Flüchtlingskrise: Ministerpräsidenten wollen mehr Geld Bund
test.rtde.websiteDie Ministerpräsidentenkonferenz will bedeutend mehr Geld vom Bund, um die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Migranten auch in Zukunft bezahlen zu können. Grundsätzliche Kritik am wachsenden Migrationsdruck äußerte nur der Ministerpräsident von Sachsen.
In Berlin findet heute die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) statt. Neben energiepolitischen Themen soll es vor allem um das Thema Flüchtlinge und Migration gehen. Bereits im Vorfeld der Konferenz äußerten einzelne Ministerpräsidenten Kritik an der bestehenden Finanzierung von Kosten für Flüchtlings- und Migrationsströme und forderten mehr Geld vom Bund. Ein Sondergipfel zu dem Thema, an dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz teilnehmen soll, wurde für den 10. Mai angesetzt.
Im ARD-Morgenmagazin sagte der Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), dass die Kosten für die Länder im letzten Jahr gestiegen seien, und in diesem Jahr scheine es so weiterzugehen. Die bisherigen Zuwendungen des Bundes seien unzureichend. In Niedersachsen würde nur ein Sechstel der Kosten vom Bund getragen werden. Aus seiner Sicht wäre eine 50-50-Regelung fair:
"So wie es jetzt ist, kann es mit Sicherheit nicht bleiben."
Neben der Frage der Finanzierung sind auch fehlende Unterkünfte ein Problem. So wurde im Vorfeld der MPK auch die Bereitstellung zusätzlicher Unterkünfte, die sich im Besitz des Bundes befinden, gefordert. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte, das Ziel sei "keine Turnhallenbelegung in der Hauptstadt, so wie wir es 2015 gemacht haben".
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), forderte, die Pro-Kopf-Finanzierung von 2016 wieder einzuführen. Im Beschlussvorschlag, den die MPK mehreren Medien im Vorfeld des Gipfels zukommen ließ, ist von 670 Euro pro Kopf die Rede. Zudem solle der Bund die Kosten für Unterkünfte vollständig übernehmen und die Mittel für minderjährige Ausländer finanzieren.
Kretschmer fordert Sicherung der EU-Außengrenzen
Kritik am Flüchtlingsstrom selbst äußerte nur Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte er, dass die Bundesregierung den Zustrom aus dem Ausland begrenzen müsse und seine freiwilligen Aufnahmeprogramme einstellen solle. Im Rahmen des größten Aufnahmeprogramms zwischen der EU und der Türkei nimmt Deutschland jährlich 3.000 Syrer und Staatenlose aus der Türkei auf. Zudem solle, so Kretschmer, die EU-Außengrenze zwischen der Türkei und Bulgarien gesichert werden, wie es bei der polnisch-weißrussischen Grenze der Fall ist.
"Das gesellschaftliche Klima muss so sein, dass wir offen darüber reden können, dass Fachkräfte zu uns kommen und dass wir jetzt nicht die Stimmung verderben durch falsches Handeln."
Kretschmer, auf den 2024 eine Landtagswahl zukommt, schielte in seiner Forderung womöglich auf aktuelle Umfragen. Denen zufolge wäre die migrationskritische AfD mit der CDU in Sachsen aktuell gleichauf. Auf Bundesebene hat die AfD in den Umfragen gerade die Grünen überholt und wäre drittstärkste Kraft.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel selbst sagte am Mittwoch im Bundestag, dass die Situation mittlerweile so schlimm sei, dass auch Oberbürgermeister und Landräte von den Grünen inzwischen Brandbriefe an den Kanzler verfassten. Es reiche nicht aus, an den Symptomen "herumzukurieren" und über die Finanzierung des "Migrantensturms" zu sprechen:
"Der massenhafte Ansturm illegaler Migranten muss abgestellt werden."
Der Oppositionsführer im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), kritisierte am Donnerstag im Anschluss auf die Regierungserklärung die Untätigkeit des Kanzlers:
"Wenn Sie diesen Städten und Gemeinden hier Dank sagen, dann nützt denen das gar nichts, wenn Sie nicht die entsprechenden Entscheidungen treffen, die dafür sorgen, dass der Zuzug an illegaler Migration nach Deutschland gestoppt wird, jedenfalls deutlicher begrenzt wird, als dies gegenwärtig der Fall ist."
Bundeskanzler weist Forderungen zurück
Scholz wies die Forderungen der MPK und die geäußerte Kritik von sich. In seiner Regierungserklärung verwies er auf die 3,5 Milliarden Euro, die Länder und Kommunen im vergangenen Jahr erhalten hätten, und auf die 2,75 Milliarden Euro, die sie 2023 erhalten würden. Zudem würden die Ukrainer, die 2022 den größten Anteil an Migranten ausmachten, mit Bürgergeld versorgt, das der Bund zahlt.
Auch einer Verringerung von Migrationsströmen erteilte Scholz mit der Begründung eine Absage, dass Deutschland Fachkräfte brauche. Auf einem Bürgerdialog vergangene Woche in Cottbus hatte Scholz zwar gesagt, man wolle mit den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern in Abkommen regeln, dass sie ihre Bürger, die man zurückschicke, auch aufnehmen. Wie dies konkret funktionieren soll, ist aber unklar. Die Hauptherkunftsländer für Antragsteller von Asylverfahren stammen aus Syrien, dessen Regierung von Deutschland nicht anerkannt wird, und Afghanistan, das von den radikalislamischen Taliban regiert wird.
Migrationsdruck nimmt auch 2023 zu
Laut Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wurden 2022 über eine Million Ukrainer in Deutschland aufgenommen. Rund 244.000 Personen stellten einen Erstantrag auf Asyl, allem voran aus Syrien, Afghanistan und aus der Türkei. Rund 228.000 der Asylanträge, 56,2 Prozent aller Fälle, wurden 2022 positiv entschieden. Im Januar und Februar 2023 wurden bereits über 54.000 Asylanträge gestellt, knapp 85 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
In jüngster Zeit wurde der Protest in der Bevölkerung an der Migrationspolitik und am Bau neuer Flüchtlingsheime immer lauter, nicht zuletzt aus Furcht vor Verbrechen wie in Illerkirchberg bei Ulm. Hier hatte ein 27-jähriger Asylbewerber aus Eritrea im Dezember 2022 zwei Mädchen mit einem Messer angegriffen und eines von ihnen getötet.
Laut Hannes Schammann, Professor für Migrationspolitik an der Universität Hildesheim, würden aber weiterhin zwei Drittel der Deutschen die Frage, ob Deutschland die Aufnahme und Vollversorgung Hunderttausender Ausländer im bisherigen Umfang leisten könne, bejahen.
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