Ein klassischer Gangbang geht ab

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» 'Gang Bang' auf Steuerzahlerkosten «
» Swinger sind keine schrägen Außenseiter «
» Frauen geht es weniger um Gruppensex, sondern um One-Night-Stands in geschützter Atmosphäre «
» Niemand verrät seinen echten Namen «
» Der Reiz etwas Neues zu erleben «
» Die jungen Leute nehmen sich nicht mehr die Zeit einzutauchen «
» Ich kann die Gäste ja schlecht nackt rausschicken «


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Ihr Schmuddel-Image können die Swingerclubs in Österreich nicht ganz ablegen. Woran das liegt, was sich in den vergangenen 20 Jahren verändert hat, wie sich ein Besuch in dieser "Parallelwelt" gestaltet und welche Rolle die Frauen spielen.
Als im Jahr 2010 der Swingerclub "Element6" in der Wiener Secession einzog, konnte die Empörung der Österreicher nicht größer sein. Der damalige FP-Chef Strache kritisierte das Kunstprojekt als "Gang Bang" auf Steuerzahlerkosten. Auch andere Politiker echauffierten sich. Von "Sittenverfall" und "Missbrauch der 'Freiheit der Kunst'" war die Rede.
Verantwortlich für jene „verruchte“ Idee war der Schweizer Künstler Christoph Büchel. Unter Tags sollten Besucher ein besonderes Jugendstilwerk von Gustav Klimt bestaunen, am Abend einen Swingerclub im Normalbetrieb erleben. Aber warum?
Mit der Aktion wollte er eine Parallele zu jener Debatte konstruieren, welche Gustav Klimts Beethovenfries im Untergeschoß des Baus einst ausgelöst hatte. Das Fries sei heute kein Skandal mehr, die Installierung eines Swingerclubs hingegen der damaligen Situation ähnlich.
Dabei gab es Swinger historisch gesehen bereits in der Antike. In den Aufzeichnungen der Griechen und Römer sind erste Hinweise auf Orgien zu finden. In den 1960er-Jahren wurden schließlich Swinger-Organisationen und Clubs in den USA gegründet. Im deutschsprachigen Raum verbreitete sich der Trend etwas später in Form einer Subkultur, die stark mit FKK und Nudismus verbunden war. "Bis in die 90er Jahre war die Swingerei ein politisches Statement, eine Lebensart zu der man sich bekannt hat", sagt Ralf. W. , der Betreiber der Swinger-Bar „Tempel“ gegenüber "News.at".
Trotz langer Geschichte habe sich das Bild des Swingens in der breiten Öffentlichkeit noch nicht wirklich gewandelt. Ein gängiges Vorurteil, angeheizt durch reißerische TV-Dokus, habe sich in den Köpfen der Österreicher manifestiert. Es ist das Bild von alten, sonderbaren Menschen, die sich in schmuddeligen Clubs zum Sex treffen.
"Swinger sind keine verlorenen Seelen oder schräge Außenseiter. Unsere Gäste kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Noch bürgerlicher geht es eigentlich nicht", behauptet der studierte Betriebswirt und "Tempel“-Betreiber. Die wirklich schrägen Figuren in sexueller Hinsicht seien eher in privaten Kellern zu finden. Im Swingerclub spiele sich lediglich "Sodom und Gomorra im Kleinen" ab. Dass nur Randgruppen in Swingerclubs anzutreffen sind, verneint auch der 32-Jährige Manuel Scholda. "Das Image ist verstaubt, die Swingerszene modernisiert sich gerade", sagt er. Mit seinem eigenen Projekt, dem jungen Erotik-Club "UNIQUEx" versucht er dazu beizutragen.
Erfahrung bringt Scholda mit; schließlich tritt er in die Fußstapfen seiner Eltern. Seine Mutter, Frau Sissy, betreibt seit 20 Jahren erfolgreich das "Frivoli" im 7. Wiener Gemeindebezirk. Im Gespräch mit "News.at" verrät sie, dass Frauen heutzutage viel neugieriger geworden sind und ihre Männer zum Besuch in den Swingerclub überreden. Früher sei das genau anders herum gewesen. "Ich sehe es wirklich als sehr positiv an, dass Frauen kommen und einfach nur genießen", sagt Frau Sissy.
Der nachvollziehbare Grund dafür: Frauen hätten im Swingerclub die Kontrolle über alles was passiert und müssten nicht zu einem fremden Mann in die Wohnung. "Vielen Frauen geht es weniger um Gruppensex, sondern um One-Night-Stands in geschützter Atmosphäre", erklärt der Tempel-Betreiber Ralf W. auch in seiner Bar das gesteigerte Interesse der Damen.
