Lehrer hat seinen Weg mit einem Schüler

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Ein Lateinlehrer schläft mehrmals mit einer 14-Jährigen. Ein Augsburger Gericht verurteilt den 58-Jährigen - zwar gesteht er, direkt entschuldigen will er sich aber nicht.
"Liebe macht blind, taub und doof", sagt der Verteidiger in seinem Schlussplädoyer. Der Angeklagte blickt stoisch geradeaus und lässt es über sich ergehen. Es ist auch schwer in Worte zu fassen, was da passiert ist im späten Frühjahr 2020, "Liebe" würden es die wenigsten nennen, die Staatsanwältin entscheidet sich in der Anklageschrift für den etwas umständlichen Terminus "romantische Beziehung".
Eine Vergewaltigung im juristischen Sinn steht nicht im Raum, soll das wohl heißen, "schwere Schuld", wie es der Richter in seinem Urteil ausdrückt, hat der Angeklagte dennoch auf sich geladen: 15 Mal soll der 58 Jahre alte Lateinlehrer innerhalb von zwei Monaten Sex mit seiner damals 14-jährigen Schülerin gehabt haben. Wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen ist er am Donnerstag zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden - seinen Beamtenstatus wird er wohl auch verlieren. Direkt entschuldigen wollte er sich dennoch nicht bei seinem Opfer.

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"Wie kommt eine Affäre zustande mit einem Mädchen, das jünger ist als die eigenen Kinder?", fragt der Richter gleich zu Beginn der Verhandlung. Eine klare Antwort darauf findet der verheiratete Angeklagte mit zwei erwachsenen Kindern auch in der Verhandlung nicht, in Gesprächen mit Vertrauten und in Psychotherapie, sagt er, habe er zumindest Nuancen einer Antwort herausgefunden. "Warum es mir vor zwei Jahren nicht möglich war, Nein zu sagen, das war mir lange nicht klar, auch wenn ich immer in dem Bewusstsein war, dass das nicht richtig ist."
Von März 2020 an traf sich der Oberstudienrat, der an einem Augsburger Gymnasium unterrichtete, privat mit der 14-Jährigen, zwischen Juni und Juli kam es dann mehrfach zum Sex, auf einer Picknickdecke in einem Waldgebiet, im Fahrzeug des Lateinlehrers.
Er ist voll geständig, die Nuancen einer Antwort, die er gefunden haben will, schließen schon auch mit ein, dass er "etlichen Menschen Leid zugefügt" habe. Allerdings sehen der Lateinlehrer und sein Anwalt den Fall so: Die 14-Jährige sei auf ihn zugegangen, dem habe er sich letztlich hingegeben. Es habe ihn fasziniert, argumentiert sein Anwalt, bewundert zu werden. Die Jugendliche sitzt als Nebenklägerin hinter dem Angeklagten, manchmal lächelt sie bei seinen Einlassungen, etwa als er erklärt, dass er die Beziehung gerade habe beenden wollen, als schließlich die Polizei dazwischen funkte.
Das Umfeld des Mädchens war auf die Affäre aufmerksam geworden, eine Aussage bleibt ihr erspart. "Können Sie sich vorstellen, dass Sie auch der Nebenklägerin Schaden zugefügt haben?", fragt der Anwalt des Mädchens. Eine Antwort bleibt der Lehrer schuldig. Lieber erzählt er dem Richter ausführlich, dass es eine schwere Zeit für seine Ehefrau sei. "Sich gegenüber der Ehefrau schuldig zu fühlen, reicht mir als Nebenklagevertreter nicht aus", sagt der Nebenklagevertreter.
Auch dem Richter reicht dies offensichtlich nicht aus, im Strafmaß folgt er im Wesentlichen der Staatsanwältin. Unter anderem aus den Akten, sagt der Richter, ergebe sich, dass sich das Mädchen Vorwürfe mache. Ihr Anwalt spricht von Schuldgefühlen, weil sie dem Angeklagten die Zukunft versaut habe. "Dem ist aber nicht so", stellt der Richter fest. "Die junge Dame hat aus Sicht des Gerichts überhaupt nichts falsch gemacht." Sie habe, wie es bei jungen Mädchen ab und an passiere, für einen Lehrer geschwärmt. Dies dürfe jedoch auf keinen Fall zu dem führen, was hier passiert sei. "Die Gesellschaft und der Gesetzgeber erwarten, dass ein erwachsener Mann sich solcher Avancen erwehrt."
