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Variante zum Vorlesen für Podcast
Komparse werden, Komparse sein!
Tipps, Tricks und Internas
Komparse zu werden ist einfach. Allerdings gibt es ein kleines Problem: Man muss in der Nähe der Orte wohnen, an denen TV- und Kinofilme gedreht werden, wie Berlin, Potsdam, Hamburg, Köln oder München. Andere Orte sind weniger geeignet, wenn man regelmäßig als Komparse oder Kleindarsteller arbeiten möchte, da die Anreise zum Drehort nicht vergütet wird. Alter, Größe, Gewicht oder Hautfarbe spielen keine Rolle. Komparsenagenturen casten alle möglichen und unmöglichen Typen – ob mit vollem Haar, Glatze, Vollbart oder Schnauzbart.
Die professionellen Komparsenagenturen in Berlin sind überschaubar: Filmgesichter, Wanted, Iris Müller, 030Casting, Extras, Watergate Casting. Daneben gibt es hunderte Kleinagenturen, Spezialagenturen und auch sogenannte „Schwarze Schafe“. Vorsicht ist geboten bei Online-Angeboten, die per Google-Werbung kostenlose oder bezahlte Sedcards anpreisen – Finger weg davon! Seriöse Agenturen haben ihre Aufnahmetermine online veröffentlicht. In der Regel ist die Aufnahme kostenfrei, manche verlangen jedoch eine Bearbeitungsgebühr von etwa 10 Euro.
Bei der Anmeldung sollte man seine Daten vollständig kennen. Zum Aufnahmetermin in die Kartei der Agentur erscheint man frisch frisiert, rasiert, dezent geschminkt und in heller, unauffälliger Kleidung. Es werden meist sechs Aufnahmen gemacht: Ganzkörper, Portrait frontal, Seitenprofil links und rechts sowie Portraits mit erhobenen Händen, Handflächen und Handrücken. Danach richtet man sich eine neue E-Mail-Adresse ein, die auf SMS-Benachrichtigungen eingestellt wird, da Anfragen oft per E-Mail kommen. Wer schnell reagiert, hat die besten Chancen.
Mit etwas Glück erhält man wöchentlich zwei Anfragen, mit Pech nur zwei im Jahr. Bei einer Anfrage wird ein Optionstag für den Dreh genannt und möglicherweise die Einsatzart (z.B. Straßenpassant). Nach der Rückbestätigung wird man der Filmproduktion vorgeschlagen. Einige Tage später erhält man den Zuschlag oder eine Absage. Erst einen Tag vor dem Drehtag erhält man die endgültige Bestätigung, die schnellstmöglich zu bestätigen ist.
Am Drehort meldet man sich bei der Komparsenbetreuung, wird auf der Anwesenheitsliste abgehakt und erhält einen EINTAGESGAGENVERTRAG, oft von MECON MEDIA CONCEPT oder der ADAG. Nach dem Ausfüllen geht es zur Kostümabteilung und Maske. Komparsen sind schneller fertig als Schauspieler, müssen aber oft noch zwei bis drei Stunden warten, bis der Dreh für sie beginnt.
Warten ist ein wesentlicher Teil des Jobs. In der Zwischenzeit erhält man von der Regieassistenz Anweisungen. Wichtig ist: "Nie in die Kamera sehen!" Manche Einstellungen werden 2-3 Mal, andere 4-10 Mal gedreht. Die Hauptkommandos lauten: "Achtung, wir drehen!", "Ton!", "Kamera!", "Klappe!", "Bitte!", "Aus!", "Wir drehen nochmal!", "Alles auf Anfang!"
In der Mittagspause, die auch mal um zehn Uhr morgens oder abends sein kann, gibt es meist Nudeln oder Reis mit Tomatensoße. Wer sich als Vegetarier outet, kann beim "TEAM" mitessen und bekommt bessere Mahlzeiten. Manchmal gibt es auch belegte Brötchen und Getränke wie Kaffee, Mineralwasser und Cola.
Liegen ist gesünder als sitzen, da die Wirbelsäule beim Sitzen stark belastet wird. Ein cleverer Komparse nutzt jede Gelegenheit zum Liegen, auch in den dreckigsten Ecken, oft in den Klamotten der Filmproduktion. Der Beruf besteht zu 90 Prozent aus Drehpausen.
Die Bezahlung für Komparsen ist oft niedrig, der Tagessatz liegt bei etwa 90 Euro für 10,5 Stunden Arbeit. Nachtdrehs ab 22 Uhr bringen einen Aufschlag von 10 Euro. Nach Abzug von Steuern und Versicherungen bleiben etwa 70 Euro netto. Die Verträge können bis zu zwei DIN A4 Seiten lang sein.
Ein erfahrener Komparse bringt unterschiedliche Oberbekleidung, warme Unterwäsche, Jacken, bequeme Schuhe, Lesematerial und Musik mit. Manche haben Sitzpolster oder Klappstühle dabei. Alle sozialen Schichten sind vertreten, von SGB II-Empfängern bis zum Professor. Für manche ist die Tagesgage viel Geld, für andere ein Hobby.
Alle gehen nett und locker miteinander um. Man quasselt den ganzen Tag in den Drehpausen über Gott und die Welt, knüpft neue Kontakte, Freundschaften und Partnerschaften. Da es ja tausende Komparsen in Berlin gibt, wird immer wieder neu gemischt. Einige "Alten Hasen" tauchen bei verschiedenen Drehs öfter auf und rücken auch mal die Adressen von seriösen People Agenturen oder von Agenten raus. Da ist pekuniär mehr zu holen. Manchmal das zehn bis hundertfache für sogenannte Buyouts. (Vergütungen für die Verwertungsrechte der im Werbebereich gemachten Fotos und Filmaufnahmen). Sie werden zusätzlich zur Produktionsgage verhandelt. Festgelegt werden dabei die Royalties, die Art der Nutzung. Poster, Anzeigen, Werbevideo u.s.w. die Laufzeit und ob z.B. die Fotos nur national oder international veröffentlicht werden. Einige Agenturen haben einen Premium Club, wo man für einen fest gelegten Jahresbeitrag mehr Drehs durch Bevorzugung bekommen soll.
Chancen, mehr Drehs zu bekommen optimiert man in dem man sich in die Online An- und Abwesenheitslisten einloggt und seine Verfügbarkeit in die Datenbank der Agentur aktuell einträgt. Ganz drehgeile rufen fast täglich bei den Agenturen an und fragen nach Einsatzmöglichkeiten. Wie in vielen Bereichen unserer Gesellschaft spielt "Vitamin B" auch bei den Komparsenagenturen eine gewichtige Rolle. Wer die Booker der Agentur persönlich kennt, hat bessere Karten, als ein "NONAME" aus der Kartei der Agentur mit tausenden Einträgen. Den Anfängern ist angeraten auch mal bei "Nobugdet- oder smalbugdet" Produktionen mit zu machen. Auch in den Theatern und Opern gibt es Komparsenjobs. In Berlin bekommt man die von der Künstlervermittlung des Jobcenters in der Friedrichstraße. Die Hoffnung über den Komparsenjob als "Schauspieler" entdeckt zu werden, kann man unter "Ulk" verbuchen!
Alles in allem, ein Komparsenjob ist eine lustige interessante Sache. Es erweitert den eigenen Horizont, man kommt viel rum in Berlin, lernt nette Menschen kennen und verbringt seine Zeit hundertprozentig sinnvoller, als vor dem Bildschirm sich den ganzen Schwachsinn an zu sehen, den man mit produzieren hilft!
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ENGLISCHE VERSION zum Vorlesen:
Become an Extra, Be an Extra!
Tips, Tricks, and Insider Information
Becoming an extra is easy. However, there is a small problem: you need to live near the places where TV and movies are filmed, such as Berlin, Potsdam, Hamburg, Cologne, or Munich. Other places are less suitable if you want to work regularly as an extra or small actor because travel to the shooting location is not reimbursed. Age, height, weight, or skin color do not matter. Extras agencies cast all kinds of people – whether with a full head of hair, bald, with a full beard, or a mustache.
