Das war ein Mordsspaß

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Das war ein Mordsspaß

SPIEGEL-Reporter Jürgen Leinemann über die Zehnkämpfer Daley Thompson und Jürgen Hingsen *


12.08.1984, 13.00 Uhr

aus

DER SPIEGEL 33/1984








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Nicht einmal seine elfte Übung, einen Solo-Auftritt vor der Weltpresse nach dem Zehnkampf bei den Olympischen Spielen in Los Angeles, kann Weltrekordler Jürgen Hingsen beenden, ohne daß ihm sein Rivale Daley Thompson die Schau stiehlt. Im Interview-Zelt hinter dem Olympia-Stadion legt Hingsen mit kläglichem Gesicht und gründlichem Ernst dar, warum er nicht gewonnen hat. Nebenan wird heftig gelacht.
So wie Hingsen seinen Mißerfolg erklärt ein deutscher Polizeipräsident eine Fahndungspanne: Für die Umstände muß man Verständnis haben. Erst war es die Sehne im rechten Bein, dann unerklärliche Schwindelgefühle und Brechreiz, dann der Ellenbogen. Aber nach der Trainingsform hätte er es schaffen müssen, eigentlich. Und Weltrekordler ist er auch noch.
Jürgen Hingsen spricht leise und druckreif, erst deutsch, dann makellos englisch. Daß er traurig ist, versucht er hinter Sachlichkeit zu verstecken. Bedauernswert, der Mann, gewiß, aber vor allem langweilig.
Seine Kameraden nennen den Modell-Athleten, der eine überaus amerikanische Frau hat und viel in Kalifornien trainiert, gerne den »Hollywood-Jürgen«. Das muß aber ein Irrtum sein, Hingsen ist aus Duisburg. Doch nicht einmal das merkt man mehr.
Daß er nicht strahlt in seiner Niederlage, ist verständlich. Daß er nichts ausstrahlt, ist der eigentliche Kern seines Scheiterns. Jürgen Hingsen verkörpert damit nicht schlecht das gesamte deutsche Team. Viele haben für vieles viele Gründe - nur Biß haben sie keinen, wenn es drauf ankommt.
Aus dem Nebenzelt dröhnen wieder Lachsalven. Jürgen Hingsens Augen flattern irritiert, er spricht etwas lauter. Aber der Frohsinn von nebenan ist ansteckender als seine Analysen. Viele schleichen sich hinüber. Dort beliefert der Sieger die Weltpresse auf andere Art.
Es scheint heller in diesem Zelt, so leuchtet dem Briten Daley Thompson die Lebensfreude aus dem schwarzen Gesicht. Von Analysen keine Spur. Er witzelt, albert, kalauert. Ein bißchen deftig kommt es manchem schon vor, aber peinlich ist es dennoch nicht, denn der schnurrbärtige Goldmedaillen-Gewinner ist spontan, schlagfertig und kess. Sport ist Sport, und Show ist Show. Daley Thompson macht alles ganz.
Was er jetzt tun will? »Vielleicht ein paar Wochen Ferien machen und ein paar Kinder.« Die Journalisten röhren vor Vergnügen. Einem britischen Reporter wird es zu bunt: »Nun mal ernsthaft, Daley, zwei Fragen. Erstens, was hat Prinzessin Anne dir gesagt und zweitens, wenn du schon Kinder willst, wer ist die Mutter?« Thompson zögert keinen Augenblick: »Der Name der Dame ist soeben gefallen. Und was sie gesagt hat: Natürlich sollen unsere Kinder weiß sein.«
Wer will da noch viel wissen von Fünf-Meter-Sprüngen im Stabhochsprung, Hürdenzeiten bei Gegenwind oder geglückten Versuchen beim Diskuswurf. Bei den nächsten Spielen, sagt Daley Thompson, der schon in Montreal dabei war und dann in Moskau die erste Goldmedaille gewonnen hat, will er wieder mitmischen. Schließlich ist er erst 26.
Und so viel Spaß wie in den letzten beiden Tagen habe er noch nie gehabt, in der Arena und im olympischen Dorf. War das Publikum nicht hinreißend? Vor so viel Menschen und bei so viel Begeisterung habe er noch nie seinen Wettkampf ausgeübt, sagt Thompson.