Da die Strafe höher als zwölf Monate liegt, führt sie zwingend zur Entfernung aus dem Beamtenstatus, sollte das Urteil rechtskräftig werden. Das Gehalt ist dem freigestellten Lehrer schon vor geraumer Zeit um die Hälfte gekürzt worden. Er muss die Prozesskosten sowie eine Geldauflage in Höhe von 3000 Euro zahlen.
Tritt er zurück? Diesmal geht es um Andreas Scheuers Chefrolle in der CSU Niederbayern. Über einen Mann, der einfach nicht kapituliert.
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15.02.2015, 10:57 Uhr

Friedrichshain-Kreuzberg

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Albrecht Johann schrieb ein Buch über den Lehrer-Alltag in Kreuzberg - über das Scheitern seiner Ideale im fast rechtsfreien Raum und den Kampf mit Schülern.
Es ist noch dunkel, als Albrecht Johann, damals 30 Jahre alt, am 11. Dezember 1977, kurz vor acht, zum ersten Mal seinen neuen Arbeitsplatz betritt. Die Carl-von-Ossietzky-Oberschule, eine Brennpunktschule in Kreuzberg.
Der Junglehrer trägt die 68er-Ideale und damit den Wunsch in sich, den Unterdrückten und Schwachen zu helfen, sie von ihren Nachteilen zu befreien. Doch er gerät in einen nahezu rechtsfreien Raum. Tausend Schüler in einem gesichtslosen Betonbunker, außer Kontrolle geraten, nicht steuerbar, respektlos gegen jeden. Pädagoginnen werden mit Cola-Dosen beworfen und suchen weinend das Weite, Autos von Schul-Mitarbeitern geklaut.
Die meisten Kollegen lassen sich an andere Einrichtungen versetzen. Johann – weich, lieb und zögerlich – soll ausgerechnet die schlimmste Klasse übernehmen…
34 Jahre unterrichtet Albrecht Johann (68) an dieser Schule. Er kämpft mit, gegen und für seine Schüler. Seine Erlebnisse hat er in seinem Buch „Rock ’n’ Roll und Ramadan – Lehrer aus Überzeugung“ niedergeschrieben (erscheint am 21. Februar). Einblicke in einen Alltag am Rande des Wahnsinns.
Nach anfänglicher Angst beginnt Johann, sich neue Strategien anzueignen. Er beschreibt, wie sein Lehrerkollegium scheitert und das grundlegende Konzept der Carl-von-Ossietzky-Schule neu organisiert werden muss.
Johann wird für seine Schüler Vater, Psychologe, Sozialarbeiter. „Ich bin mit ihnen gejoggt, habe Plätzchen gebacken, Nachtwanderungen gemacht, bin ins Kino gegangen“, sagt er. „Ich habe versucht, ihnen zu geben, was sie zu Hause nicht bekamen, dass ihnen jemand zuhört, an sie glaubt, sie unterstützt. Auch mal Grenzen setzt.“ Er kann viele der Kinder und Jugendlichen mitreißen, indem er den Unterricht zu einem emotionalen Erlebnis macht. „Das Buch ist eine Liebeserklärung an den Lehrerberuf“, sagt er. Lesen Sie, was Albrecht Johann schreibt…
„Ein Demagoge ergreift das Wort: ,Keiner hier hat ein Mathebuch dabei, stimmt’s?‘ Er dreht sich zur Klasse um, und die paar Mathebücher, die eben noch da waren, verschwinden in den Taschen (…).
Drei Jungs rennen plötzlich zur Tür. ‚Hey, wo wollt ihr hin?‘ ‚Wir müssen aufs Klo.‘ ‚Da müsst ihr aber bis zur Pause warten.‘ ‚Sollen wir uns etwa in die Hose pissen?‘ Ich kann sie nicht halten. Und da ist schon der Streit um das Fenster ausgebrochen. ‚Es stinkt, es stinkt.‘ Jemand hat das Fenster aufgerissen, schnappt theatralisch nach Luft, andere mischen sich ein und knallen das Fenster wieder zu. ‚Wir frieren, du Idiot.‘ ‚Die haben mein Deo geklaut‘, jammert ein Mädchen. (…)
Gekloppe am Fenster. Ich will die Kämpfenden trennen. ‚Fassen Sie mich nicht an. Ich beschwer’ mich beim Direktor, wenn Sie mich anfassen‘. (…) Die ersten gehen einfach raus. Ich stelle mich vor die Tür. ‚Wollen Sie uns etwa einsperren, oder was?‘ (…) Ich kann nicht mehr, gebe die Tür frei.“
Johann erklärt heute: „Wir wollten antiautoritären Unterricht machen.“ Lernen sollte ein freiwilliger Akt sein, ohne Zwang und Drohung. Kein Notendruck mehr, keine Strafarbeiten. Lernen sollte Spaß machen.
