Tablets oder Schulklos - Das Dilemma der Digitalisierung

Tablets oder Schulklos - Das Dilemma der Digitalisierung

Kommentar - Schüler*innenbeispiel

Digitalisierung? Gerne, aber nicht an Schulen, die sollen auf dem technischen Stand der Steinzeit bleiben. Und sowieso, mit Tablets im Unterricht verlieren die Schüler ja auch noch den Rest ihrer Aufmerksamkeit.

Außerdem wird das Geld anderswo gebraucht. Viele Schulen sind marode, über 34 Millionen Euro Sanierungsbedarf (1), da bleibt kein Geld für technischen Schnickschnack.

Tablets sind teuer, Lehrer müssen erst für ihren Einsatz geschult werden und Schülern denen die Schultoilette unterm Allerwertesten wegschimmelt haben nichts davon.

Das ist eine Seite der Wahrheit, die andere wäre, dass technischer Fortschritt nicht nur unaufhaltbar sondern auch wichtig und notwendig ist, da wir sonst immer noch in Höhlen wohnen würden. Auch verzweifelte Schwarzmaler, wie der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Josef Kraus, die sich gegen Veränderung stellen, melden sich zu Wort. Er wolle keine Laptop-Klassen, dieses Projekt brächte nur der Industrie Kapital und man solle doch lieber Bibliotheken ausbauen denn Schüler müssten das gedruckte Wort lesen (2). Ich kann nun aber keinen Unterschied zwischen einem gedruckten Wort und einer Internetseite feststellen. Ein "a" wird ja schließlich nicht zu einem "e". Auch liest heute fast niemand mehr in Büchern (außer man wird von der Schule dazu gezwungen, weil das Internet ja nicht zitier fähig ist), es gibt Gründe weshalb der Duden nun auch das Verb "googeln" führt. Generell scheint Herr Kraus sich eher hinter fadenscheinigen Argumenten zu verstecken, weil "früher" ja alles besser war (in diesem Fall empfehle ich Herrn Kraus in einem seiner tollen Bücher einmal das Kapitel über den 2. Weltkrieg aufzuschlagen) oder er gibt einfach gleich zu, dass auch er von der Digitalisierung abgehängt wurde und aus Existenzängsten nun eine ganze Generation in die technische Steinzeit schicken will.

Auch ist das Tablet an sich nicht das grundsätzliche Problem. Wie es der Lehrer einer TabletKlasse ausdrückte: "Die gesamte Grundschulzeit wird die Medienkompetenz an die Eltern abgeschoben und da wundert man sich, warum ein Fünftklässler diese Geräte völlig unkontrolliert benutzt?" (3)

Die Diskussion über dieses Thema wird weiter gehen und wohl noch eine Weile auf der Stelle treten, während die Tablet-Klassen weiter lernen und der eigentliche Fehler weiter unbemerkt bleibt. Die Idee Schülern Tablets zu geben und sie in den Unterricht zu integrieren ist gut zeitgemäß und überfällig, aber solange sie, wie bisher, "nur" zusätzlich zum normalen Unterricht eingesetzt werden und nicht in den Mittelpunkt des Lernens gestellt werden, ist das ganze Projekt mehr oder weniger sinnlos. Denn das bedeutet, dass der Schulalltag nicht einfacher wird, sondern durch paralleles analoges und digitales arbeiten, einen größeren Arbeitsaufwand nach sich zieht. Es bringt nichts mehrere Millionen für Tablets auszugeben wenn sie nur "parallel" genutzt werden. Das mag aber auch daran liegen, dass es für eine 100%ige Nutzung einfach zu wenig digitales Unterrichtsmaterial gibt.

Aber warum kümmert man sich nicht erst um Inhalte bevor man den Schülern das Endgerät in die Hand drückt?


(1) https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/marode-schulen-34-milliarden-eurosanierungsbedarf/

(2) http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/johanna-wankas-digitalpakt-ich-moechte-keinelaptopklassen-a-1116226.html

(3) https://padlet.com/mr_schenk/sqm7rirsc5ra

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