Was zählt dagegen schon ein Weltrekord? Warum sollte er einen Schritt zulegen im 1500-Meterlauf am Ende, um dem Deutschen auch noch dieses Etikett zu entreißen? Das hat nach den zwei Tagen im Coliseum ohnehin nur Papierwert. Thompson: »Deswegen bin ich nicht hierhergekommen, ich wollte nur gewinnen. Und zum Schluß habe ich mich vom Gefühl der Leute tragen lassen. Das war ein Mordsspaß.«
Nebenan glaubt Jürgen Hingsen, »der Daley« habe den Weltrekord schon gewollt
- nur eben nicht geschafft. Er kann sich gar nicht vorstellen, daß einer so denkt wie Thompson.
Dessen Philosophie ist simpel: Gewinnen ist alles. Das denkt man nicht, das macht man. Gewinnen ist für Daley Thompson auch keine symbolische Handlung. Sieg ist Sinn, Siegen macht Spaß. Das steht für nichts als für sich selbst.
Über die nationalistischen Kultrituale der amerikanischen Sieger macht Thompson sich lustig. Zwar läuft er ebenfalls mit dem Union Jack nach seinem Sieg um die Bahn, aber das ist eben auch »fun«. Als die britische Nationalhymne erklingt, pfeift er fröhlich mit auf dem Siegerpodest.
Natürlich hat Daley Thompson einen Siegesfahrplan, als er am Mittwoch vergangener Woche das Stadion betritt. Aber der ist nicht aufgeschrieben, ausgetüftelt und berechnet - den lebt er.
Jürgen Hingsen denkt seinen. In anderen Wettkämpfen, sozusagen auf eigenem Platz, hat er ihn schon in eindrucksvolle Taten umgesetzt. Unter großer Geheimhaltung hat er weiter daran gefeilt. Jetzt muß er ihn nur noch einmal verwirklichen, allerdings im direkten Wettkampf mit dem Rivalen, der ihn schon immer besiegt hat. Aber »eigentlich« ist Hingsen besser. »Meine Zeit ist reif«, sagt er vorher.
Zwei Sieger, zwei Athleten-Typen, deren bloßer Anblick schon die Fans auf den Rängen begeistert, treten in Los Angeles gegeneinander an. Groß, sensibel und planend der Deutsche, gedrungen, robust und spontan der Brite, dessen Vater aus Nigeria und dessen Mutter aus Schottland stammt. Der eine sieht aus wie vom Athletenreißbrett in Fleisch und Blut übertragen, der andere ist aus dem richtigen Leben dem Sport zugelaufen. Er sieht dazwischen auch keine Unterschiede.
Zehnkämpfer sind Stars, die es schwer haben. Sie treten in zwei Ganztagsprogrammen jeweils auf Nebenbühnen auf, mal in der Westkurve zum Kugelstoßen, mal in der Ostkurve zum Hochsprung, mal vor der Haupttribüne zum Weitsprung, mal in der Gegengeraden zum Stabhochsprung.
Aber sie halten durch. Zwei Tage lang sind sie immer da, Könige der Leichtathleten nennen sie sich stolz. Am Ende der Quälerei ist das Publikum bereit, sie tatsächlich zu hofieren.
Jürgen Hingsen und Daley Thompson aber sind schon als Könige anerkannt, bevor sie beginnen. Als sie am Mittwochmorgen, kurz nach 9.30 Uhr ins Stadion schlendern, bepackt mit Taschen und Erwartungen, ist ihnen der Beifall sicher. Aber diese Starrolle durchzuhalten - das ist eine andere Sache.
Die Masse muß immer neu gewonnen werden. Nicht nur was ein Athlet leistet, zählt, sondern auch wie er auf sich aufmerksam macht.
Daley Thompson hat damit keine Schwierigkeiten. Er betritt das Stadion-Oval wie ein Hausherr. Hier findet sein Wettkampf statt - die anderen können mitmachen, wenn sie Lust haben, aber nötig ist das nicht. Er hat vorher auch öffentlich angekündigt, mit einem Paukenschlag zu beginnen, und genau das tut er. Das britische Kraftpaket trommelt die 100 Meter in 10,44 Sekunden herunter und springt anschließend 8,01 Meter weit.
Von der ersten Minute an macht Thompson klar, daß er der Boß ist, nicht nur im Wettkampf, auch in den Pausen. Mit wiegenden Schritten schlendert er, die Ruhe selbst, durch den Innenraum, hat zwischendurch Zeit, seinem britischen Zehnkampf-Gefährten McStravick beim Diskuswerfen zuzugucken, Fernsehteams dahin zu dirigieren, wo die Action ist, oder seine amerikanischen Kollegen aufzumuntern. Thompson braucht Kumpanei, er weiß sie herzustellen.
