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Sport

Der Rastaman, der Andy Murray irritierte

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Der Rastaman, der Andy Murray irritierte
Von

VON ULRIKE ASSMANN

4.11.2010, 22:57 Uhr

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© Wagner
„Ich muss mich wohlfühlen auf dem Platz“, sagt Dustin Brown, der im niedersächsischen Celle geboren wurde.

ECKENTAL

-
Die Dreadlocks sind sein Markenzeichen, trotzdem widerlegt Dustin Brown manch karibisches Klischee. Bei den US Open war er plötzlich ein bisschen berühmt, beim ATP-Tennisturnier in Eckental ist der Publikumsliebling schon länger bekannt.

Doch, die Geschichte mit der Handy-Uhr, die stimmt. Zehn Minuten geht sie vor, „ich finde es furchtbar, zu spät zu kommen“, sagt Dustin Brown. Und auch die knallfarbenen Schnürsenkel dürfen als eine Art Talisman nie fehlen, „rechts gelb, links orange“. Noch vor einem Jahr galt der talentierte Deutsch-Jamaikaner als Geheimtipp für gute, aber auch leicht schräge Unterhaltung auf dem Platz, die Tennis-High-Society nahm allerdings kaum Notiz von ihm. Das änderte sich im September. Brown erreichte bei den US Open die zweite Runde, verlor gegen Andy Murray auf dem Centre Court und plötzlich waren viele wahre und weniger wahre Geschichten über den Rastaman aus Winsen an der Aller zu lesen. „Manchmal musste ich selber schmunzeln“, sagt der 25-Jährige, nachdem er seine 1,93 Meter lässig-bequem in einem VIP-Lounge-Sessel im House of Sports in Eckental versenkt hat. Noch bleibt ihm Zeit bis zum ersten Doppel-Match, das gleichzeitig sein letztes sein wird: Mit dem Luxemburger Gilles Muller verliert er gegen das deutsche Duo Denis Gremelmayr/Philipp Marx 4:6, 4:6; gestern mühte er sich gegen die deutsche Wildcard-Überraschung Matthias Bachinger (München) mit 6:4, 2:6 und 6:2 in die nächste Runde und trifft heute (ab 16 Uhr) im Viertelfinale auf den Tschechen Lukas Rozel. Als „Rum oder Selters“ bezeichnete die Frankfurter Allgemeine Zeitung in New York Browns Spielweise süffisant, etwas diplomatischer umschreibt es Eckentals Turnierdirektor Marcus Slany: „Da ist noch zu viel Tagesform.“ An einem guten Tag kann der Schlaks die Gegner mit seiner unorthodoxen Art in den Wahnsinn treiben. Eine „Wundertüte“ nannte ihn Stefan Koubek, Jürgen Melzer findet ihn „ein bissl durchgeknallt“, Andy Murray registrierte irritiert, dass Brown sich bei den Seitenwechseln nie hinsetzte. „Ich muss mich wohlfühlen auf dem Platz, dazu gehören gewisse Eigenarten“, meint der in Celle geborene Tennisprofi achselzuckend. Im vergangenen Jahr hat er sich besonders auf der Challenger-Turnierserie äußerst wohlgefühlt, binnen 52 Wochen kletterte er in der Weltrangliste von 494 auf 144, im Juli 2010 stand er in den Top100, aktuell ist er auf Rang 103 notiert. Nie zuvor war ein jamaikanischer Tennisspieler besser platziert, trotzdem fährt Brown neuerdings unter schwarz-rot-goldener Flagge, die karibische Funktionärsmentalität kollidierte ständig mit seinen „typisch deutschen“ Vorstellungen. Ohne Scheu bietet er sich nun als Davis-Cup-Option für Teamchef Patrik Kühnen an, im Doppel rechnet er sich durchaus Chancen aus.
Manchmal staunt er selbst über die rasante Entwicklung in den vergangenen Monaten, noch vor drei Jahren zuckelte er im von den Eltern finanzierten Wohnmobil durch Europa und war froh, wenn er mit dem Preisgeld Benzin und Essen bezahlen konnte. Im Juni 2008 gelang, nach unzähligen Anläufen, der Aufstieg in die Challenger-Serie, klug und gewitzt wählte er die Turniere, die gute Aussicht auf Punkte, Siege und bequeme Hotelzimmer boten. Es funktionierte, plötzlich hakte er die Erfolge ab wie zuvor die Kilometer auf dem Tacho. Aktuell fehlen dem Niedersachsen 50 Punkte, um sich bei den Australien Open nicht durch die Qualifikation zu mühen. Dafür hat er allein in diesem Jahr über 30 Turniere gespielt, doch die Rückkehr nach Franken stand für den Vorjahresfinalisten nie zur Diskussion: „Es gibt viele Turniere, die keinen Spaß machen, hier fühle ich mich einfach wohl.“ Eckental, das ist für ihn eine kleine Oase im großen, unersättlichen Tennis-Zirkus. Eine Oase, die für Dustin Brown so lange wie möglich auf seinem Weg nach Wimbledon und Flushing Meadow liegt.
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