Nicht nur Kundgebungen und Demonstrationen: Die Informationsblockade durchbrechen

Nicht nur Kundgebungen und Demonstrationen: Die Informationsblockade durchbrechen

Christoph Wälz (Übersetzung, 14.03.2022)

Der "Feministische Widerstand gegen den Krieg" (Russland) schreibt am 14.03.2022 auf seinem Telegram-Kanal (fast 20.000 Follower): 


Eines der Hauptziele unseres Widerstands ist es, die Informationsblockade in Russland zu durchbrechen. 

Fast alle unabhängigen Medien und sozialen Netzwerke in unserem Land sind blockiert oder geschlossen, Propagandisten und staatliche Stellen verbreiten Lügen und Desinformationen. Unter diesen Bedingungen wird die Verbreitung wahrheitsgemäßer Informationen über die Kriegsverbrechen der russischen Armee in der Ukraine, über zivile Opfer und zerstörte Städte zu einer entscheidenden Angelegenheit. Diese Informationen können die Sichtweise der russischen Bürger:innen auf die "Spezialoperation" und die Regierung, die diese ausgelöst hat, grundlegend verändern - deshalb haben unsere Behörden so viel Angst vor diesen Informationen. 

Wir ermutigen unsere Unterstützer:innen, verschiedene Formen von anonymen und Guerilla-Aktionen durchzuführen, um Informationen über den Krieg in der Ukraine zu verbreiten. Diese Art von Aktionen richtet sich auch an die, die jetzt noch nicht bereit sind oder es sich aus irgendeinem Grund nicht leisten können, auf die Straße zu gehen und zu protestieren. 

Seid gewarnt, dass diese Arten von Aktivismus auch nicht sicher sind. Wir wissen zum Beispiel von einer Reihe von Verhaftungen beim Verteilen von Anti-Kriegs-Flugblättern. Versucht, eine solche Aktion nicht allein durchzuführen, und haltet die Nummer von OVD-Info [Rechtsschutz] bereit, falls ihr verhaftet werdet. Wahrt die Anonymität in sozialen Netzwerken und haltet digitale Sicherheitsmaßnahmen ein. 

Was ihr tun könnt, um die Informationsblockade zu durchbrechen: 


1. Beseitigung der Propaganda 

In vielen Städten werden an den U-Bahn-Eingängen kostenlose Zeitungen verteilt (z.B. "Metro" in Moskau). Diese Zeitungen sind voll mit den schamlosesten Lügen und Propaganda über den Krieg in der Ukraine, und es sind diese Zeitungen, die unseren Landsleuten in die Hände fallen. Nehmt jeden Tag ein paar Exemplare aus den Verteilern, um sie zu vernichten. Wenn ihr keine Angst habt, könnt ihr sie öffentlich zerstören, direkt in der U-Bahn. Zeigt anderen, wie ihr mit diesen Informationen umgeht.

Ihr können auch regierungsfreundliche Flugblätter und Aufkleber von Hauswänden und Anschlagtafeln abreißen und sie aus öffentlichen Verkehrsmitteln entfernen. 


2. Verteilt offline Informationen über den Krieg 

Wenn ihr einen Drucker habt, druckt Artikel über den Krieg und seine Opfer aus unabhängigen Medien wie Meduza, Mediazone, Important Stories und The Insider aus. Steckt die Artikel in Briefkästen, auf Fensterbänke in Hauseingängen oder lasst sie an öffentlichen Orten liegen. Verschafft Russ:innen, die nicht über einen VPN-Tunnel verfügen, Zugang zu diesen Materialien. 

Hängt weiterhin Anti-Kriegs-Flugblätter, -Aufkleber und -Plakate auf (wir werden bald neue Layouts veröffentlichen, aber ihr könnt auch eure eigenen erstellen). Tut dies, wenn es dunkel ist, tragt unauffällige Kleidung und eine Maske vor dem Gesicht. Tragt nicht viele Flugblätter auf einmal bei euch. Flugblätter können in Briefkästen gesteckt werden. 

Wenn ihr Künstler:innen seid und Straßenkunst oder Graffiti macht, malt Anti-Kriegs-Graffiti auf öffentliche Wände. Übermalt Graffiti und Transparente, die Propaganda für den Krieg machen. 


3. Verbreitet Informationen online 

Es gibt Berichte, dass Mitarbeiter:innen staatlicher Organisationen nun gezwungen werden, an Online-Flashmobs unter den regierungsfreundlichen Hashtags #ZaPeace, #ZaPutina, #ZaNashi, #ZaRussia usw. teilzunehmen. Ihr könnt diese Hashtags verwenden, um Antikriegsbotschaften und Informationen zu verbreiten. Schreibt unter diese Hashtags Antikriegsbotschaften, die die Nachrichten unterlaufen (z.B. "Ich bin #ZaPutina [für Putin] vor dem Tribunal in Den Haag") oder verbreitet Bilder von der Zerstörung in der Ukraine und von Menschen, die evakuiert werden (gebt nur an, was auf dem Bild passiert). Lasst uns diese Hashtags massenhaft verbreiten und die Pro-Kriegs-Kampagne stören. 

Es ist besonders wichtig, den Krieg in den "konservativen" russischen sozialen Netzwerken bekannt zu machen. Meldet euch auf Odnoklassniki an, versendet Infos über WhatsApp. Seid euch der Risiken bewusst, die mit dem Fake-News-Gesetz verbunden sind, also seid kreativ bei der Formulierung. Die Behörden haben uns verboten, den Krieg als Krieg zu bezeichnen, aber niemand hat uns verboten, zum Beispiel die wirtschaftlichen Folgen dieser "Spezialoperation" zu beschreiben. 

Ihr könnt die Symbole und Hashtags des "Feministischen Widerstands gegen den Krieg" in Online-Materialien sowie auf Flugblättern, Postern, Aufklebern und bei Demonstrationen und Kundgebungen verwenden. 


4. Sabotiert eure Arbeit für den Staat 

Wenn ihr Beamte oder Angestellte privater Unternehmen seid, die gezwungen sind, für diesen Krieg zu arbeiten und ihm zu dienen (auch in der Berichterstattung), versucht den Krieg zu sabotieren. Wenn ihr Unterstützung in der Belegschaft habt, könnt ihr eine massenhafte Krankschreibung vereinbaren. Fälle von Druck durch die Unternehmensleitung können und sollten bekannt gemacht werden; es gibt Organisationen, die in solchen Fällen kostenlose Rechtshilfe leisten. Die Gewerkschaft "Hochschulsolidarität" hilft beispielsweise Dozent:innen und Wissenschaftler:innen, die Lehrkräftegewerkschaft den Lehrkräften an Schulen. 

Wenn ihr Mitarbeiter:innen der Gerichte seid und es leid seid, als fiktive Rechtsprechung zu dienen, fangt damit an, dass ihr zum Beispiel die Fälle einiger Demonstrant:innen verloren gehen lasst. Wenn ihr Angestellter des Rekrutierungsbüros der Armee seid, verliert Daten von Wehrpflichtigen. Wenn ihr als Ärzt:innen Musterungen durchführt, schreibt auf, dass Wehrpflichtige aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht wehrdiensttauglich sind. Ihr könnt so viele Leben retten. 


Quelle: https://t.me/femagainstwar/473 und https://t.me/femagainstwar/474

Übersetzung: Christoph Wälz (https://linktr.ee/ChristophWaelz)

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