Israel & Palästina: Ad infinitum — TEIL I

Israel & Palästina: Ad infinitum — TEIL I

Elem Chintsky

Die Dominosteine im Nah-Ost-Konflikt wurden erneut angestoßen. Was sind aber die Hintergründe des israelisch-palästinensischen Konfliktes? – und hat es wirklich erst am 7. Oktober 2023 begonnen? Große Pläne für die Zukunft liegen verborgen hinter den jetzigen Prozessen. Dies ist TEIL 1 der Analyse.

Die Bilder über die Gräueltaten der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung sind schwer zu ertragen. In keinem Moment dachte ich mir, dass es “ihnen Recht geschehen tut” oder, dass “sie es nun mal verdient” hätten. Auf gar keinen Fall. Der Verlust von Menschenleben auf so perfide Weise, egal wo auf der Erde, besonders unter so dramatischen Umständen, ist immer extrem bedauerlich und verwerflich. Mögen die Familien und Angehörigen der Getöteten, Gefolterten, Verletzten, Entführten und Verschollenen Trost finden können. Ich bin der Erste, der die emotionale Affektierung empfindet. Diese allein darf aber auf gar keinen Fall der Wegweiser sein für eine sofortige, finale Einschätzung – politanalytischer, ethischer und moralischer Natur –, wer die Verantwortung für den schwersten und intensivsten regionalen Konflikt der Nachkriegszeit trägt. Denn auf der anderen Seite sterben indessen auch Menschen. Eigentlich schon seit langer Zeit. Die palästinensischen Babys, Kinder und Frauen, die jetzt täglich in Massen im Gazastreifen durch Bombardement gemordet werden – durch die Hand des israelischen Staates.

Zumal es ein künstlich erschaffener Konflikt der Westmächte war. Dieser basierte auf einer fanatischen, politisch-religiösen Idee einiger einflussreicher Juden (größtenteils aus dem osteuropäischen Chassidismus stammend) seit mindestens des 19. Jahrhunderts und schlug mit dem Zweiten Weltkrieg als letztem großen Katalysator in Palästina seine unbarmherzigen, unversöhnlichen Wurzeln. Auch hat Netanyahu nun erneut einen fruchtbaren und durchschlägigen Vorwand ergattert, den er brauchte, um Gaza in einem großen Sprung nach vorn genozidal weiter zu säubern — für sein Projekt des “Neuen Nahen Ostens”. Dazu gleich mehr.

Gegenwärtig läuft also die systematische Bombardierung des Gazastreifens durch die israelischen Streitkräfte als “verhältnismäßige Antwort” auf die extremistischen Taten der Hamas. Seitens des Westens gilt eine Carte blanche — besonders vom zionistisch gebabysittetem Deutschen Bundestag. Eine Gleichschaltung der Begriffe “Hamas” und “Palästinenser” zur insgesamten Dehumanisierung einer für die Zionisten lästigen Volksgruppe läuft in den größten Westmedien auf Hochtouren. “Israel ist das nichts ahnende Opfer”, die Palästinenser lediglich “menschliche Tiere”, wie der israelische Verteidigungsminister Yoav Galant letztens die Palästinenser bezeichnet hat. Die letzte Aussage ähnelt einigen autoritativen Passagen aus dem Babylonischem Talmud und dem Schulchan Aruch, worauf wir später noch zu sprechen kommen – wenn es heißt, die religiöse Dimension dieses Konfliktes näher zu beleuchten.

Die Bombardierung von Gaza wird wohl andauern, bis die jüngsten, öffentlichen de facto Aufrufe zum palästinensischen Genozid, die durch die wichtigsten US-amerikanischen Systemmedien und auch kontrollierte Alternativmedien (wie das unter dem jüdischen US-Amerikaner und Podcaster Ben Shapiro geführte Daily Wire) schallen, befriedigt sind. Letztens hatte Shapiro bei seinem Beitrag in die Propaganda-Zentrifuge sogar (sicher unwissentlich) ein KI-generiertes Bild eines vermeintlich verkohltem, jüdischen Babys auf Twitter/X geteilt.

Sich auf dieses opportunistische Narrativ verfrüht einlassend, tun wir all den tatsächlich Gefolterten, Erniedrigten, Entführten, Verschollenen, heimatlos Gemachten und Ermordeten der letzten 75 Jahre – ganz besonders und mehrheitlich auf palästinensischer Seite –  großes Unrecht. Diese sind teils nicht nur in Vergessenheit geraten – sie wurden sehr selten gebührend in den westlichen Massenmedien erwähnt. Damals wie heute.

Was ist Israel?

