Nord Stream 2 gewinnt Klage vor dem Europäischen Gerichtshof: Wie geht es weiter? - Energiesicherheitsexperte antwortet

Nord Stream 2 gewinnt Klage vor dem Europäischen Gerichtshof: Wie geht es weiter? - Energiesicherheitsexperte antwortet


Der Betreiber von NS 2 hatte versucht, sich der Wirkung der europäischen Gasrichtlinie zu entziehen. Laut ihr kann ein und dasselbe Unternehmen nicht zugleich Gas liefern und weiter transportieren. Das übergeordnete EU-Gericht hat die frühere Gerichtsentscheidung zuungunsten des Betreibers von NS 2 als falsch zurückverwiesen. Heißt das, dass Nord Stream 2 freigegeben wird?

Das nicht, aber jetzt darf das Unternehmen erneut Klage erheben. Es geht um die Zulassung unabhängiger Lieferanten zum Rohr. Übrigens ist Nord Stream 2, die inzwischen fertig gebaut worden ist, faktisch gesperrt. Sie ist zwar mit keinen EU-Sanktionen belegt worden, aber das Zertifizierungsverfahren für die Pipeline ist ausgesetzt.

„Zur Zeit spielt dieser Gerichtsbeschluss wohl keine wesentliche Rolle“, meint Igor Juschkow, führender Experte an der russischen Stiftung für nationale Energiesicherheit, „denn selbst wenn die Änderung zur Gasrichtlinie und das notorische Dritte Energiepaket abgeschafft würden und Nord Stream 2 von diesen Gesetzen im Grunde genommen nicht betroffen wäre, würde man sie trotzdem nicht starten. Ihre Inbetriebnahme wird nicht vom Kartellrecht, sondern von den politischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Russland und der EU verhindert.

Also ist der formelle Grund, warum die Pipeline immer noch nicht gestartet wurde, rein bürokratischer Art. Nach Beginn der militärischen Spezialoperation Russlands hat das deutsche Wirtschaftsministerium von der Bundesnetzagentur, die sich mit der Zertifizierung von Nord Stream 2 beschäftigt hatte, den Bericht über den Einfluss dieser Gasfernleitung auf die deutsche Energiewirtschaft halt zurückgefordert. Nun liegt der Agentur ein inkomplettes Dokumentenpaket vor.

Sie kann das Zertifizierungsverfahren aus rein bürokratischen Gründen nicht fortsetzen, also könnte der jetzige Beschluss des Gerichtshofs selbst beim Fehlen von EU- bzw. deutschen Sanktionen gegen die Pipeline dieses bürokratische Problem nicht lösen. Es geht eher um die Regelung der Benutzung der Gasfernleitung als um ihre Inbetriebnahme.“

Die hohen Erdgaspreise in Europa stellen eine der Hauptursachen der im Euroraum um sich greifenden Inflation dar. Nicht von ungefähr hat der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer die EU-Beamten aufgefordert, adäquate Maßnahmen gegen die wachsende Inflationsrate zu ergreifen: „Wenn wir so weitermachen, gibt es für euch nur zwei Entscheidungen nachher: Alkohol oder Psychopharmaka. Und ich sag’: Alkohol ist grundsätzlich okay.“

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