Er baut eine Front auf gegen seinen Rivalen. Den schneidet er. Mit lässigen Gesten animiert er das Publikum zum Beifall für seine Leistungen, mit aufreizend fläziger Ruhe pflanzt er sich neben Hingsen auf die Wartebank, um ihn einzuschüchtern.
Daley Thompson treibt ein suggestives Spiel, dessen Erfolg nicht in Metern oder Sekunden zu messen ist. Aber es ist die Grundlage seines Triumphes.
Er ist der Sieger, noch bevor er richtig anfängt. Aber er fängt auch richtig an. Er ist ungemein präsent - saftig und zuverlässig, gelassen, temperamentvoll und topfit. Wenn er sich zu dieser Haltung einmal äußert, dann beschreibt er sich als einen Künstler ohne dessen Selbstzerstörungstrieb.
Er ist aber kein Künstler, Daley Thompson ist ein Herrscher.
Jürgen Hingsen kennt das Spiel des Briten. Er ist ihm immer aufgesessen. Aber für Los Angeles glaubt er sich gewappnet. Daß es ihn aber wieder mächtig irritiert, ist unübersehbar. Hingsen ist nervös, trippelt herum und hüpft,
wenn Thompson steht, rennt beim Fehlstart für den 100-Meter-Lauf beinahe die halbe Strecke ab, während sich Thompson nur dickfällig fünf Meter bewegt.
Wer Hingsen zum Auftakt neben Thompson sieht, der hat seine Mühe, auch in ihm einen Star zu erkennen. Der Deutsche wirkt verkrampft und undynamisch. Pose ersetzt das Selbstbewußtsein. Bei eingezogenem Kopf drückt Hingsen künstlich das Kreuz gerade. Eckig sieht das aus. Allen theoretischen Vorsätzen zum Trotz - der Weltrekordler schwimmt im Sog Thompsons. Es gelingt ihm nicht, sich daraus zu befreien.
Bei der zweiten Übung, dem Weitsprung, versucht er es. Schon liegt er 122 Punkte zurück. Doch mit seinem ersten Sprung legt Jürgen Hingsen 7,50 Meter vor - eine ordentliche Weite. Daley Thompsons Antwort: 7,83 Meter.
Auch im dritten Versuch wird Hingsen besser, er springt 7,80 Meter. Aufrechter geht er jetzt an seinen Startplatz zurück, versuchsweise winkt er sogar einmal in die Menge. Er ist sichtlich erleichtert.
Das vergeht aber schnell. Thompson springt im dritten Versuch 8,01 Meter. Und beim anschließenden Kugelstoßen, bei dem Hingsen nach seinem Fahrplan Boden gutmachen sollte, nimmt er dem Briten ganze neun Punkte ab. Trotz seines kleinen Rückschlags gebärdet sich Thompson im Ring, als stehe eine zusätzliche Gymnastiknummer auf dem Programm: so elegant und selbstgefällig hantiert er mit der Kugel.
Hingsen ist gut an diesem ersten Vormittag, aber nicht gut genug im Wettbewerb mit Thompson. Er will raus aus seinem Bann, will seinen eigenen Rhythmus finden. Er geht immer mehr auf Distanz. Er bleibt allein, obwohl er zwei Landsleute zur Seite hat - Siegfried Wentz und Guido Kratschmer, zwei erfahrene Zehnkampf-Recken. Thompson stampft derweil wie ein Hausmeister durch die Arena, hat hier einen Ratschlag, muß da mal nach dem Rechten sehen. Insgesamt ist er ganz offenkundig mit seinem Laden zufrieden.
Je mehr sich Hingsen absondert, desto deutlicher wird, daß er der Künstler ist, für den Thompson sich hält - die negativen Seiten eingeschlossen. Diva-Züge werden sichtbar. Der Deutsche will gefallen. Ganz unvermittelt verfällt er in zierliche Trippelschritte, als er nach dem 400-Meter-Lauf allein auf der Bahn steht. Seine Beine zucken wie in einem eitlen Reflex.
Nach dem Sprint, dem Weitsprung und dem Kugelstoßen ist Hingsen noch im Thompson-Schlepp. Aber dann hilft ihm eine Verletzung - oder der Anschein davon -, sich in Szene zu setzen und die Distanz zu sichern. Beim Hochsprung, bei dem er zunächst im Schatten ruht, während Thompson sich über die Höhe von 1,91 Meter quält, bedient er sich einer Zerrung mit dramaturgischem Geschick.
Erst bei 1,97 Meter springt er zum erstenmal - 25 Minuten später als der Brite. Ein paar Schritte, ein schwereloser Satz: Hingsen gleitet wie ein gelernter Hochspringer über die Latte. Doch dann humpelt er schwer vom Kissen.