Um die Frage vorab zu erweitern: Ist das moderne Israel ein chauvinistisch-rassistischer Verbrecherstaat, der sich dabei mit einem zerrissenen, mit fremdem Blut getränkten Kleid namens “einzige Demokratie im Nahen Osten”  verhüllt und tarnt? Ja. Ist Israel der einzige heute existierende Verbrecherstaat auf der Erde? Natürlich nicht. Die USA gehören auch dazu, dabei haben sie sich (noch) wohlauf. Ob auf Basis der Verbrechen Israels ein Plädoyer für eine Nicht-Existenz des Staates glaubhaft formuliert werden kann, ist eine weitere Frage. Ich bleibe bei einer UNO-beschlossenen Zwei-Staaten-Lösung, wo okkupiertes Territorium von Israel wieder gründlich übergeben werden müsste – darunter Ost-Jerusalem. In diesem Dekaden umspannenden politischen Projekt jedenfalls wurde eine palästinensische Gegenreaktion gewaltsam aus der Taufe gehoben, die, je nach politischer Gesinnung – eine berechtigte Widerstandsbewegung oder im Herzen eine extremistische Terror-Ideologie darstellt. Buddelt man tief genug in den Fundamenten des modernen jüdischen Staates, findet man nicht einen semi-laizistischen, politischen Zionismus, sondern die schauderhafte, ethnozentrisch-evolutionäre Gruppenstrategie, die erbarmungslos und schon (sehr) lange im Babylonischem Talmud (BT) und anderen rabbinischen Schriften kodifiziert ist.

Allein die Umstände, unter denen das moderne Israel im historischen Palästina “gegründet” wurde, sind klipp und klar verbrecherisch. Im Jahr 1948, kurz vor der Gründung Israels, lebten 1,4 Millionen Palästinenser in 1.300 Städten und Dörfern in ganz Palästina — bevor man 800.000 von ihnen enteignete, vertrieb und ins Westjordanland, in den Gaza-Streifen oder ins arabische Ausland verdrängte. Viele flüchteten auch in den Westen. Der Rest blieb unter israelischer Besatzung, wurde enteignet und innerhalb des jüdischen Staates zwangsumgesiedelt. Während der von den Palästinensern als “Nakba” (zu Deutsch: Katastrophe) bezeichneten “Gründungsphase” Israels vollzogen die blutjungen Israelis um die 70 Massaker an der zivilen Bevölkerung, bei denen 15.000 Palästinenser umkamen — mehr als 530 palästinensische Dörfer und Städte wurden dabei von den zionistischen Juden vernichtet. Für genauere Einzelheiten seien Bücher von David Gilmour (“Dispossessed: the Ordeal of the Palestinians”), J.M.N. Jeffries (“Palestine: The Reality”), Norman Finkelstein (“Image and Reality of the Israel-Palestine Conflict”) oder Ilan Pappe (“The Ethnic Cleansing of Palestine”) herzlich empfohlen.

Solche Bedingungen waren unter dem Osmanischen Reich nicht bekannt. Die ersten größeren Veränderungen zwischen den Völkern dort begannen erst, als der gelegen gekommene Kollaps des Osmanischen Reiches, der angezettelt wurde durch die “Jungen Türken”, passierte. Zu vertiefen, wer die “Jungen Türken” waren, würde diesen Artikel sprengen.

Die rasch eingereichte, britische Balfour-Erklärung an den damaligen Paten des Weltzionismus, den jüdischen Finanzoligarchen, Lionel Walter Rothschild, im Jahr 1917, folgte. Dieses “britische Mandat” trat dann 1920 in Kraft. Noch zu der Zeit machten die Juden dort eine marginale Minderheit aus – palästinensische Muslime und Christen jedoch die klare Mehrheit. Letztere waren natürlich bereits perplex über diese neuen Entwicklungen, konnten aber noch beileibe nicht ahnen, was der Westen da für sie vorbereitet. Dafür galt es noch knapp drei Jahrzehnte zu warten. In den Zwischenkriegsjahren stagnierte das ohnehin brenzlige Vorhaben des Bevölkerungsaustausches, da die internationale Community – damals noch lose organisiert unter der “League of Nations” – sich schwer so “ohne Weiteres” von einer so derart problematischen Idee begeistern ließ. Dieses gewisse “Weitere” wird später noch ersichtlicher.

Trotz großer Mühe und enormen Drängens seitens zionistischer Influencer und Lobbyisten wie Chaim Weizmann, Theodor Herzl oder Nahum Goldmann, musste erst die große humane Tragödie des Zweiten Weltkrieges, in dem viele Millionen Menschen gestorben sind – darunter vor allem Sowjets, Polen und eben auch jüdische Menschen – als öffentlichkeitswirksamer Katalysator herhalten, um das sogar zu der Zeit immer noch suspekte Projekt (per politische Nötigung auf hohen Ebenen) umzusetzen: Der Holocaust auf dem europäischen Kontinent wurde als Genozid leider instrumentalisiert, um anderswo erneut humanitäres Unrecht zu entfachen. Überlebende Opfer wurden innerhalb derselben Generation einige tausend Kilometer weiter zu Tätern. Einen Staat zu bauen auf fremden Land, auf fremden Leid – koste es, was es wolle.

Das jüdische Paradox

Wenn man noch im Jahre 2000 aus der ausländischen Presse erfuhr, dass ein einflussreicher, israelischer Rabbi namens Ovadia Yosef, der damals Führer der Shas-Partei war (damals die drittgrößte, heute die viertgrößte Partei in Israels Knesset), den jüdischen Holocaust rechtfertigte, fängt mein deutsch-europäisches, humanistisches und politisch korrektes Ohr an zu bluten. Wie das? Was genau hat er gesagt? Laut Yosef waren nämlich die jüdischen Holocaust-Opfer

"Reinkarnationen der Seelen von Sündern, von Menschen, die Übertretungen begangen und alles Mögliche getan hatten, was nicht getan werden sollte. Sie waren reinkarniert worden, um zu sühnen."

