid fand man jede Menge Penisfotos. Der offene Vorwurf von heimlicher Homosexualität im nahen Umfeld des Kanzlers schlägt sich auf die eher kirchennahe ÖVP nieder. „Devote Liebe soll auch schön sein“, erklärte Finanzminister Blümel gegenüber ÖBAG-Chef Schmid.
Erst als die Öffentlichkeit erfuhr, dass Schmid die Menschen da draußen gern auch als „Pöbel“ bezeichnet und Beamte als „Tiere“ kam der Rücktritt.
weiterlesen: