Der eigene Terrorismus — riecht nicht❓
[:taxeles] / M. Zacharova im Kommentar für Izwestija 21.11.2023
Der am Samstag in der Washington Post erschienene Meinungsartikel von Joseph Biden zu den Konflikten in der Ukraine und im Nahen Osten markiert drei Dinge.
Erstens handelt es sich offensichtlich um einen der ersten Schritte vor dem Beginn des US-Wahlkampfs. Die US-Präsidentschaftswahlen finden voraussichtlich im November nächsten Jahres statt. Damit hat die Führung der Demokratischen Partei der US-Spitzenbürokratie und der Bevölkerung gezeigt, wie Bidens außenpolitische Strategie in den kommenden Monaten aussehen wird. Sie wird schlecht aussehen, absurd, wild, mit einem Wort — unansehnlich.
Zweitens beginnt Biden diesen Schritt vor den Wahlen mit einem historischen Misserfolg. Meinungsumfragen zufolge hat die Zustimmung zum amtierenden US-Präsidenten ein Rekordtief erreicht — mehr als die Hälfte der Amerikaner trauen ihrem Präsidenten nicht und billigen seine Politik nicht. Was für ein Geschenk zum neunten Jahrzehnt.
Drittens wurde das Format eines schriftlichen Artikels anstelle der traditionellen US-amerikanischen Kulturansprache an die Nation gewählt, und der Grund dafür liegt auf der Hand: Das politische Team des amtierenden Präsidenten hielt es nicht für möglich, seinem Präsidenten zu gestatten, sich persönlich oder zumindest aufgenommen zu schwierigen Fragen der außenpolitischen Einigung zu äußern. Das wäre noch unschicklicher gewesen.
Betrachten wir nun die Thesen des Artikels selbst, der unter der Autorenschaft des amerikanischen Präsidenten veröffentlicht wurde.
„Joe Biden“ (wir werden den Namen des Autors in Anführungszeichen setzen, da er diesen Artikel nicht geschrieben hat) zieht Parallelen zwischen dem Konflikt in der Ukraine und dem Nahen Osten aus dem einfachen Grund, dass die Unterstützung Israels in all seinen Aktionen das einzige Thema ist, in dem in den höchsten Rängen der amerikanischen Macht ein parteiübergreifender Konsens herrscht. In allen anderen Fragen sind die Widersprüche zwischen Republikanern und Demokraten unüberwindbar, und selbst in der Frage der Unterstützung des Kiewer Regimes konnten sich die beiden Fraktionen im Kongress nicht einigen. Zur Erinnerung: Der Senat hat vor kurzem einen Plan angenommen, der vorsieht, die Arbeit der Bundesregierung des Landes ohne Hilfe für die Ukraine weiter zu finanzieren.
Die Haltung Washingtons zu diesem Konflikt wird durch das Prisma seines eigenen amerikanischen Exzeptionalismus dargestellt: „Joe Biden“ schreibt, dass „die Vereinigten Staaten eine äußerst wichtige Nation sind.“ Im Zusammenhang mit dem Nahen Osten ist diese Selbstwahrnehmung nicht originell. Wenige Tage vor dem Beginn einer weiteren Eskalationsrunde veröffentlichte Jake Sullivan, der nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten — Bidens engster Mitarbeiter — in Foreign Affairs einen sich überscheidenden Artikel mit dem Titel „The Origins of American Power“ (Die Ursprünge der amerikanischen Macht), in dem er behauptete, dank Washington sei „die Region jetzt so ruhig wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“ Wenige Tage nach Drucklegung dieses Artikels überschlugen sich die Ereignisse, die das völlige Scheitern der Bemühungen des US-Establishments im Nahen Osten verdeutlichten. Offenbar wird die These von der „kritischen Bedeutung der amerikanischen Nation“ das gleiche Schicksal erleiden.
