LNG-Terminals für Europa: In wenigen Jahren bloß Investitionsruine - Zeitung

LNG-Terminals für Europa: In wenigen Jahren bloß Investitionsruine - Zeitung


Die LNG-Terminals, an denen Deutschland und die EU momentan eifrig bauen, werden sich bereits in einigen Jahren als Investitionsruinen erweisen. Es handelt sich um ein überaus kostspieliges, aber kurzlebiges Projekt, das ausschließlich dem Ziel dient, den Verlust der russischen Gaslieferungen im Laufe von ein paar Jahren zu kompensieren.

Während sich die Gas-Pipeline Nord Stream 2 langsam in eine Investitionsruine verwandelt, arbeiten Deutschland und die EU fleißig an einem weiteren kostspieligen Projekt, das sich noch in diesem Jahrzehnt höchstwahrscheinlich in eine Investitionsruine verwandeln wird.

Die EU hat vor, bis 2027 210 Milliarden Euro in Energieprojekte zu investieren, um sich unabhängig von russischen Energielieferungen zu machen. Hauptsächlich wird dabei zwar in erneuerbare Energien und Energieeffizienz investiert. 12 Milliarden davon sind allerdings für die neue Infrastruktur bestimmt, die die russischen Gas- und Öllieferungen ersetzen soll. Flüssiggas (LPG) spielt dabei kurzfristig eine überaus große Rolle.

Allein in diesem Jahr soll die Europäische Union 50 Milliarden Kubikmeter russisches Gas durch LNG aus anderen Ländern ersetzen. Dazu braucht Deutschland allerdings eine entsprechende Umrüstung. Gerade wurden 2,5 Milliarden Euro in vier schwimmende LNG-Terminals investiert, von denen der erste bis Ende 2022 fertiggestellt werden soll. Mehrere Terminals auf dem Festland sollen in den nächsten Jahren entstehen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

Wie das Blatt unter Berufung auf eine Studie der NGO „Global Energy Monitor“ berichtet, sind momentan 26 neue LNG-Terminals, Erweiterungen beste­hender Terminals und schwimmende LNG-Plattformen in der EU in Planung. 22 davon stammen aus der Zeit bereits nach dem Beginn des Ukraine-Konflikts. Dadurch sollen die Einfuhrkapazitäten um mehr als 150 Milliarden Kubikmeter Gas erhöhen werden. 60 Milliarden davon entfallen auf Deutschland.

„In fünf bis zehn Jahren nur noch abschreiben“

Das Problem: In fünf bis zehn Jahren werden die meisten Terminals voraussichtlich nicht mehr gebraucht.

„Die durch Sorge um kurzfristige Versorgungssicherheit geplanten Investitionen sind klar überdimensioniert“, zitiert die „FAZ“ Matthias Buck vom Berliner Thinktank Agora Energiewende. „Die EU muss sich besser abstimmen, um Investitionsruinen auf Kosten der Steuerzahler zu vermeiden.“

Die EU verfügt nämlich bereits über 21 Terminals für die Einfuhr von LNG mit einer Gesamtkapazität von 158 Milliarden Kubikmeter. Die bestehenden LNG-Terminals sind aber ziemlich unproportional verteilt: Ein Drittel davon steht auf der Iberischen Halbinsel, und von dort führt nur eine Pipeline ins restliche Europa, die meist ausgelastet ist.

Zugleich sind nur etwa 50 Prozent der spanischen LNG-Terminals ausgelastet. Das Land sei ein warnendes Beispiel dafür, welche Folgen ein überdimensionierter Ausbau habe, betont Ana Maria Jaller-Makarewicz von der amerikanischen Denkfabrik Institut für Energiewirtschaft und Finanzanalyse, in der „FAZ“.

Dabei ist sich die Europäische Kommission dessen bewusst, dass das in Angriff genommene LNG-Projekt eigentlich nur provisorischen Zwecken dient. Deshalb wolle man LNG-Terminals und Pipelines später für grünen Wasserstoff und andere grüne Gase nutzen. „Die Investitionen, die wir für fossile Brennstoffe tätigen müssen, sind nicht verloren, da sie für die dekarbonisierten oder kohlenstofffreien Energieträger der Zukunft zur Verfügung stehen“, so der EU-Klimakommissar Frans TImmermans. Deshalb sollten die Anlagen so gebaut werden, dass sie von vornherein auch mit Wasserstoff betrieben werden können. 

Experten zweifeln allerdings an der Zweckmäßigkeit und Rentabilität solcher Pläne. Einerseits geht es um ein beträchtliches technisches Problem - die unterschiedliche Kühltemperatur. Während die für LNG minus 168 Grad betragen müsse, sind es bei Wasserstoff minus 252 Grad. Andererseits seien LNG und grüner Wasserstoff anwendungsmäßig alles andere als gegenseitig austauschbar.

Es sei ein weit verbreitetes Missverständnis, dass Erdgas und grüner Wasserstoff austauschbar seien, zitiert die „FAZ“ den Klimafachmann Ben McWilliams von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Insonfern sei es kaum sinnvoll, jedes LNG-Projekt für grünen Wasserstoff nutzbar zu machen.

„Wir müssen die Dinge beim Namen nennen“, betont der Experte. „Und das ist, dass wir nicht verhindern können, dass wir jetzt Kapazitäten aufbauen, die wir in fünf bis zehn Jahren nur noch abschreiben können.“

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