Solche fürchterlichen Aussagen beginnen erst dann “Sinn” zu machen, wenn man die chassidisch-orthodoxe Ratio bei der Auslegung dieses Ereignisses genauer betrachtet. Die sehr fromme Nachkriegselite der Aschkenazi-Juden (die heute 80–85 Prozent der Juden weltweit stellen) interpretieren den Holocaust am eigenen Volk als “Gottes Zorn und Richtspruch” für die Assimilation, der sie sich in den letzten Jahrhunderten freiwillig unterzogen. Dass sie sich haben “verweltlichen lassen” und ihren “heiligen Traditionen” – unter strenger Verwaltung des rabbinisch-autoritären Diktats innerhalb der Schtels – den Rücken kehrten. Scheinbar kann man es den Juden insgesamt nie recht machen: einerseits sehnten sie sich nach Gleichberechtigung und Emanzipation innerhalb der nicht-jüdischen, christlichen Nationen Europas – andererseits bedauerten die ultraorthodoxen, ultrastrengen und frommen Rabbis derselben Gebiete, dass sie wegen der “jüdischen Emanzipation” Gemeindemitglieder an die europäischen Städte und ihre Universitäten, Institute und Industrie-Konglomerate in rasanter Geschwindigkeit verlieren.

Oder die Aussagen des weltbekannten, extrem einflussreichen Rabbis Menachem Mendel Schneersons (1902-1994) von 1980, die der Haaretz-Autor Yehuda Bauer unter dem Titel “God is a surgeon” (zu Deutsch etwa: “Gott ist ein Chirurg”) 2007 publizierte:

Zum Thema Holocaust schrieb der Rebbe wie folgt: ‘Es ist klar, dass “kein Böses von oben herab kommt”, und dass in den Qualen und Leiden ein Kern von erhabenem spirituellem Gut verborgen ist. Nicht alle Menschen sind in der Lage, ihn wahrzunehmen, aber er ist sehr präsent. Es ist also nicht unmöglich, dass die physische Zerstörung des Holocausts spirituell nützlich ist. Im Gegenteil, es ist durchaus möglich, dass physisches Leid gut für den Geist ist’.
Schneerson vergleicht Gott mit einem Chirurgen, der einem Patienten ein Glied amputiert, um sein Leben zu retten. Das Glied ‘ist unheilbar krank ... Der Heilige, gesegnet sei Er, sucht wie der Professor-Chirurg ... das Wohl Israels, und in der Tat, alles, was Er tut, geschieht für das Gute.... Im geistigen Sinne wurde kein Schaden angerichtet, denn der ewige Geist des jüdischen Volkes wurde nicht zerstört.’
Der Standpunkt des Rebben ist also klar: Der Holocaust war eine gute Sache, weil er ein krankes Glied des jüdischen Volkes - mit anderen Worten, die Millionen, die im Holocaust umkamen - abtrennte, um das jüdische Volk von seinen Sünden zu reinigen.

Der letzte Teil der Interpretation Bauers ähnelt den direkteren Aussagen von Rabbi Ovadia Yosef von vorher. Bauer setzt fort mit einer theologischen Gegenüberstellung zur tieferen Bedeutung des Holocaust innerhalb der de facto Anführer des Judentums:

Schneerson akzeptiert nicht die Idee des ‘hester panim’, des abgewandten Antlitzes Gottes, um zu erklären, warum er nicht anwesend war, als 1,5 Millionen jüdische Kinder ermordet wurden. Nach Ansicht einiger religiöser Juden war dieser ‘hester panim’ eine Folge der Sünden der Menschen, vor allem der Sünden des jüdischen Volkes. Schneerson sagt, dass Gott da war und dass er wollte, dass der Holocaust stattfindet. Da es seiner Meinung nach aber unvorstellbar ist, dass Gott Böses tut, stellt er den Holocaust als ein positives Ereignis dar, vor allem für die Juden.

Noch mal zusammenfassend: In manchen rabbinischen Kreisen wird also behauptet, dass “die Sünde” dieser im Holocaust ermordeten, europäischen Juden (oder das, wofür sie “sühnten”) in ihrer Verweltlichung und der Assimilation in die anderen Völker bestand — und damit, in ihrer Weigerung, dem zionistischen Ruf, zurück ins Gelobte Land, zu folgen. Daran ist auch der “Messias”-Begriff innerhalb des chassidischen Judentums – besonders bei seiner bekanntesten und einflussreichsten Sekte, Chabad Lubavitch, gekoppelt. Laut deren Exegese wird die Persona “des Messias” dualistisch interpretiert: ja, es soll durchaus ein charismatisches Individuum sein, eine jüdische Person, die die Juden aus einem territorial voll erschlossenen “Staat Israel” politisch anführt. Aber die zweite Interpretation ist das Volk selbst. Das jüdische Volk selbst wird als der kollektive “Messias” verstanden und gedeutet. Nämlich der, welcher aus der Diaspora zurück ins heutige Israel kehrt und dort gesammelt wird. Mit dieser esoterischen Deutungsbrille, ist auch die rare Begegnung von 1990 zwischen dem jungen zionistisch-talmudischen Adepten Benjamin Netanyahu und Menachem Schneerson klarer zu deuten. Rebbe Schneerson erklärt, dass viele Dinge sich geändert hätten in der Zwischenzeit,

— was sich jedoch nicht geändert hat, ist, dass Moshiach [Messias] immer noch nicht gekommen ist. Tun Sie also etwas, um sein Kommen zu beschleunigen.

