Gegen die Verfolgung von Dozent:innen für ihr staatsbürgerliches Engagement

Gegen die Verfolgung von Dozent:innen für ihr staatsbürgerliches Engagement

Christoph Wälz (Übersetzung, 21.03.2022)

Der Zentralrat der unabhängigen Gewerkschaft der Hochschulbeschäftigten "Universitäre Solidarität" (Russland) erklärte am 21.03.2022:


Die so genannte Spezialoperation der russischen Truppen in der Ukraine, die zu menschlichen Opfern und Zerstörungen führt, hat die Menschenrechtslage in Russland selbst ernsthaft erschwert. Vom Staat unabhängige Medien werden abgeschafft, soziale Netzwerke werden blockiert, es werden Gesetze erlassen, die die Meinungsfreiheit stark einschränken, man kann faktisch sogar von der Einführung einer Kriegszensur sprechen.

Auch die Arbeitsrechte der Dozent:innen und die akademischen Freiheiten sind bedroht. Die Universitätsleitungen üben Druck auf Hochschulmitarbeiter:innen aus, die sich offen gegen den Krieg aussprechen, und einige Kolleg:innen werden gegen ihren Willen entlassen. Solche Fälle wurden insbesondere an der Staatlichen Rechtsakademie Saratow, der Geisteswissenschaftlichen Universität in St. Petersburg, der Staatlichen Pädiatrischen Medizinischen Universität St. Petersburg, der Staatlichen Pädagogischen Universität Ural, der Staatlichen Universität Adygei, der Hochschule für Ökonomie und einigen anderen verzeichnet. Auch Studierende werden unter Druck gesetzt und rechtswidrig mit Verweisen und Exmatrikulation bedroht, wenn sie sich an friedlichen Anti-Kriegs-Protesten beteiligen.

Die Gewerkschaft Universitäre Solidarität verurteilt entschieden jede Verfolgung von Lehrkräften und Studierenden wegen ihres staatsbürgerlichen Engagements. Wir fordern alle Kolleg:innen, die Verstöße gegen ihre Arbeitsrechte erlebt haben, auf, diese der Gewerkschaft zu melden und sich der Universitären Solidarität anzuschließen, um gemeinsam gegen den Missbrauch der Bildung durch die Verwaltungsspitzen vorzugehen.

Gleichzeitig nimmt die internationale Isolierung Russlands, zu der auch die Abschottung der russischen akademischen Gemeinschaft gehört, rasch zu. Die Wissenschaft, die von Natur aus international ist, kann sich nicht isoliert entwickeln. Längst nicht alle russischen Forscher:innen und Dozent:innen unterstützen die so genannte Spezialoperation, so dass ein vollständiger akademischer Boykott gegen sie unlogisch und schädlich wäre. Wir appellieren an die internationale akademische und pädagogische Gemeinschaft, sich mit den Kolleg:innen in der Ukraine und in Russland zu solidarisieren.

Es besteht kein Zweifel, dass die Isolierung des Landes zu einem weitreichenden Niedergang der Wirtschaft, einer Verschärfung der sozialen Probleme und infolgedessen zu einem Rückgang des Lebensstandards führen wird. Der bereits begonnene Preisanstieg wird zu einer erheblichen Verschlechterung der Lage aller russischen Bürger:innen, einschließlich der Dozent:innen, führen.

Heute, unter den Bedingungen einer obsessiven Propaganda eines militaristischen Patriotismus, ist es wichtig zu betonen, dass wahrer Patriotismus nicht darin besteht, den Behörden zu gefallen und ihre Handlungen zu billigen, sondern darin, die Grundsätze des Rechts, des Humanismus und des Friedens in seinem Land durchzusetzen. Wir hoffen, dass die Mehrheit unserer Kolleg:innen dieses Verständnis der Liebe zur Heimat teilt.

Im Kampf werden wir unser Recht erringen!


Quelle: https://unisolidarity.ru/?p=8903

Übersetzung: Christoph Wälz (https://linktr.ee/ChristophWaelz)

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