Verhandlungen mit den Kampfrichtern folgen, auffällige Rufe nach Sanitätern ziehen jedermanns Blicke von Thompson ab. An der Seite des deutschen Mannschaftsarztes hinkt Hingsen - jetzt ganz bemitleidenswerte Primadonna und sich der Aufmerksamkeit bewußt - zum Ausgang.
Thompson reagiert sofort: Mit kurzem Anlauf schnellt er über 1,97 Meter. Hingsen dreht sich nicht um. Neun Minuten lang bleibt er verschwunden. Dann kommt er putzmunter über den Rasen getänzelt. Lässig bewältigt er eine halbe Stunde später 2,03 Meter.
Dann wiederholt sich das Spiel: Er humpelt zur Seite, neue Verhandlungen, neuer Abgang. Hingsen verschwindet wieder im Tunnel.
Thompson reißt 2,06 Meter im ersten und im zweiten Versuch, Hingsen ist schon 20 Minuten weg. Erst als Thompson zum letzten, vergeblichen Versuch anläuft, sieht man den Deutschen wieder auf dem Rasen. Er tummelt sich locker in hundert Meter Entfernung und verfolgt von da, wie sein Konkurrent ausscheidet.
Die Latte liegt 2,09 Meter hoch, Hingsen, der nun nicht mehr hinkt, reißt sie nur knapp und schafft sie dann im zweiten Anlauf. Erst danach lahmt er wieder, was ihn freilich nicht hindert, die Latte auf 2,12 Meter legen zu lassen. Siegfried Wentz und er haben die Show jetzt ganz für sich allein.
Hingsen schafft auch diese Höhe und ist nun ganz Sieger. Er reckt erst eine geballte Faust ins Publikum und dann beide Fäuste.
Thompson, der inzwischen den gelangweilten Statisten spielt, muß mit den anderen Athleten schon abziehen, während Hingsen, mal humpelnd, mal nicht, die Latte auf 2,15 Meter legen läßt.
Das schafft er nicht, aber er hat 77 Punkte aufgeholt und die Bühne allein beherrscht. Beim 400-Meter-Lauf zum Abschluß des ersten Tages verliert er zwar wieder gegen Thompsen, aber als potentieller Sieger hat er sich neben ihm behauptet.
Der zweite Tag ist eigentlich Hingsens Stärke. Mit 114 Punkten Rückstand beginnt er ihn. Er gewinnt die 110 Meter Hürden, knapp zwar, aber sicher. Er hält weiter Abstand zu Thompson, der den Donnerstag so kraftvoll und beherrschend anzufangen versucht wie den Vortag.
Aber Hingsen scheint sich freigemacht zu haben. Er reagiert nicht mehr, er folgt seinem eigenen Fahrplan. Als die Athleten zum Diskuswerfen an den Rängen der Gegengeraden entlangschnüren, hat Hingsen das Haupt erhoben. Er geht wie ein Sieger.
Thompson geht wie immer - er ist ein Sieger aus Lebensnotwendigkeit. Niederlagen - an der von Prag 1978 leidet er noch immer - sind für ihn Tiefpunkte, in denen er Gefühle entwickelt, wie er sie Selbstmördern zutraut. Daley Thompson aber ist überaus lebenswillig.
Das beweist er in der Krise. Der Deutsche schleudert schon im ersten Wurf ohne sichtbare Anstrengung die Scheibe 49,80 Meter weit und ballt erneut die Faust zum Siegeszeichen. Acht Minuten später rutscht dem Briten der Diskus flach aus der Hand und landet bei nur 37,90 Metern. Ein Raunen geht durch die Menge.
Hingsen wirft 50,82 Meter. Jetzt reißt er beide Fäuste hoch - theatralisch und beifallheischend. Thompsons Antwort ist wieder flach: 41,24 Meter. Fast ratlos wiederholt der Engländer die Wurfbewegung, als er aus dem Ring tritt.
Ob bewußt oder unbewußt - Jürgen Hingsen, dem Sieg zum erstenmal nahe, macht seinen größten Fehler. Er glaubt sich seinem Herausforderer, von dem er hinterher sagt, er habe »ganz schön geflattert«, so überlegen, daß er die Distanz zu ihm aufgibt. Jetzt spielt er das Thompson-Spiel. Er geht an ihm vorbei, ohne einen Blick auf ihn zu werfen. Er redet plötzlich eifrig mit seinen Mannschaftkameraden, macht ihnen den richtigen Hüftschwung vor und versucht, die gleiche Selbstzufriedenheit zu verbreiten, die Thompsons Markenzeichen ist.
