Das Geschäft mit dem Elend

Das Geschäft mit dem Elend

Ralf Wurzbacher/GKS
»Es gibt viel zuwenig Informationen über den grauen Wohnungsmarkt«
Quelle: imago images/ZUMA Wire

Auf dem »grauen Wohnungsmarkt« schlagen Vermieter hohe Profite aus der Not der Ärmsten: Ein aktueller Fall aus Niedersachsen

Für ein Dach über dem Kopf nehmen Obdachlose mitunter viel in Kauf: eine kümmerlich kleine Bleibe, Schmutz, Schimmel, Erniedrigung. Hauptsache, weg von der Straße. Franz F. aus Hannover hat aus der Not der Betroffenen ein Geschäftsmodell gemacht. Er vermietet marode Wohnungen an Menschen am Rande der Gesellschaft und kassiert dafür weit über Wert ab – nicht von ihnen, sondern vom Sozialamt. Indem er in einer Schrottimmobilie viele Bedürftige unterbringt, kommen stattliche Erträge heraus. Überdies zwingt er die Mieter zu unbezahlten Arbeitsdiensten und droht bei Weigerung mit Rauswurf. Geschildert war all das in einer bedrückenden Reportage der Tageszeitung (Taz) vom vergangenen Dienstag. Und F. ist längst nicht der einzige, der so verfährt.

Das Betätigungsfeld der üblen Abzocker ist der sogenannte graue Wohnungsmarkt. Darunter versteht man Mietverhältnisse von Menschen, die auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt ohne Chance sind, zum Beispiel solche mit Drogenproblemen oder Mietschulden; Straffällige oder Obdachlose. Zumeist handelt es sich um alleinstehende Männer, die das Leben irgendwie aus der Bahn geworfen hat. Für größere Aufmerksamkeit in den Medien sorgten bisher vor allem Fälle aus Niedersachsen. So berichteten im Sommer 2020 der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und die Nordwest-Zeitung, dass sich in Oldenburg eine »Vermieterszene« etabliert habe, die über 20 Immobilien bewirtschafte, in denen 150 bis 300 Leute unter zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen hausten. In einem Fall teilten sich eine Frau und ein Mann ein schmales Bett in einem »kleinen, dunklen Kellerzimmer«, in dem sich überdies Kakerlaken herumtrieben. Kostenpunkt: 580 Euro.

Die Masche ist risikofrei. Das Geld kommt zuverlässig vom Amt, das die Kosten der Unterkunft im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des SGB II und SGB XII übernimmt.
weiterlesen:
https://www.jungewelt.de/artikel/413293.obdachlosigkeit-das-gesch%C3%A4ft-mit-dem-elend.html



Report Page