„Ich dachte, wenn ich nett bin, sind die Schüler auch nett zu mir und werden begeistert mitmachen.“
„Morgens komme ich mit schlotternden Knien und zusammengebissenen Zähnen hier an, mittags bin ich schon fertig. Ich kann nicht mehr. Ich will nur noch raus. Es sind grauenhafte Monate. Einmal die Woche habe ich abends Therapie. Eine gute Sache. Herr V. raucht dann seinen Zigarillo, und ich hänge leidend im Sessel gegenüber. (…) Nachdem ich ihm wieder einmal eine viertel Stunde lang von meinem täglichen Elend vorgejammert habe, unterbricht er mich abrupt: ‚Ach, hören Sie doch endlich einmal auf mit diesem Gejammer. Ich kann es nicht mehr hören. (…)
In mir kommt eine furchtbare Wut hoch und ohne nachzudenken schnappe ich meinen Stiefel, werfe ihn haarscharf an seinem Kopf vorbei. ‚Genau‘, ruft Herr V., seelenruhig an seinem Zigarillo ziehend. ‚Schmeißen Sie ruhig an Ihrer Schule auch mal Stiefel, statt sich ständig alles gefallen zu lassen von Ihren angehimmelten, ja mystifizierten Proletarierkindern. Kämpfen Sie, statt zu jammern.‘“
Johann sagt: „Wir 68er glaubten, die Schüler hätten uns intellektuell etwas voraus, seien realitätstüchtiger, sinnlicher im Sinne von direkter, spontaner. Aber das ist kräftig schiefgegangen. Sie haben hemmungslos jede Schwäche ausgenutzt. Ich musste lernen, wütend zu sein, wo es angebracht ist.“
„Anfang der Achtzigerjahre ist die 1975 eröffnete Schule im Inneren nahezu eine Ruine. Die Telefon- und Videoanschlüsse in den Klassenräumen waren schon nach einem Jahr herausgerissen. Inzwischen sind aber auch die Toiletten fast unbenutzbar, von den Decken hängen kaputte Platten herunter, die Sitzgruppen auf den Fluren sind zusammengeschlagen. Der Teppichboden ist übersät von ekelerregenden Kaugummiflecken (…) und die Schränke in den Klassenräumen sind zusammengebrochen. Ständig werden Türschlösser verstopft und Feueralarme ausgelöst. (…) ‚Wir müssen konsequenter werden‘, heißt es jetzt, um den unbeliebten Begriff ‚strenger‘ zu vermeiden. Auch vom ‚Grenzen setzen‘ wird viel geredet. Fehlverhalten wird jetzt Fehlverhalten genannt.“
Johann erklärt heute: „Das ganze Kollegium musste erst lernen, Grenzen zu setzen. Wir etablierten einen neuen Stil: schülerfreundlich, fördernd und verständnisvoll, aber mit Leistungsanspruch. Strafen so wenig wie möglich, so viel wie nötig.“
…über seine härteste Unterrichtsstunde:
„Ich schlage mit der rechten Hand donnernd auf das Pult. Plötzlich ist Ruhe. ‚Weißt du, was ich jetzt gerne machen würde, Olcay, was ich liebend gerne machen würde? Ich würde dir gerne eine knallen für diese fiese Bemerkung, so fest ich kann.‘ Jetzt habe ich eskaliert, war auch höchste Zeit. Ich muss ihn bestrafen, und zwar sofort. Irgendeine Drohung mit Verweis, Klassenkonferenz usw. hilft jetzt nichts. Hier muss etwas passieren. Ich hoffe, Olcay läuft ins Messer. Und er tut mir den Gefallen. ‚Mir eine knallen? Sie mir?‘ Beifall heischend dreht er sich zur Klasse hin. ‚Passen Sie mal auf, gleich knall ich Ihnen eine.‘ Die Klasse erstarrt, schaut mich an, man könnte eine Stecknadel fallen hören. (…)
In den nächsten zwei Minuten muss ich hier meine Autorität zeigen, sonst habe ich sie auf lange Zeit oder für immer verloren. Hier ist jetzt High Noon. Jetzt muss es knallen, und ich muss gewinnen. Ich setze mich, deute auf Olcay. Jedes Wort betonend, sage ich. ‚Du kommst jetzt mit. Zum Schulleiter.‘“
Olcay wurde mit einem Verweis bestraft. „‚Was ist das nur für ein Beruf’, entfährt es mir, ‚in dem man sich dauernd so anmachen und beleidigen lassen muss, in dem man jeden Tag als Person infrage gestellt wird?‘“