Nach dem Netanyahu stotternd beteuert, dass er und seine Truppe sich ja bemühen würden und viel dazu tun, erwidert Schneerson fordernd:

Offensichtlich nicht genug.

Der gute Rebbe meinte damit schlicht und ergreifend, dass noch nicht alle Juden der Welt sich im heutigen Israel gebündelt haben und dass Israel noch nicht seine finale, geografisch-politische Form erreicht hat.

[Über den enormen, religiösen Unterbau des Konfliktes werde ich noch in Teil 2 genauer berichten.]

Zionismus und Nazismus: gemeinsame Ziele?

Wie steht es mit der in verschwörungstheoretischen Kreisen manchmal erklingenden Behauptung (sogar in rabbinischen Kreisen), dass Adolf Hitler einer der größten Zionisten überhaupt war? 

Denn noch vor der nationalsozialistischen Endlösung der Judenfrage um das Jahr 1941 formte sich eine tatsächlich seltsame, selbstverständlich aus der üblichen Berichterstattung freundlich herausgehaltene, “unheilige Allianz” zwischen den deutschen Nazis unter Adolf Hitler und den globalen, jüdischen Zionisten – aus dem Jahr 1933. Dieses “Ha’avara-Abkommen” heißt auf Englisch “Transfer Agreement” und vereinbarte in sich ein gemeinsames Ziel beider extremistisch-fanatischer Gruppen: Die europäischen Juden sollten den alten Kontinent gänzlich verlassen. Warum die Nazis das wollten, ist ohne weitere Mühe evident. Die Zionisten jedoch trachteten danach, weil sie die nötige demografische Kraft und Wucht brauchten, um Palästina mit jüdischen Einwanderern zu überschwemmen, bevor das “britische Mandat” für Palästina auslaufen würde und das opportune Tor sich vorerst wieder schließt. Jüdische Historiker wie Lenni Brenner und Edwin Black schrieben über dieses heute weitestgehend unbekannte Abkommen. In der Gegenwart wenig abgehandelt – nicht zuletzt deshalb, da es ein komplizierteres, dubioseres Licht auf den Zionismus scheinen lässt. Brenners “51 Documents - Zionist Collaboration with the Nazis” und “Zionism in the Age of the Dictators” sowie Blacks “The Transfer Agreement” sind da Lektüren, die besonders zu empfehlen sind.

Dieses Vermächtnis, welches davon zeugt, dass die extremistischen Zionisten von damals sich vor keiner Kollaboration scheuten, um ihre Ziele zu erreichen, ist auch heute noch bedeutend. Mit der Vertreibung und Tötung der Palästinenser durch die zionistischen Juden im nun besetzen Palästina (ab 1947/48) wurden die Opfer (Europas) erstmals zu Tätern (im Nahen Osten).

Dass der Staat Israel den Gazastreifen seit Jahren als größtes Konzentrationslager der Erde betreibt und stetig weiter einkesselt, müsste eigentlich als Fakt – dass Israel im historischen Unrecht steht – herhalten. Die eigentliche Politik Israels gegenüber der Handhabe von Gaza und deren Langzeit-Strategie, ist also, den Palästinensern alle fundamentalen Grundlagen für eine autonome (geschweige denn souveräne) Staatsexistenz in der Region abzuwürgen. Und auch heute gilt es, ein gewisses Ziel zu erreichen. Mit welchen Mitteln aber?

Israels Golem? – Ursprung der Hamas

Die folgende Aussage hätte nicht von “noch ersterer Hand” kommen können. Haaretz zitierte den damaligen und heute wieder amtierenden Premierminister Israels, Benjamin Netanjahu, mit folgenden Worten:

Jeder, der die Gründung eines palästinensischen Staates vereiteln will, muss die Hamas unterstützen und Geld an die Hamas überweisen, 

sagte er bei einem Treffen der Knesset-Mitglieder seiner Likud-Partei im März 2019.

Das ist Teil unserer Strategie – die Palästinenser in Gaza von den Palästinensern im Westjordanland zu isolieren.

[Diese erzwichtige, wahre Motive bloßstellende Aussage verknüpfen wir gleich.]

Klingt nicht wirklich nach einem Mann, der großen Elan für eine Zwei-Staaten-Lösung hegt. Eher motiviert ihn eine “Teile & Herrsche”-Balkanisierung der palästinensischen Territorien an Israels Peripherien zur weiteren geografischen Ausdehnung des Judenstaats durch u. a. die religiös-fanatisch aufgeladene Siedler-Politik.

Außerdem konstatierte der frühere SED-Anwalt, PDS-Gründer und heutige Die Linke-Politiker, Gregor Gysi öffentlich im Dezember 2014 im Bundestag:

Der ‘Islamische Staat’ ist aus al-Qaida entstanden. Wer hat al-Qaida gegründet? Die USA damals in Afghanistan im Kampf gegen die Sowjetunion. (...) Es war übrigens der israelische Geheimdienst, der als Konkurrenz zur PLO die Hamas gegründet hat.

