Rune Isa

Rune Isa



Lautwert: i

Name: ISA –

Andere Namen: isaz, ae. is

Angelsächsisches Runengedicht

Is byþ ofereald, ungemetum slidor, glisnaþ glæshluttur gimmum gelicust, flor forste geworuht, fæger ansyne.

Eis ist sehr kalt und über die Maßen glatt, dabei glänzt es wie reines Glas, beinahe wie Edelsteine. Eine Flur aus Frost, ein wunderschöner Anblick.


Bilderwelt

Eiszapfen

Der Name der Rune legt das Urbild von ISA nahe – einen Eiszapfen. Diese wunderbaren Schöpfungen aus gefrorenem Wasser stehen sprichwörtlich für die Eiseskälte des Winters. Daher spiegeln alle Assoziationen zu ISA in erster Linie einen Bezug zu dieser Jahreszeit. Der Winter ist die Phase des Jahres, in der sich das Leben in der Natur unter die Erdoberfläche zurückzieht, um sich dort zu regenerieren. In unseren Breiten werden Felder und Flure zugleich von Schnee und Eis bedeckt. Für die Menschen früherer Epochen war der Winter eine gefürchtete Zeit, denn das Überleben war gefährdet. Nun bewies sich, ob man in den warmen Tagen genügend Lebensmittel angehäuft hatte, um die kalten Monate zu überstehen. Weil es draußen dunkel und kalt wurde, zog man sich in die Behausungen zurück und scharte sich um das Herdfeuer. Das Leben in der Gemeinschaft war überlebensnotwendig, denn alleine war man kaum in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Wer sich den Regeln des Zusammenlebens nicht beugen konnte oder wollte, der riskierte den Tod. Das Wenige, das man hatte, musste möglichst gerecht geteilt werden, auf individuelle Bedürfnisse konnte man nicht eingehen – es hätte die Gemeinschaft als Ganzes gefährdet. ISA steht für diese Beschränkung auf das Wesentliche, Notwendige. Nicht umsonst ist es die einfachste und schlichteste Rune: ein simpler gerader Strich, die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten. Abweichungen werden nicht geduldet. ISA ist eine strenge Rune. Sie verkörpert die Erstarrung des Winters, seine unbeweglich machende Kälte, die frostige Stimmung draußen. Dann steht sie auch für die Zurückhaltung des Individuums und die Unterordnung desselben unter die Gemeinschaft. ISA nimmt so wenig Raum wie möglich ein. Wenn ein Mensch diese Rune mit seinem Körper stellen möchte, dann könnte er sich einfach kerzengerade hinstellen, Beine geschlossen, Arme dicht am Körper, den Kopf geradeaus. Wer etwas länger so steht, der wird bald merken, wie die Starre des Körpers auch auf die Gedanken und die Gefühle übergeht. Ist dies der Grund, warum diese Haltung typisch ist für Soldaten beim Appell? Auch sie verschwinden als Einzelwesen in der Masse. Das Einzelschicksal ist unbedeutend. ISA setzt die Reihe der Runen fort, die gerne mit schwierigen Themen in Verbindung gebracht werden, stellt sogar den Höhepunkt dar, denn während die zwei Runen davor – HAGALAZ und NAUTHIZ – noch von Bewegung und damit von Leben kündeten, ist sogar dieses jetzt erloschen – scheinbar! Denn wie wir alle wissen, schlummert das Leben im Winter lediglich unter der Oberfläche, um dann im Frühling wieder neu zu erwachen.


Eisfläche

Wenn wir ISA um 90 Grad drehen, dann bekommen wir eine horizontale Linie. Leicht lässt sich dies mit der gefrorenen Wasseroberfläche von Teichen, Seen und manchmal auch Flüssen in Verbindung bringen. Wenn wir das altenglische Runengedicht betrachten, fällt auf, dass überhaupt nicht auf die negativen Eigenschaften von Eis als Merkmal des strengen Winters Bezug genommen wird, sondern im Gegenteil die schönen Seiten des gefrorenen Wassers im Vordergrund stehen: Eis glänzt, glitzert wie Edelsteine, die eisbedeckten Flure sehen wunderschön aus – die zauberhaften Seiten des Winters an einem sonnigen Tag erstehen vor unserem inneren Auge, wenn die Schneedecke alle Unruhe unter sich begraben hat und eine friedliche Atmosphäre über der Landschaft liegt. Alles Störende, Verwirrende ist verschwunden. Ruhe und Frieden sind zwei Aspekte von ISA, die mit dieser Konzentration auf das Wesentliche einhergehen. Wir halten inne, stehen stille, nichts lenkt unsere Aufmerksamkeit ab. Unser Blick richtet sich nach innen, während um uns herum alles still ist. Dort entdecken wir, wie unter der Eisfläche, ein anderes Leben, das wir nur dann spüren, wenn wir diesen Zustand von Versenkung zulassen und ganz ruhig werden. ISA hat etwas Meditatives, in sich Ruhendes. Während alle individuellen Unterschiede im Äußeren an Bedeutung verlieren, gelangen wir zu unserer inneren Mitte – und zu dem, was wir wirklich wollen.


