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Prozess vor dem Jugendschöffengericht
Angeblich aus Rache plante ein 17-jähriger Angeklagter aus Ochtrup gemeinsam mit drei Komplizen, einem 21-Jährigen und zwei 17- und 18-jährigen Frauen aus Ochtrup, ein folterähnliches Szenario gegen einen 19-Jährigen aus Gronau.
Angeblich aus Rache plante ein 17-jähriger Angeklagter aus Ochtrup gemeinsam mit drei Komplizen, einem 21-Jährigen und zwei 17- und 18-jährigen Frauen aus Ochtrup, ein folterähnliches Szenario gegen einen 19-Jährigen aus Gronau. Er nutzte die frühere Beziehung zwischen einer 18-Jährigen und dem Geschädigten und bat sie, den Gronauer zu einem Spaziergang einzuladen, „um ihn gemeinsam durchzulassen“, so die Anklage am Dienstag vor dem Jugendschöffengericht in Rheine gegen das Quartett.
Als das Opfer kam, machten sie sich zu Viert auf den Weg. Der Rachsüchtige hatte eine Eisenstange im Ärmel versteckt. An einem stillen Ort schlug der 17-Jährige mit der Eisenstange auf das Opfer ein, zwang es niederzuknien und zu sagen: „Ich bin ein Hurensohn. Meine Mutter ist die größte Schlampe. Jeder hat sie schon gefickt. Ich bin ein Hurensohn.“
Bei der Anklageverlesung breitete sich blankes Entsetzen im Gerichtssaal aus, zumal der 21-jährige Angeklagte die Tat gefilmt hatte und die Ex-Freundin des Opfers sie ins Netz gestellt haben soll. Eine Betreuerin von Terra Nova kam ihnen auf die Spur und zeigte sie bei der Polizei an. Das Gericht verurteilte sie am Ende wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung je nach Beteiligung und Vorstrafen zu 60 Sozialstunden, zwei Mal zwei Wochen Dauerarrest und einem Jahr und drei Monate mit Bewährung für den Initiator und Haupttäter. Bemerkenswert: Er wurde einen Tag später beim Amtsgericht Steinfurt wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, „hatte die Ladung also in der Tasche“ (Staatsanwältin). Zusätzlich muss er ein Anti-Gewalttraining absolvieren und 200 Sozialstunden ableisten. „Wenn Sie in Verzug kommen, gehen Sie ins Gefängnis oder in Dauerarrest“, warnte der Richter ihn.
Auf der Anklagebank backten die Vier sehr kleine Brötchen und räumten die Tat ein. Der 17-Jährige behauptete, selbst von dem Opfer geschlagen worden zu sein. Deswegen habe er sich rächen wollen. Gemeinsam „chillten“ sie nach Aussage einer Zeugin im „Klara-Stift“ in Ochtrup und heckten den Plan aus.
Der Geschädigte wurde als Zeuge vernommen. Seine Ex-Freundin entschuldigte sich unter Tränen, ebenso wie der Filmer, der ein Video von der Tat gedreht hatte, das im Gerichtssaal gezeigt wurde. Dabei standen alle Vier dabei und lachten, als der Gronauer mit der Eisenstange verprügelt wurde und obszöne Dinge sagen musste. Er erlitt Prellungen im Brust und Kniebereich und wurde zwei Wochen krankgeschrieben. Die Tat hat er bis heute nicht richtig verarbeitet: „Wenn ich ihre Namen höre, habe ich wieder alle Bilder vor Augen“, sagte er auf Nachfrage des Gerichts. Er bestritt, den Ochtruper vorher geschlagen zu haben: „Das war ich nicht, das war ein Anderer.“
Der Jugendgerichtshelfer beschrieb die Lebensläufe der Angeklagten und sagte über den Haupttäter: „Er ist der Sechste von neun Kindern. Zu Hause ist er ganz süß, draußen macht er einen auf dicke Hose.“ Vier Mal war er wegen Körperverletzungen und anderer Straftaten aufgefallen. Bis auf einen Freizeitarrest kam er bisher sehr glimpflich davon.
Ein eindrucksvolles Plädoyer hielt die Staatsanwältin, das die Jugendlichen sicher nicht vergessen werden. Sie sagte wörtlich: „Mir fehlen die Worte, das ist eine unglaubliche Geschichte. Einziger Lichtblick, dass der Junge aus Gronau nicht ins Krankenhaus musste. Ich muss akzeptieren, dass es eine neue Einstellung gibt, dass so etwas allen egal ist. Es wird gefilmt, man hört Lacher. Es wird in Youtube gestellt, damit jeder Spaß daran hat. Heute sitzen alle ganz kleinlaut vor Gericht. Alle haben mitgemacht, angeblich aus Angst vor Ali, der vorher eine große Fresse hatte. Aber man trifft sich jeden Tag mit Ali, aus Angst? Es ist allen egal, dass jemand gedemütigt und reingelegt wird, heute tut es allen voll leid. Am 21.3.2013 hatte Ali beim Jugendgericht in Steinfurt einen Auftritt wegen gefährlicher Körperverletzung. In der Nacht zuvor begeht er die Tat mit Anderen. Ich bin fassungslos! Das ist eine kapitale Straftat, an der Sie alle beteiligt sind,“ wetterte sie sich ihre Empörung von der Seele und beantragte die Strafmaßnahmen, denen das Gericht später größtenteils folgte. Bei dem Antrag für den Haupttäter ging ihr die Bewährung „nur sehr schwer über die Lippen“.

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