Meine Güte — stimmt das überhaupt, was da gegen unsere Götzen, die Amis (und deren und unsere Götzen, die Israelis) geschwurbelt wird? Laut dem unabhängigen, libertären (also in unserer heutigen, aufgeklärten und politologisch sensibilisierten BRDDDR: “ein Nazi”) US-Abgeordneten Ron Paul und seinen Aussagen im US-Kongress im September 2009, ja:

Wenn Sie sich die Geschichte der Hamas ansehen, werden Sie feststellen, dass die Hamas von Israel ermutigt und wirklich gegründet wurde. Denn sie wollten, dass die Hamas ein Gegengewicht zu Jassir Arafat [PLO] bildet. Wir sagten, ja, das war damals besser und erfüllte seinen Zweck, aber wir wollten nicht, dass die Hamas dies und jenes tut, also sagten wir als Amerikaner: ‘Nun, wir haben so ein gutes System, wir werden es der Welt aufzwingen, wir werden in den Irak einmarschieren und den Menschen beibringen, wie man demokratisch ist. Wir wollen freie Wahlen, also ermutigen wir die Palästinenser, freie Wahlen abzuhalten’: Sie tun es, und sie wählen die Hamas. Wir helfen also zunächst indirekt und direkt durch Israel bei der Gründung der Hamas. Dann haben wir Wahlen. Dann wird die Hamas dominant, also müssen wir sie töten.

Herr Paul sprach bereits in aller Öffentlichkeit Klartext, als Hamas erst drei Jahre im Gazastreifen an der Macht war (seit 2006).

Weitere Indizien dafür, dass Hamas ein Sorgenkind des Mossad war, sind Aussagen von den hohen Beteiligten auf israelischer Seite selbst. Dazu gehören der ehemalige israelische Brigadegeneral Yitzhak Segev, der in den frühen 1980er Jahren israelischer Militärgouverneur in Gaza war. Segev gestand der New York Times, dass er die palästinensische islamistische Bewegung als “Gegengewicht” zu den Linken und Säkularisten der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und der Fatah-Partei unter der Führung von Jassir Arafat mitfinanziert hatte. Selbst Arafat  bezeichnete die Hamas als “eine Kreatur Israels”. Laut Segev gab es ein üppiges Militärbudget vom jüdischen Staat für ihn selbst und für die extremistisch-islamistischen Gruppierungen (meist unter Deckung von Moscheen), die später zur Hamas werden würde.

Zu meinem großen Bedauern ist die Hamas eine Schöpfung Israels,

sagte Avner Cohen dem Wall Street Journal im Jahr 2009. Cohen ist ein ehemaliger israelischer Beamter für religiöse Angelegenheiten, der mehr als zwei Dekaden im Gazastreifen aktiv war. Ein gerechter und ethisch standhafter unter den Israelis, da Cohen sogar einen Militär-Bericht an seine Vorgesetzten richtete, wo er explizit vor der machiavellistischen “Teile-und-Herrsche”-Strategie in den palästinensischen Gebieten warnte. Das war noch Mitte der 1980er Jahre. Er wurde nicht erhört. Lange hatte Israel die PLO auch als Terror-Organisation verstanden. Als die PLO ihr Credo, Israel vernichtet bzw. aufgelöst zu sehen, aufgab, machte sich Israel auf, einen extremistischen, aber “lenkbaren” Nachfolger für die nun gemäßigte PLO zu finden, die gegen selbige PLO gerichtet werden könnte.

Hinter jedem Ereignis, dass einem von den Massenmedien unterbreitet wird, steckt eine verdeckte, elaborierte Kausalkette aus langfristig un- oder unterberichteten Vorgängen. Es ist nur bezeichnend, dass sich die westliche Öffentlichkeit erst mit dem jüngsten Hamas-Angriff im Oktober 2023 auf solch einer enormen Skala der Erreichbarkeit und Modulierbarkeit der Zuschauer, mitreißen und begeistern ließ. Sehr viele der gut meinenden und emotional betroffenen “Gelegenheitsexperten” und Meinungsinfluencer in den sozialen Medien sind perplex und empört über die weltweit verhältnismäßig große Solidarität mit Palästina und den Palästinensern. Denn für sie ist diese Solidarität singulär und einzig an diesen jüngsten Hamas-Angriff gekoppelt. So entsteht das Bild der “barbarischen Palästinenser”, die nun laut den empörten Zionisten vom blutigen Erdboden gefegt werden sollen. Und ja, es gibt gleichzeitig Palästina-Unterstützer, die auch gezielt eben diesen terroristisch geführten Angriff gegen israelische Zivilisten preisen und feiern – was wiederum auch strengstens zu verurteilen ist.

Der “israelische 11. September”

Die einfältigen Medien-Magier und Rattenfänger bei der BILD haben es vorgemacht. Deren große Schlagzeile (basierend auf einer “Expertenmeinung”): “Das ist Israels 11. September”

Es schmerzt wahrlich, all die Ironie in diesem Begriff auf einmal verdauen zu müssen. Jeder kennt die exoterische Auslegung dieses Konzepts: “Israel – wie 22 Jahre zuvor deren großer Bruder, die USA – wurde aufrichtig und nichts ahnend von einer fremden, terroristischen Macht hinterhältig (aber ohne Hintergrund) und menschenverachtend überfallen.”