Johann heute: „Ich musste entschlossener und schlagfertiger werden. Das habe ich geschafft.“
„Fünf oder sechs Schüler machen die Hausaufgabe wirklich, der Rest schreibt bei ihnen ohne nachzudenken ab, aber oft so schludrig, dass neue Fehler entstehen. Bei der Arbeit, die gerade vor mir liegt, geht es um eine Beschreibung des Verlaufs des Rheins. Bei allen, die von Lisa abgeschrieben haben, ‚entspringt der Rhein in der Nordsee‘. Mein Gott, in der elften Klasse. Hat das denn keiner der Abschreibenden gemerkt? Die bei Servet abgeschrieben haben, sind schon besser dran. Bei ihm entspringt der Rhein in den Alpen, und die ‚Mosel strebt von links dem Rhein zu‘. Aber wer das Spiel ‚Stille Post‘ kennt, kann sich vorstellen, was aus diesem Text im Lauf der verschiedenen Abschreibvorgänge wird. Bei Öznur heißt es schon ‚die Mossel treibt von links dem Rhein zu‘, und bei Lirie ‚…der Mussil vertreibt von links den Rhein‘.“
Als Reaktion auf die vielen Täuschungsversuche schaffte Johann generell Zensuren ab und entwickelte ein Punktesystem. Die Rankings hängte er jeweils öffentlich aus. Unter den Schülern brach danach eine regelrechte Schlacht um Punkte aus.
Johann sagt heute: „Es ist mir gelungen, den Spieß erfolgreich umzudrehen und ihnen wieder die Verantwortung für ihre Leistungen zuzuschieben.“
…über das Leben in Parallelgesellschaften:
Er beschreibt, wie seine Schülerin Reyhan versucht, sich vom strengen Elternhaus zu lösen. „Nach einem Streit läuft sie von zu Hause weg und findet Zuflucht in einem Mädchenprojekt. Das Jugendamt sei eingeschaltet, berichtet sie. Den Eltern sei das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen worden. Die Adresse ihrer betreuten Wohngemeinschaft ist nicht einmal der Schule bekannt. Wochenlang erscheint der Vater täglich im Sekretariat, aber die Sekretärinnen weisen ihn ab. Reyhan hat Angst, und in ihrer Not bittet sie mich um Hilfe: ‚Ich weiß einfach nicht, wie ich aus der Schule raus und in meine Wohngemeinschaft kommen soll. Jeden Tag warten mein Vater oder mein Bruder an den Ausgängen, wenn ich Schulschluss habe. Die wollen mich kriegen.‘ Wir organisieren einen Fahrdienst mit Autos. Oft muss ich sie durch den Hinterausgang rausschmuggeln und mit meinem Auto zu ihrem Wohnprojekt fahren. (…)
Eines Tages kommt Reyhan nicht zur Schule, wir erfahren von ihrer Betreuerin, dass sie wieder in der Türkei sei. Gegen den Rat ihrer Betreuer sei sie zu einem ‚Versöhnungstreffen‘ mit den Eltern gegangen und bei dieser Gelegenheit sozusagen entführt worden. Wir hören lange nichts von ihr. Erst Jahre später berichtet mir Emine, dass Reyhan sich aus der Türkei gemeldet habe. Sie sei zwangsverheiratet worden, habe ein Kind und gehe jetzt ganz in Schwarz.“
Johann heute dazu: „Einwanderung ist mit großen Problemen in den Familien verbunden. Viele Schüler aus der Oberstufe befinden sich auf einer Brücke zwischen den Gesellschaften. Ich habe festgestellt, dass es mit sehr viel Angst verbunden ist, eine deutsche Identität anzunehmen. Das ist oft ein Bruch mit den Eltern. Ein sehr sensibler Prozess. Reyhans Geschichte macht mich traurig. Was uns so selbstverständlich scheint, ein Leben gemäß eigenständig getroffener Entscheidungen zu führen, war ihr verwehrt.“
„Eine Klassenfahrt soll besprochen werden. Wegen Prüfungen und Vergleichsarbeiten war es nicht anders möglich, als sie in die Zeit des Ramadan zu legen.