Hierbei spielen Anonymität und Diskretion eine große Rolle. Niemand stellt sich mit echtem Namen vor, es werden Pseudonyme verwendet. Auch die Hygienestandards hätten sich über die Jahre massiv verbessert. "Es gibt Leute, die besuchen ausschließlich den Wellnessbereich, mit Dampfbad, Sauna und Solarium, weil sie sich bei uns so wohl fühlen", berichtet Frau Sissy.
Auch kulinarisch gehe das "Frivoli" mit der Zeit. "Es gibt inzwischen auch vegetarisches und veganes Essen, wir passen uns da sehr an die Wünsche unserer Besucher an", sagt die erfahrende Swingerclub-Betreiberin.
Obwohl es keine offizielle Kondompflicht gibt, werde penibel auf Safer Sex geachtet. Weil sich der Sex im Swingerclub, mehr oder minder im öffentlichen Raum abspielt, sei der Zwang zum Kondom einfach ein ungeschriebenes Gesetz - an das sich die Besucher auch halten würden. Kondome gebe es in den Etablissements "in großen Mengen und gratis". "Ich behaupte, es wird in Swingerclubs mehr verhütet als bei flüchtigen One-Night-Stands in der Disco", so der Tempel-Betreiber.
Das zweite ungeschriebene Gesetz: Niemand wird im Swingerclub bedrängt. Wie in vielen Lebensbereichen, ist auch im Swingerclub die Kommunikation gefragt. Ohne Blickkontakt und ohne Konversation, gehe gar nichts. Erst im Gespräch entschiedet sich, ob jemand Lust auf mehr hat. " Ein Nein ist immer ein Nein - sonst wird der uneinsichtige Gast gegangen", sagt Manuel Scholda ganz klar. Aber das komme selten vor.
Ein Swinger oder Erotikclub sei ein Wohlfühlort. In den Clubräumen herrsche absolutes Handyverbot und auch was man sieht, macht oder hört bleibt in den Räumen. "Was hier passiert, darüber wird im echten Leben nicht gesprochen", versichert der "UNIQUEx"-Betreiber Scholda, der viel Wert auf Diskretion legt.
Primär gehe es darum die eigene Sexualität neu zu entdecken. Den Reiz etwas Neues zu erleben. Dabei müsse man nicht zwingend in sexuelle Handlungen involviert sein, viele würden einfach nur beobachten wollen. "Das Voyeurhafte ist für viele das große Abenteuer", weiß Manuel Scholda.
Auch Partnertausch bedeute nicht gleich Geschlechtsverkehr mit anderen zu haben. "Die Paare machen sich vorher aus, wie weit sie gehen", erklärt Scholda. Im Grunde gehe es mehr um die Abwechslung an sich. Darum fremde Haut zu spüren, ein anderen Geruch wahrzunehmen, noch nie gehörtes Stöhnen zu vernehmen oder überraschende Berührungen zu fühlen.
Es müsse nicht immer gleich etwas passieren. "Durch das was andere tun, bekommt man selbst ein Gefühl dafür, was Spaß machen könnte", beschreibt auch der Tempel-Betreiber das Eintauchen der Neulinge in die Swinger-Szene. Erst später beginne man mit der eigenen Sexualität zu experimentieren. So zumindest sei seine Idealvorstellung.
Gerade unter den jungen Besuchern herrsche ein neuer Zeitgeist. "Die jungen Leute nehmen sich nicht mehr die Zeit ins Swingen einzutauchen, die marschieren mit einer Selbstverständlichkeit rein und wollen gleich zur Sache gehen", beschreibt Ralf W. die neue, eher beiläufige Mentalität. Doch der 56-Jährige verurteilt niemanden, er wundert sich eher. "Früher ist man mehr in das Ganze hineingewachsen, ich war als Junger nicht so mutig", erzählt er. Damals gab es auch noch deutlich mehr Stammpublikum. "Der klassische Swinger stirbt aus", zieht er Bilanz.
Aber wer sind sie nun, die Menschen, die heute in Swingerclubs gehen? Die Berufsstände seien komplett gemischt, ein Querschnitt der Bevölkerung. Vom Straßenkehrer bis zum Arzt - alle seien anzutreffen. Das Bildungsniveau wäre sogar gestiegen, berichten die Betreiber. Einer der häufigsten Berufsstände: die Lehrer.
Auch die Altersgruppen variieren. Es startet bei 18-Jahren und geht (dank Viagra) bis ins hohe Alter. Die Kernzielgruppe liege zwischen 30 und 50 Jahren.