Auch wenn die US-Massenmedien das nicht widerspiegeln, gibt es verblüffend viele Amerikaner, die sich dessen bewusst sind, dass ihre eigene Regierung in den Ereignissen vorsätzlich verstrickt war. Erstens. Der US-amerikanische 11. September 2001 (ab hier: 9/11) war ein sogenannter “Inside Job”. Das heißt, die US-amerikanischen Geheimdienste und (zumindest) große Teile des US-Regierungsestablishments (der "tiefe Staat") waren sehr wohl nicht nur im Bilde, sondern wussten auch, dass und wie das Ereignis stattfinden wird – sie haben es selbst geplant und verursacht. Wie genau? Offensichtlich durch hoch-präzise, kontrollierte Sprengungen an den drei Gebäuden selbst (WTC1, WTC2 und das WTC7, auch “Salomon Brothers building” genannt, welches sogar von keinem “Flugzeug” getroffen wurde) und der Ausschaltung der eigenen Luftwaffe und des atlantischen Luftabwehrsystems. Warum? Um das bereits im Vorhinein fertig gescriptete US-Gesetz “Patriot Act” und die spätere Obama-Gesetzesserie “National Defense Authorization Act” (NDAA) zu verabschieden, welche allesamt US-Bürgerrechte dramatisch einschränken würde und “neue Mandate” für völkerrechtswidrige und bereits geplante Kriege in Afghanistan und im Irak ermöglicht. Nur für einen Angriff auf den Iran hat der Atem der Pax Americana nicht mehr gereicht, wie Wesley Clark mal bei Democracy Now! in einem sitzenden Stand-up eingestand. Wenn man also weiß, dass 9/11 ein von Washington D.C. und Tel Aviv damals selbst inszeniertes Theaterstück war, in dem man die Tötung eigener Staatsbürger für ein “höheres Machtziel” locker-flockig in Kauf nahm, ist die debile BILD-Schlagzeile von vor Kurzem umso bloßstellender. Was ich also eigentlich mit "Ironie" in der BILD-Headline meine: auf obskure, unfreiwillig aufrichtige Weise lagen sie mit ihr richtig. Wer es weiß, der weiß es, sozusagen.

Denn dass der israelische Mossad Ressourcen-technisch zu sehr “mit und in der Ukraine” beschäftigt war, oder, dass der Mossad sich “stur gegen ägyptische Warnungen vor einem nahenden Hamas-Angriff” gesträubt hatte und diesen “nicht für möglich hielt” wird zwar jetzt als Rechtfertigung von den meisten Experten herausposaunt, aber die Glaubwürdigkeit dessen ist schwer zu etablieren. Zudem war das viel zitierte, immer hitzig gelobte Luftabwehr-System Israels “Iron Dome” auch zufällig genau für die Zeit des Angriffs ausgeschaltet. Ja, es gibt unabhängige Militäranalysen, die sich bemühen ein Argument zu bauen, welches besagt, dass die Hamas auf vollkommen neue Art und Weise für sie untypische Kriegsführung angewendet haben, welche die Israelis zu leichtsinnig von der Hand gewiesen haben und sich vollkommen dabei überschätzt hätten. Sehenswert ja, aber für mich weiterhin kaum überzeugend.

Wie genau das im Kontext des Hamas-Angriffs zu bewerten ist, wird erst die Zeit zeigen, aber bei seiner UNO-Rede am 22. September 2023, hatte Netanyahu sein Projekt eines “Neuen Nahen [Mittleren] Ostens” vorgestellt, dessen neueste Basis ein baldiges israelisch-saudi-arabisches Friedensabkommen gewesen wäre. Die eine Auslegung besagt, die Hamas wollte mit ihrem Angriff diesen Prozess stören. Um stattdessen eine wiederauflebende Verfeindung der anderen arabischen Nachbarn Israels gegen den jüdischen Staat zu stimulieren. Die andere Auslegung ist, dass Israel ein gänzlich disfunktionales Gaza braucht für das supranationale Projekt, von dem Netanyahu zwei Wochen zuvor in New York so schwärmte. Ein Gaza, das von einem okkupiertem Gebiet zu einem entvölkerten Niemandsland konvertiert wird, welches Israel dann schlucken kann. Wie sonst erklärt man sich, dass auf Netanyahus beiden Karten (1948 + 2023) vor ein paar Wochen im September bei der UNO weder Gaza noch das Westjordanland markiert waren? Ein vollends souveräner Staat Palästina wäre ein seriöser Störfaktor in Netanyahus zionistisch geführten “Neuen Nahen [Mittleren] Ostens”. Innerhalb des “israelischen 9/11” lockten die israelischen Geheimdienste die Hamas mit bis zur Absurdität vernachlässigten, israelischen Grenzposten und ließen grausamen, aber kontrollierten Kollateralschaden an der eigenen Bevölkerung zu, um dann die Carte blanche zu ziehen, die Palästinenser insgesamt zu dezimieren und diesen Genozid der extremistisch-fanatischen Hamas anzuheften.