The professional extras agencies in Berlin are manageable: Filmgesichter, Wanted, Iris Müller, 030Casting, Extras, Watergate Casting. In addition, there are hundreds of small agencies, specialized agencies, and also so-called "black sheep". Beware of online offers that advertise free or paid sedcards through Google ads – stay away from them! Reputable agencies have their admission dates published online. Usually, admission is free, but some charge a processing fee of about 10 euros.
When registering, you should know your data completely. For the admission appointment to the agency's file, you should appear freshly groomed, shaved, lightly made up, and in light, inconspicuous clothing. Usually, six photos are taken: full body, frontal portrait, left and right profile, and portraits with raised hands, palms, and back of the hands. After that, you set up a new email address that is configured for SMS notifications, as requests often come by email. Those who respond quickly have the best chances.
With some luck, you will receive two requests per week, with bad luck, only two per year. When a request comes in, a potential shooting day is mentioned and possibly the type of role (e.g., street passerby). After confirming, you are proposed to the film production. A few days later, you receive either confirmation or rejection. Only one day before the shooting day do you receive the final confirmation, which must be confirmed as soon as possible.
At the shooting location, you report to the extras coordinator, are checked off the attendance list, and receive a ONE-DAY PAYMENT CONTRACT, often from MECON MEDIA CONCEPT or ADAG. After filling it out, you go to the costume department and makeup. Extras are ready faster than actors but often have to wait two to three hours before their scene begins.
Waiting is a significant part of the job. In the meantime, you receive instructions from the assistant director. Important: "Never look into the camera!" Some scenes are shot 2-3 times, others 4-10 times. The main commands are: "Attention, we're filming!", "Sound!", "Camera!", "Action!", "Cut!", "We're filming again!", "Back to the start!"
During the lunch break, which can be as early as ten in the morning or in the evening, there is usually pasta or rice with tomato sauce. Vegetarians can join the "TEAM" and get better meals. Sometimes there are also sandwiches and drinks like coffee, mineral water, and cola.
Lying down is healthier than sitting since the spine is heavily strained when sitting. A clever extra uses every opportunity to lie down, even in the dirtiest corners, often in the film production's clothes. The job consists of 90 percent waiting periods.
The pay for extras is often low; the daily rate is about 90 euros for 10.5 hours of work. Night shoots from 10 p.m. bring a surcharge of 10 euros. After deducting taxes and insurance, about 70 euros net remain. Contracts can be up to two A4 pages long.
An experienced extra brings different outerwear, warm underwear, jackets, comfortable shoes, reading material, and music. Some have seat cushions or folding chairs with them. All social classes are represented, from welfare recipients to professors. For some, the daily wage is a lot of money; for others, it's a hobby.
Everyone gets along well and casually. People chat all day during the breaks about everything under the sun, make new contacts, friendships, and partnerships. Since there are thousands of extras in Berlin, the groups are always mixed anew. Some "old hands" appear at different shoots more often and sometimes share the addresses of reputable people agencies or agents. There is more money to be made there, sometimes ten to a hundred times more for so-called buyouts (payments for the exploitation rights of photos and film recordings made in the advertising sector). They are negotiated in addition to the production fee. The royalties, the type of use, such as posters, advertisements, commercial videos, etc., the duration, and whether the photos are published nationally or internationally, are determined. Some agencies have a Premium Club where you can get more shoots for a set annual fee through preference.
You can optimize your chances of getting more shoots by logging into the online availability lists and updating your availability in the agency's database. Hardcore extras call the agencies almost daily and ask for opportunities. Like in many areas of our society, "Vitamin B" (connections) plays a significant role in extras agencies. Those who know the agency's bookers personally have better chances than a "no-name" in the agency's file with thousands of entries. Beginners are advised to participate in "no-budget or small-budget" productions. There are also extra jobs in theaters and operas. In Berlin, you can get them from the artist placement service of the Job Center in Friedrichstraße. The hope of being discovered as an "actor" through the extra job can be considered a joke!
All in all, being an extra is a fun, interesting thing. It broadens your horizons, you get around a lot in Berlin, meet nice people, and spend your time much more meaningfully than watching all the nonsense on the screen that you help produce!