Aber der gibt nicht auf. Im dritten Versuch schafft er 46,56 Meter und ist der Katastrophe damit entgangen. Doch bis auf 32 Punkte ist der Deutsche an ihn herangekommen, schon sieht Hingsen sich am Eingang der Siegerstraße. Es ist zwölf Uhr mittags.
Dreieinhalb Stunden später ist alles vorbei. Hingsen, der auch am Abend nicht weiß, was geschehen ist, kann beim Stabhochsprung den Stab nicht halten und nicht den Sieg.
Dabei hat er den Stabhochsprung für seine sicherste Disziplin gehalten. Noch im Training hat er fünf Meter überquert, beim Einspringen bewältigt er 4,60 Meter »haushoch«.
Er fühlt sich gut und läßt es alle sehen. »Das ist nicht mehr der Jürgen Hollywoood«, sagen anerkennend die deutschen Experten, als er an der Rekortanbahn entlangtrabt und Beifall absahnt. Thompson ist gar nicht mehr sichtbar.
Der Engländer hat sich hinter ein Sonnensegel verkrochen. Das macht ihm Hingsen nach, 20 Minuten lang. Auf Sprünge bis zu 4,50 Meter verzichten beide.
Als Hingsen dann anläuft, kommt er gar nicht mehr hoch. Thompson taucht sofort wieder auf. Er springt die 4,50 Meter mühelos. Der Deutsche trocknet sich ausdauernd den Schweiß ab, bevor er den Glasfiberstab aufnimmt. Angst?
Statt sich am Stab hochzuschwingen, rutscht er daran herunter. Erst im dritten Anlauf schafft er die Höhe mit einem Verzweiflungssprung. Hingsen, der Elegante, quält sich rüber, völlig unkoordiniert plumpst er auf die Matte. Wenigstens die Silbermedaille rettet er damit. Aber auf der Pressetribüne sagen amerikanische Fachleute: »Herr Hingsen is history.« So ist es, 4,70 Meter reißt er dreimal. Sein Abgang ist trostlos.
Schwindelig sei ihm nach der Ruhezeit plötzlich gewesen, sagt Hingsen später. Er habe sich übel gefühlt und sich mehrfach übergeben. »Ich war völlig von der Rolle, wußte nicht mal mehr, was Stabhochsprung ist«, sagt der große Hingsen am Abend mit kleiner Stimme.
Thompson beherrscht von nun an die Szene. Nachdem er 4,90 Meter gesprungen ist, schnellt er mit einem Riesensalto aus dem Sprungkissen: Er weiß, daß er gewonnen hat.
Der Rest ist Routine. »Die Luft war raus«, sagt der Sieger hinterher. Er habe dann auch nachgelassen. Für 8797 Punkte reicht das allemal. Anfangs hatte er mal 9000 im Sinn.
Immerhin schafft er noch fünf Meter im Stabhochsprung und einen Erfolg über Hingsen beim Speerwerfen. Wie fast schon vom Publikum erwartet, greift sich Hingsen nach seinen matten Würfen an den Ellenbogen. Die Verletzungen mögen echt sein, nach dem Vorhergegangenen wirken die Gesten wie billige Entschuldigungen. Zumal sie zum Stil der deutschen Mannschaft zu gehören scheinen.
Ein achtbarer 1500-Meter-Lauf zum Schluß ändert nichts mehr. Es gibt nur noch einen Zehnkampf-Helden im Stadion, Daley Thompson. Der genießt seinen Sieg mit Inbrunst. Selbst zur Siegerehrung schreitet er noch mit hundert Metern Vorsprung.
In der Freude ist Daley Thompson seinem Rivalen aus der Bundesrepublik fast noch deutlicher überlegen als im Wettkampf. Gegen seinen übermütigen Flaggenlauf wirkt die hilflose Fahnengeste der drei Deutschen - Hingsen, Wentz und Kratschmer zerren einander in sichtbarer Verlegenheit am schwarz-rot-goldenen Tuch durch das Stadion - wie eine Karikatur. Vermutlich gab es für diese Einlage keinen Eventualplan, der von einem Gremium genehmigt und geheim trainiert wurde.
Jürgen Hingsen, kein Zweifel, hat auch in seiner Niederlage mit 8673 Punkten ein achtbares Ergebnis erzielt. Aber ein Sieger ist er, auch wenn er ein paar Stunden lang so getan hat und sich weiter Weltrekordler nennt, nie gewesen.

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