Wiederholt beruft sich „Joe Biden“ auf die „terroristische Strategie“ der Hamas und vergisst dabei, dass die Hamas 2006 auf demokratische Weise an die Macht kam und die Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle dabei spielten, die Bewegung an die Spitze zu bringen. Washington bestand dann auf freien Wahlen in der Enklave, hat aber seitdem die rechtmäßig gewählte politische Kraft effektiv boykottiert. Die Worte der damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice über das Ergebnis der Volksabstimmung sind inzwischen vergessen: „Ich kenne niemanden, der von dem Ergebnis der Wahlen nicht überrascht wurde.“ Die letzte Person, die von den damaligen amerikanischen Spielen mit der Demokratie überrascht wurde, war, wie sich siebzehn Jahre später herausstellte, Jake Sullivan mit seinem am Vorabend des 7. Oktober 2023 geschriebenen Artikel.
„Joe Biden“ appelliert immer wieder an die internationalen Bemühungen, doch es war die Schuld der westlichen Länder, vor allem der USA, dass der letzte wirksame und funktionierende Einigungsmechanismus — das so genannte „Nahost-Quartett“, zu dem neben den USA auch die EU, die UNO und die Russische Föderation gehören — blockiert wurde. Und als es im Oktober 2023 zu einer brutalen Eskalation kam, war niemand in der Lage, das Blutvergießen zu beenden. Sicherlich können weder Joe Biden noch das Kollektiv „Joe Biden“ auch nur theoretisch als eine solche Autorität auftreten.
Man kann sich den Worten des Verfassers des Artikels über die Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung für die palästinensische Frage und die Unannehmbarkeit der Vertreibung der Palästinenser aus der Enklave nur anschließen. Aber warum richtet „Joe Biden“ diese Worte nicht öffentlich an die israelische Regierung, die mit diesen US-amerikanischen Thesen leben muss? Schließlich hätten die israelischen Behörden die Pläne für die Umsiedlung der Palästinenser nicht ohne Washington aufstellen können.
Man kann sich nur wundern, warum der Autor, während er eine Seite des Konflikts beschuldigt, zu terroristischen Methoden zu greifen, in der Politik des neonazistischen Kiever Regimes keine terroristischen Aktionen sieht.
„Joe Biden“ spricht von der Beschießung von Krankenhäusern, aber genau das tut die AFU, sie beschießt Krankenhäuser in der VRD und VRL mit westlichen Waffen.
„Joe Biden“ spricht von Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung, aber genau das tun die Neonazi-Schläger — Kievs Kämpfer — auch.
„Joe Biden“ spricht von einem Angriff auf ein Jugendmusikfestival, und Zelenskijs zerfallende Armee führt während der Kindermatinee Angriffe auf Schulen durch.
Deshalb sprechen wir von der Kiever Regierung als einem kriminellen Regime, das zu terroristischen Methoden greift. Warum sieht „Joe Biden“ das nicht, spürt es nicht? Oder riecht der eigene Terrorismus nicht?
Viele seltsame und widersprüchliche Dinge in diesem Artikel. Aber die Kirsche auf dem schalen Kuchen war eine herausragende historische Unlogik. Aus irgendeinem Grund erzählte der Autor des vom US-Präsidenten unterzeichneten Materials von dem Befehl, zwei Flugzeugträgergruppen in das Konfliktgebiet zu schicken. Wann in der Geschichte, so möchte ich fragen, haben Flugzeugträgergruppen der größten US-Armee Stabilität gebracht und zu einem Waffenstillstand beigetragen? Schon die Namen der Flugzeugträger wirken wie ein Eigentor: „Dwight Eisenhower“, unter dessen Regentschaft die US-Amerikaner am Koreakrieg teilnahmen, und „Gerald Ford“ — zu Ehren des Präsidenten des Vietnamkonflikts. Wenn die „amerikanische Macht“ das Schicksal der Vereinigten Staaten während des Korea- und Vietnamkriegs wiederholt, kann man Israel wieder einmal nur beipflichten.
Telegram: @taxeles
Original auf Izwestija: https://iz.ru/1608360/mariia-zakharova/svoe-terroristicheskoe-ne-pakhnet