Versuche, “Israel” woanders zu erschaffen

Es gab Bestrebungen, einen jüdischen Staat auf der Insel Madagaskar zu gründen – daher bildete sich zum Beispiel in den Zwischenkriegsjahren auch das polnische Motto “Żydzi na Madagaskar” (also ungefähr “Juden auf/ nach Madagaskar”) heraus. Dieses basierte auf einer polnisch-französisch-zionistischen Initiative, welche schleppend vorrangig und mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges gänzlich abgewürgt wurde, bevor sie kurzzeitig vom NS-Regime nochmal als “Madagaskar-Plan” aufgegriffen wurde. 

Es gab britische Projekte ganz am Anfang des 20. Jahrhunderts, wie das sogenannte “Uganda-Programm”, welches einen Teil von Britisch-Ostafrika eingenommen hätte – heute Kenia. Selbst Josef Stalin bot den Juden der Sowjetunion (und der Welt) in einem Jüdischen Autonomen Gebiet freie Kulturauslebung (innerhalb eines sozialistischen Rahmens, versteht sich) im Fernosten des Landes an.

Theodor Herzl war sogar für solche Varianten bereit (besonders Madagaskar). Weizmann dagegen bestand auf Palästina und wollte das britische Mandat (geltend seit 1917–20) dort eingelöst sehen.

Es gibt an den Peripherien gezähmte historische Arbeitshypothesen, die bis heute die Möglichkeit prüfen, ob der Erste Weltkrieg nicht eigentlich die genauen westlichen Ziele hatte, das Russische Imperium und das Osmanische Reich zu zerschlagen. Warum nur? Ersteres, um das jüdisch-demografische Potenzial zu erschließen und ein “Neu-Bevölkern” Palästinas zu entfachen. Denn seit den polnischen Teilungen hat sich die jüdische Diaspora stark nach Russland verschoben. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts popularisierten sich die zionistischen Organisationen weltweit und viele Juden wurden Mitglieder und Verfechter der Idee. Im Russischen Imperium gab es oft jüdische Haushalte, in der das eine Kind sich dem Zionismus, das andere Kind dem Kommunismus verschrieb – beide Seiten aber blieben stets ihrem kulturell-ethnischen Erbe treu.

Jedem sind die Bücher des vom Anti Defamation League-Umfeld als “selbsthassend” stigmatisierten, jüdisch-amerikanischen Historikers und Politologen Norman Finkelstein empfohlen. “Die Holocaust-Industrie” (2001) und seine Titel zum palästinensisch-israelischem Konflikt sind wichtige Referenzen, um in der dominierenden proisraelischen Propaganda über die “Plötzlichkeit des Konflikts” und die darin lungernde “Alleinschuld der Araber”, ein Antidot hin zu einem holistischerem Bild zu zu erhalten. Bereits in der Einleitung zu seinem kontrovers vernommenen Werk “Die Holocaust-Industrie” macht Finkelstein – dessen Eltern beide mehrere deutsche KZs überlebten, darunter Auschwitz und Majdanek – seine Position klar:

Ich werde argumentieren, dass "Der Holocaust" eine ideologische Darstellung des nationalsozialistischen Holocausts ist. Wie die meisten Ideologien hat er eine, wenn auch schwache, Verbindung zur Realität. Der Holocaust ist kein willkürliches, sondern vielmehr ein in sich schlüssiges Konstrukt. Seine zentralen Dogmen stützen bedeutende politische und Klasseninteressen. In der Tat hat sich der Holocaust als unverzichtbare ideologische Waffe erwiesen. Durch seinen Einsatz hat sich eine der stärksten Militärmächte der Welt mit einer horrenden Menschenrechtsbilanz als "Opferstaat" inszeniert, und die erfolgreichste ethnische Gruppe in den Vereinigten Staaten hat sich ebenfalls einen Opferstatus erworben. Aus dieser vermeintlichen Opferrolle ergeben sich beträchtliche Vorteile - insbesondere die Immunität gegenüber Kritik, wie berechtigt sie auch sein mag. Diejenigen, die diese Immunität genießen, sind, wie ich hinzufügen möchte, nicht der moralischen Korrumpierung entgangen, die damit typischerweise einhergeht.

Das Express-Puppentheater — CNN, und die Dringlichkeit der Deutungshoheit 

Neben all der hochgradig selektiven Berichterstattung sehen die proisraelischen Weltsystemmedien trotzdem die Not, auch gewisse Narrative schlicht und ergreifend zu konstruieren und damit – zu lügen. Wie es eines der jüngsten Beispiele von CNN zeigte, als die Reporterin über hörbaren Funk von ihrem Producer in einer nicht bedrohlichen Lage Regie geführt wurde, um eine Echtzeit-Szene der vermeintlich “unmittelbaren Gefahr” durch die Hamas zu generieren. Diese Art des Zynismus, gerechtfertigt durch das Konzept der “Noblen Lüge” ist seit vielen Jahrzehnten bedauerlicherweise gang und gäbe – und bedarf regelmäßiger Dechiffrierung, die natürlich in den meisten Fällen viel zu spät ankommt, wenn überhaupt. Eine konstruierte Mise en Scène, die der Wirklichkeit nicht entspricht und nur Anspruch hat auf die Illusion ihrer, um eine einzige Auslegung der Ereignisse zu forcieren. Das schadet auch der ohnehin extrem angeschlagenen, ausgehöhlten Zunft des Journalismus. Letztendlich devaluiert das auch die wirklichen Opfer unter der israelischen Zivilbevölkerung. Ganz zu schweigen von den (unterschlagenen) Berichten über die Opfer auf palästinensischer Seite – laufend in den letzten Jahren, sowie seit ein paar Tagen.

