Heckler & Koch HK416 A8 – das kann das neue Sturmgewehr der Bundeswehr

Heckler & Koch HK416 A8 – das kann das neue Sturmgewehr der Bundeswehr

www.stern.de - Gernot Kramper

von Gernot Kramper

Das neue Sturmgewehr der Bundeswehr kommt vom selben Hersteller wie der Vorgänger. Das HK416 kombiniert das Beste des G36 und der AR-15-Familie. Es ist eine erprobte und bewährte Waffe und die Bundeswehr sollte vor bösen Überraschungen sicher sein.

Noch unter Ursula von der Leyen wurde entschieden, dass die Bundeswehr das Sturmgewehr G36 ausmustern würde. Als Grund wurde genannt, dass die Präzision des bei der Truppe beliebten G36 bei langem Dauerfeuer leidet. Dafür wurde der Hersteller mit scharfen Worten verantwortlich gemacht, doch die renommierte Waffenschmiede Heckler & Koch wollte diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen und wehrte sich. Erfolgreich, dabei kamen peinliche Einsichten in die Irrwege der Beschaffungsbürokratie zu Tage. Etwa, dass es sehr wohl eine Version des G36 gegeben hat, die die Hitze vertragen hätte, die Bundeswehr hatte jedoch die Mehrkosten für das teurere Material eingespart.

So sieht das Modell der Bundwehr bislang aus: HK416 A8
© Bundeswehr / PR

Stolpersteine auf dem Weg zum neuen Sturmgewehr

Der Weg zu einem neuen Standardgewehr war mehr als holprig. Zunächst setzte sich das MK 556 von Haenel durch. Das ist eine Traditionsfirma, die immerhin das legendäre "Sturmgewehr 44" entwickelt hat. Haenel war dennoch Außenseiter, weil die Firma keine aktuelle Erfahrung in der Produktion von Sturmgewehren hatte. Die Firma aus Suhl ist allerdings nicht unabhängig. Sie gehört zur Merkel-Gruppe, die wiederum Teil der Tawazun Holding aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist. Diese Gruppe wiederum ist Eigentümerin des Waffenproduzenten Caracal. Die Waffe von Haenel MK556 basiert auf dem Sturmgewehr Caracal Automatic Rifle (CAR) 816, das wiederum im weiteren Sinne zur AR-15 Familie gehört. Sie nimmt Momente des Entwurfs des amerikanischen Konstrukteurs Eugene Stoner aus den 1950er-Jahren auf.

Gegen die Entscheidung für das MK 556 zog Heckler & Koch zu Felde. Das MK 556 lehnte sich nicht allein an die AR15-Architektur an, sondern auch an die Modelle und Patente von Heckler & Koch. Bei einer neuen Ausschreibung konnte sich das HK416 A8 im Jahr 2021 durchsetzen. Die Konkurrenz setzte eine Prüfung der Entscheidung durch, so kam es, dass erst jetzt der Auftrag für 118.718 neue Sturmgewehre erteilt werden kann. Die Kosten sollen rund 209 Millionen Euro betragen. Pro Gewehr sind das keine 2000 Euro.

Altgediente Waffe

Das Grundmodell HK416 ist keineswegs neu. Es wird seit 2004 hergestellt und ist weltweit im Einsatz. Wie der Bundeswehrvorgänger G36 arbeitet das HK416 mit dem Nato-Kaliber 5,56 × 45. Das "kleine" Kaliber macht es möglich, Waffe und Munition leicht zu halten. Der Schütze kann mehr Patronen mit sich führen, als es beim alten G3 möglich war. Das G3 nutzte das größere Kaliber 7,62 × 51 mm NATO. Sturmgewehr bedeutet eigentlich, dass es sich um eine automatische Waffe mit einem mittleren Kaliber handelt. Auch das Sturmgewehr 44 war ein Vollautomat mit einem Mittelkaliber zwischen Pistole und Gewehr. Es gilt als Ursprung aller Sturmgewehre und gab der Gattung ihren Namen. Wesentlich bekannter wurde allerdings die sowjetische Nachkriegsentwicklung, der Automat Kalaschnikow AK-47. Schussfolge und Kaliber sind also meist geringer als bei einem Maschinengewehr, aber stärker und durchschlagskräftiger als bei einer Maschinenpistole, die Pistolenmunition benutzt. Sturm-Karabiner wäre wohl die korrekte Bezeichnung gewesen.

Je nach Einsatzzweck werden die heutigen Sturmgewehre in verschiedenen Varianten gebaut. Großabnehmer wie die Bundeswehr lassen sich meist ein maßgeschneidertes Modell bauen. Augenscheinlich unterscheiden sich die Varianten in der Länge des Laufes. Ein langer Lauf führt zu höherer Präzision bei großen Distanzen. Ein kurzer Lauf macht die Waffe in engen Räumen beweglicher. Polizei und Spezialkräfte tendieren daher zu einer geringeren Lauflänge.

Das Beste von zwei Vorbildern

Wie alle Sturmgewehre kann das HK416 Einzelschüsse, eine Gruppe von Schüssen (Feuerstoß) oder Dauerfeuer abgeben. Die Munitionszufuhr erfolgt in den militärischen Modellen vollautomatisch, es muss jeweils nur einmal der Auslöser betätigt werden. Das HK416 ist ein sogenannter Gasdrucklader. Das heißt, durch eine Bohrung im Lauf strömt ein Teil der Explosionsgase der Patrone, dieser Gasstoß wird an einen Kolben weitergegeben. Der stößt zurück und treibt so den Verschluss an. Im Fachjargon: Die HK416 nutzt einen Kurzhub-Gasdrucklader mit Drehkopfverschluss. Bei der HK416 kommt es nur zu sehr wenigen Ladehemmungen, weil die Mechanik nicht durch Gase und Rückstände verunreinigt werden kann. Die Grundidee hinter der HK416 war folgende: Wie kombiniert man das sichere Hubsystem des G36 mit der Architektur der AR15, der weltweit erfolgreichsten Familie von Sturmgewehren?

Details werden sich noch ändern

Das Bundeswehr-Modell A8 ist 890 mm lang und wiegt 3,67 Kilogramm. Die A8-Variante erhält einen Lauf von 16,5 Zoll, ein besonderes Griffstück und eine andere Wangenauflage als die A7. Dazu gibt es Aufnahmeschienen für Bajonett und einen 40-mm-Granatwerfer. An den Details der ersten Muster wie dem kurzen Handschutz wurde im Netz bereits gemäkelt, doch sollte man sie nicht überbewerten. Die Waffe geht zur Erprobung an die Bundeswehr, die Erfahrungen in der Praxis fließen in die Serie ein.

Die Entscheidung für das HK416 ist alles andere als eine Revolution. Vom Konzept her ist das HK416 ein sicheres und bewährtes Modell, das seit etwa 20 Jahren weltweit, auch in Deutschland, eingesetzt wird. Da kann kaum was schief gehen, sollte man meinen. Doch die tatsächliche Güte der Bundeswehrmodelle hängt nicht allein vom Konzept ab, sondern auch von der gewählten Ausführung, den Materialien und ihrer Bearbeitung.

Source www.stern.de

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