Swingerclub: Das Frivoli ist ein klassischer Swingerclub. Hier gibt es einen All-inklusive- Eintrittspreis der für Paare je nach Veranstaltung bei 64 € liegt. Inbegriffen sind die Getränke, das Buffet und der Wellnessbereich. Auch ein eindeutiger Dresscode (Reizwäsche) wird gefordert. Umziehen kann man sich dort, ähnlich wie im Fitnessstudio, gibt es verschließbare Spinds. In den Räumlichkeiten sind viele in Badeschlapfen unterwegs, die Damen stolzieren gerne auch in sauberen Stöckelschuhen, die sie extra mitbringen, umher. Zur Sache geht es in den Hinterzimmern. Kernzielgruppe: Zwischen 30 und 55 Jahren.
Swinger-Bar: Der Tempel ist eine klassische Swingerbar. Das Konzept unterscheidet sich ein bisschen vom Swingerclub. Viele Gäste kommen spontan, etwa nach dem Fortgehen. Vor 24:00 sei allerdings meist nicht viel los. Die Gäste können angezogen bleiben, gepflegte Straßenkleidung (busin ist okay. No-Go's beim Dresscode sind auf jeden Fall: Turnschuhe, T-Shirt (ohne Sakko), kurze Hosen, Trainingsanzug und Arbeitskleidung. Auch in der Swingerbar gibt Hinterzimmer - zum Sex kann es aber überall kommen – auch direkt an der Theke. Die Eintrittspreise (am Pärchenabend 25 €) sind niedriger, weil es zum einen keinen Wellnessbereich gibt und zum anderen auch keine Getränke oder Speisen inkludiert sind. Kernzielgruppe: Zwischen 30 und 40 Jahren.
Erotik-Club: Das "UNIQUEx" ist ein junger Erotik-Club, der sich am berühmten KitKatClub in Berlin orientiert, der für ein hohes Maß an sexueller Freizügigkeit bekannt ist. Es geht um Party, Musik und Sex. Wie in Swingerclubs gibt es im Erotik-Club Themenzimmer - die man allerdings auch abschließen kann. "Es ist wie an einem normalen Clubabend, nur dass man bei uns die zelebrierte, positive Sexualität auch ausleben kann", schildert Scholda. Der Dresscode und die Türpolitik sind streng. Die Herren sollen in Anzug mit Krawatte oder mit schwarzer Hose und weißem Hemd erscheinen, die Damen im sexy Party- oder Business-Outfit. Auch im Erotikclub gibt es Schließfächer und Umkleidemöglichkeiten. Kernzielgruppe: Zwischen 28 und 38 Jahren
Wichtig: Egal welche Art von Swingerclub in Österreich besucht wird, eines haben sie alle gemeinsam: Die strikte Trennung zum Rotlichtmilieu. Prostitution ist ein anderes Geschäftsfeld und habe in Swingerclubs nichts verloren.
Der erste Besuch im Swingerclub läuft überall gleich ab. Man wird vom Chef persönlich begrüßt und zum Rundgang durch die Räumlichkeiten eingeladen. Die Neulinge können zwanglos Fragen stellen und bekommen eine kleine - freilich rein theoretische - Einführung in die unbekannte "Welt des Swingens". Wer lieber selbst erforscht und beobachtet, dem steht natürlich auch diese Option frei.
So unkompliziert sich die Einführung in einen Swingerclub liest, so komplex ist das wirtschaftliche Überleben für viele Betreiber. Denn heute gibt es unzählige Erotik-Plattformen, die eine bessere Kommunikation zwischen den Swingern ermöglichen. In Österreich wird vor allem die Plattform „Le Swing" genutzt, in Deutschland gibt es dutzende Communitys wie Augenweide oder Joyclub .
Engagierte Swinger haben das Potential erkannt und veranstalten ihre eigenen Partys. Dazu werden Airbnb-Wohnungen oder Häuser angemietet und Eintritt verlangt. Dies klingt zunächst nicht spektakulär. Bei 60 Paaren und einem Eintritt von 90 € kommt jedoch schnell ein Gewinn in vierstelliger Höhe zusammen und dieser ist (zunächst) steuerfrei - sehr zum Ärger gewerblicher Swingerclub-Betreiber. "Das sind laut Gewerberecht keine Privatpartys mehr. Das Finanzamt ist schon aufmerksam geworden, aber die Mühlen mahlen langsam", klagt ein Swingerclub-Betreiber.
Mehr staatliche Kontrolle bei den Privatpartys wünscht sich auch Frau Sissy: "Wir müssen schließlich auch unsere Steuern und das Personal zahlen." Zudem sei das Rauchverbot ein Problem: "Ich kann die Gäste ja schlecht nackt rausschicken". So fremd und eigenwillig die Welt der Swinger für manche auch sein mag, die wirtschaftlichen Probleme jedenfalls, unterscheiden sich nicht von der übrigen Welt.
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