Herr A.: ‚Und wann ist dann Abendessen? Die Schüler, die fasten, dürfen ja erst nach Sonnenuntergang essen.‘
Monika: ‚Na, wir dachten so um sieben oder halb acht.‘
Herr B.: ‚Das ist zu früh. Nach meinem Kalender ist der Sonnenuntergang am 27.9. um 19.37 Uhr.‘
Frau C.: ‚Nein, nicht richtig. Nach unserem Kalender ist Sonnenuntergang 19.41 Uhr.‘
Herr B.: ‚Aber das stimmt doch nicht, mein Kalender ist von der Moschee, der stimmt.‘
Frau C.: ‚Sie vielleicht hanefitische Rechtsschule, wir malikitische, Kalender anders. Unser Kalender auch von Moschee.‘ (…)“
Johann sagt dazu. „Es scheint den Eltern wichtig zu sein, dass man ihre Religion respektiert, nur dann fühlen sie sich auch respektiert.“
Er ließ sich Anfang der Achtzigerjahre auf eine erotische Affäre mit einer Schülerin (19) ein. „Sie wirkt reif und vernünftig, vernünftiger als ich vielleicht, und je länger wir reden, desto größer wird die Nähe. Irgendwann küssen wir uns. Ich bin völlig aus meiner Lehrerrolle herausgerutscht. Das Verbot, das wir gerade übertreten, ist in meinem Kopf geschrumpft zu irgendeinem veralteten Paragrafen im Beamtenrecht, der willkürlich Grenzen zieht, wo Menschen sich nahekommen.“
Heute sagt Johann: „Ein riesiger Anfangsfehler. Wäre das herausgekommen…, dann wäre ich natürlich den Job losgewesen. Und zudem wäre bei anderen Schülern das Gefühl der Ungerechtigkeit entstanden. Der Lehrer bricht das Vertrauen, das alle anderen in seine Unparteilichkeit gesetzt haben.“
…über das Absinken des Leistungsniveaus:
Einblick in die Geschichtsstunde einer siebenten Klasse. „,Warum nannte Kolumbus die Einwohner der Insel, die er entdeckt hatte, Indianer?‘, lautet die Frage, die wir gerade besprechen. (…) Dass sie im Konjunktiv antworten würden, hatte ich natürlich nicht erwartet, aber was da alles so an Antworten kommt, entsetzt mich doch: ‚Weil sie aussahen wie Indianer‘, ‚weil ihm das jemand gesagt hat‘, ‚weil er in Indien war‘. (…) Verstehen sie die einfache Frage nicht? Oder schreiben sie nur irgendetwas hin, um schnell fertig zu werden?“
Johann sagt heute dazu: „Da ist einfach keine Frustrationstoleranz mehr, wenn es schwer wird, geben sie gleich auf und machen lieber Unsinn. Mit dem Handy und dem Computer rumzuspielen, macht halt mehr Spaß. Da wird man immer gleich mit einem Erfolg belohnt.“
Das Fazit des Lehrers nach 34 Jahren unterrichten:
Im Buch schreibt er bittere Zeilen über die Carl-von-Ossietzky-Oberschule, an der heute 1066 Schüler lernen (87,5 Prozent davon sind nicht deutscher Herkunftssprache. Es gibt Klassen, in denen es 100 Prozent sind):
„Diese Schule ist, auch wenn einige immer noch kämpfen, überfordert von den immer schwierigeren Schülern, erschöpft von den Reformen, ausgebrannt durch entnervende Sparmaßnahmen, jedenfalls in ihrer Arbeit mit der Mittelstufe. Man hat sie ausgequetscht wie eine Zitrone, sie ist auf der Strecke geblieben.“
Johann betont: „Insgesamt gab es ein Gefühl der Überforderung durch Reformen ab dem Jahr 2000, etwa der Erhöhung von 21 auf 26 Unterrichtsstunden, mit Vor- und Nachbereitung waren das bestimmt 60 Wochenstunden.“
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