Noch eine CNN-Perle war die Behauptung von deren Nachrichtensprecherin Sara Sidner, dass man nach dem Hamas-Angriff in Süd-Israel in einem Kibbuz

enthauptete Babys und Säuglinge

vorfand. Sidner berief sich zwar auf das Büro von Netanyahu, aber nachdem dieses ein Tag später die Behauptung wieder zurückgezogen hatte, musste auch Sidner eingestehen, dass sie

mit ihren Worten hätte vorsichtiger sein müssen.

Erstes Fazit

Der israelisch-palästinensische Konflikt ist der mit Abstand größte politische Krampf weltweit, seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Ich bin kein Zionist, weshalb ich nicht fanatisch auf die Unabdingbarkeit eines jüdischen Staates geografisch GENAU dort im religiös-rassischen Heizkessel Palästinas bestehe. Besonders nicht, wenn der Staat Israel selber eine Zwei-Staaten-Lösung – wie bereits mit Netanyahus Zitat nachgewiesen – langfristig und vehement sabotiert. Für viele macht mich das bereits zum "gefährlichen Antisemiten". 

Dabei sind es auch die israelischen Regierungen gewesen, die eine Ein-Staat-Lösung ebenfalls ablehnen. Die israelische Bevölkerung würde einen derart demografischen Schock an Palästinensern erleben, dass sofort bei der nächsten Knesset-Wahl der jüdische Staat selbst abgewählt werden würde. Das weiß Israel.

Genau deshalb verblieben die Palästinenser in ihrem Okkupationslimbo, der geografisch von den fanatischen Zionisten, wie ein Korsett aus Stacheldraht, immer enger geschnallt wurde und wird. Das wiederum stärkt den islamistischen Fanatismus. Worauf man wieder mit einem historischen Verlustverhältnis von anfangs “1 zu 100”, um daraufhin auf “1 zu 1000” (Israel — Palästina) aufdrehen kann, um den Genozid an den Palästinensern voranzutreiben — wie die jetzige Bombardierung Palästinas durch das israelische Verbrecherregime klar zeigt. Und der (von der Propaganda der Holocaust-Industrie betäubte) Westen ist vollkommen impotent, verblendet und kognitiv verworren, um dort echten, unvoreingenommenen, wahrhaftigen Frieden zu stiften. Niemand traut sich, Israel aufzufordern, gefälligst zumindest an seine Grenzen von 1967 zurückzugehen und unterwürfig die Zwei-Staaten-Lösung verbindlich zu ratifizieren. 

Wenn die Palästinenser keinen vollwertigen Staat haben dürfen, so doch sicherlich auch nicht die Israelis. Dann lieber ein “Osmanisches Reich 2.0”, welches all den fanatischen Wahnsinn bündelt, mäßigt und pazifiziert. Keine Autonomie, keine Souveränität – ja, okay – aber dafür endlich wieder nach über 100 Jahren einigermaßen Frieden für einfache Menschen und Familien verschiedener Glaubensrichtungen und Ethnien.

Ich fühle mich zurückerinnert an einen meiner Lieblingsmusiker: den polnischen Freidenker und größten Dichter Polens der Nachkriegszeit, Kazik Staszewski, der unter seinem Soloprojekt Kazik 1991 sein Debüt-Album namens “Spalam się” (zu Deutsch ungefähr: “Ich verbrenne mich”) herausbrachte. Auf der Platte war das Lied “Bagdad”. Nicht ganz der israelisch-arabische Konflikt, da es sich damals um den Zweiten Golfkrieg handelte, aus dem der langjährige CNN-Korrespondent Peter Arnett berichtete und Kazik hier erwähnt.

Aber dennoch, hier der Liedtext: [von mir aus dem Polnischen übersetzt] 

Es geht also kaum um die fehlende “Verantwortung der Intellektuellen”, einen selbst aufopfernden, aufklärerischen Ansatz beim gesellschaftlichen Diskurs zu verfolgen – dessen Fehlen Noam Chomsky schon in seinem Essay 1967 beklagt hatte. Es sind vielmehr die mutigen, der Zensur und dem pandemischen, gleichschaltenden Konformismus trotzenden Dichter, die uns heute bitter fehlen – wenn man bedenkt, dass ein einziges Lied von vor 32 Jahren die Tragik und sogar den eigentlichen Kontext der ewigen Kriegsstimmung im Nahen Osten besser erfasst, als jahrzehntelange, voreingenommene Dauerbeschallung durch die zentralisierte Ton-, Buchstaben, und Bildschleuder.


[Wie mehrfach im obigen Text angespielt, wird demnächst der ZWEITE TEIL dieser Artikel-Reihe verfasst und publiziert. Schwerpunkt: die religiöse Dimension und der tiefe Unterbau seiner beim israelisch-palästinensischem bzw. jüdisch-arabischen Konflikt im Nahen Osten.]


Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Chintsky publiziert unter anderem für RT DE und das Nachrichtenmagazin Hintergrund. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.























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