Künstliche versus humane Intelligenz: Chance oder Gefahr?

Künstliche versus humane Intelligenz: Chance oder Gefahr?


Fast jede dritte Person in Deutschland blickt mit Angst auf mögliche Folgen der Künstlichen Intelligenz (KI). 32 Prozent der Teilnehmer einer repräsentativen Umfrage der R+V-Versicherung gaben an, dass sie Angst haben, dass KI die Gesellschaft gefährdet. Die „Berliner Zeitung“ titelt: „Matsch im Kopf: Gefährden KI und ‚Brainrot‘ die menschliche Intelligenz?“ Welche Berufe, Ausbildungen und Jobs sind in Gefahr, wegrationalisiert zu werden? Ist jemand bereit, das Auto zu fahren, das KI fährt, oder ihr sein Geld anzuvertrauen?

„Die KI umgibt nahezu ein mystischer Schimmer“, sagte im Satellit-Interview Daniel Witzeling, Leiter des Humaninstituts Vienna. „Was dabei verdrängt wird ist die Tatsache, dass diese nur so intelligent sein kann wie ihre Schöpfer und sie damit von mentaler menschlicher Leistungsfähigkeit abhängig ist und nicht, wie viele glauben, aus dem Nichts ein Eigenleben entwickeln kann. Was im Kontext des KI-Hypes vergessen wird ist, dass Interpretationen und Gewichtungen von diffizilen Inhalten nur fachlich gut ausgebildete und mit einer Entwicklung und Erfahrung ausgestattete homo sapiens vornehmen können.

Der Computer, also die Maschine per se, besitze kein „Bewusst-Sein“, so der Sozialforscher.

„Es handelt sich um eine Simulation von Intelligenz, denn die wichtige Dimension der affektiven und unbewussten Bewertung der Daten fehlt. Bei Menschen spielen Emotion, Instinkt und Intuition eine zentrale Rolle und keine künstlichen Algorithmen, sondern humane biopsychosoziale Rhythmen, die in Formeln nicht auflösbar sind. Verständnis und Sinnerfassung hat die KI nicht, dies wird nur scheinbar durch den Ersteller des Algorithmus imitiert und durch die Rezipienten hinein projiziert.“

Im Osten Deutschlands ist die Angst vor KI ausgeprägter als im Westen. 36 Prozent der Ostdeutschen sind deswegen besorgt. Die gleiche „Berliner Zeitung“ merkt an: „Die Mauer steht: KI hält Ossis für dümmer und fauler als Wessis.“ Das stimme nicht, sagt Witzeling:

„Die Ostdeutschen sehen wahrscheinlich in der Umfrage die KI repräsentativ für ein System der Regulierung und Kontrolle wie sie es in der ehemaligen DDR schon einmal erlebt haben. Deswegen ist tendenziell die Skepsis gegen technische Neuerungen im Osten etwas stärker als im Westen, in dem eher eine Form der kapitalistischen Offenheit aber auch Naivität gegenüber neuen Entwicklungen herrscht.

Man könne sogar im Gegenteil sagen, fährt der Psychologe fort, dass es sich bei der Differenziertheit der Ostdeutschen neuen Prozessen gegenüber eher um eine Form der Reflektiertheit und Intelligenz handele. „Denn nicht alles, was neu ist, muss automatisch gut oder eine Verbesserung für die Gesellschaft darstellen. Man kann auch hirnlos in neue Technologien hinein laufen oder diese unreflektiert als Lösung für alles sehen. Am Ende steht immer noch der Mensch im Zentrum.“

26 Prozent, also jeder vierte Befragter, befürchten, dass ihre Daten im Internet missbraucht werden. Die Menschen haben Angst, dass sie die Kontrolle über ihre persönlichen Daten verlieren und Opfer von Cyberkriminellen werden. Man denkt, KI ermögliche auch neue Formen der Einflussnahme, beispielsweise durch Desinformationskampagnen, die soziale Spannungen verstärken.

KI sei eine Möglichkeit, Bestehendes zu verstärken oder zu optimieren, meint Witzeling. „Wer aber seinen Hausverstand weiterhin benutzt und nicht sein Hirn in die Technik auslagert, ist sicher nicht im Nachteil. Natürlich sind die neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz ein Quantensprung und geben nicht nur positiven Kräften neue Instrumente in die Hand. Desinformation ist eine neue Form des Kalten Krieges und kehrt auf allen Seiten mittlerweile zum ,guten Ton‘. Hier gilt es nicht, die KI, sondern sein eigenes Hirn als ,stärksten Muskel‘ im Körper zu stimulieren und zu trainieren. Die KI ist lediglich ein Spiegel von menschlichem kognitivem Substrat. Es bedarf menschlicher Kontrolle und einer kritischen Betrachtung der bereitgestellten Informationen.“

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