Brücke

Eis ist mehr als einfach nur kalt – es ist gefrorenes Wasser und verändert als solches seine üblichen Eigenschaften. Ist Wasser in seinem flüssigen Zustand instabil, ist es gefroren fest und stabil. Gefriert das Wasser eines Flusses, dann können wir es jetzt wie eine Brücke betreten und so von einem Ufer zum anderen gelangen. Im altnorwegischen Runengedicht wird diese Sichtweise auf ISA wörtlich genommen, denn dort heißt es: »Eis nennen wir die breiteste Brücke«. Eine Brücke ist symbolisch die Verbindung zwischen zwei an sich getrennten Bereichen. In der germanischen Mythologie gibt es beispielsweise eine Brücke zwischen der Welt der Götter und der Welt der Menschen, Bifröst genannt. Sie verbindet gewissermaßen oben und unten, Himmel und Erde, das Reich der Möglichkeiten und das Reich der Wirklichkeiten zwischen Geist und Materie. Solange diese Brücke besteht, kann die Energie zwischen diesen beiden Bereichen ungehindert fließen. Was wir denken und fühlen, stimmt mit dem überein, was wir tun. ISA ähnelt dieser Brücke, denn die senkrechte Linie deutet diese Verbindung zwischen oben und unten an, zwischen Geist und Körper. Wenn diese Verbindung unterbrochen ist, dann kann es passieren, dass wir die Dinge tun, ohne mit unserer Seele bei der Sache zu sein. Unsere Handlungen passen nicht zu unseren Bedürfnissen, wir verhalten uns anders, als wir im Inneren empfinden. Der Grund dafür liegt fast immer darin, dass wir uns bei dem, was wir tun, verausgaben und immer seltener, angetrieben vom Wunsch nach Leistung und aktiver Teilhabe am Leben, auf unsere innere Stimme hören, die uns deutliche Signale sendet, wenn wir übertreiben. Im übertragenen Sinne beschreibt ISA einen Zustand, indem das, was uns zuvor davon abhielt, in Kontakt mit uns selbst zu kommen, nun »auf Eis gelegt« ist. Brannten wir zuvor fast aus, kühlt uns nun das Eis – und bringt uns zum Stillstand. Erst jetzt können wir wieder spüren, was uns am Leben erhält, und warum wir die Dinge tun wollen, die wir tun. Am Ende erlaubt uns ISA für einen Augenblick den Atem anzuhalten, um dann tief aus- und wieder einzuatmen: ein neuer Zyklus kann beginnen.


Bedeutung

ISA bringt uns den Stillstand und damit die Gelegenheit, uns wieder auf uns selbst zu konzentrieren. Während wir im Alltag oft getrieben von Leistungsdruck zu viel tun und dabei unsere wahren Bedürfnissen aus den Augen verlieren, kehrt mit ISA ein Zustand ein, in dem wir angehalten werden, um uns zu hinterfragen. Es ist, als ob jemand die Stopp-Taste drückt und alles um uns herum einfriert, damit wir wieder bei uns selbst ankommen. All unsere Aufmerksamkeit geht nun nach innen. Wir treten in Verbindung mit den Kräften, die in uns schlummern, anstatt uns im Alltäglichen zu verlieren. Wir schließen die Augen und lauschen unserer inneren Stimme, während der Lärm der Welt verstummt. Was wir dort vernehmen, ist das, was uns eigentlich antreibt, diese Welt mitzugestalten, und zwar genauso so, dass es unserer Persönlichkeit entspricht – und nicht den Vorgaben der Gesellschaft oder den Anforderungen aus unserer Umwelt.


Stichwörter

Stillstand, Stille. Ende des Überflusses, Sparsamkeit, weniger ist mehr. Das Ende der Fülle. Sich auf das Nötige besinnen, sich auf das Wesentliche konzentrieren. Die eigenen Bedürfnissen (wieder) wahrnehmen. Die innere Stimme, der innere Ruf.

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Quelle:

Runen

Zauberzeichen der Germanen


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