DAS ENDE DES KONSERVATISMUS: 28 THESEN
Das Siebte Flugblatt.
Ein Thesenpapier des Siebten Flugblatts
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Aus gegebenem Anlass bringen wir an dieser Stelle ein weiteres Mal unser umstrittenes und streitbares Thesenpapier – in erweiterter und überarbeiteter Form.
Wir halten die in diesem Thesenpapier dargelegten Gedanken, auch in ihrer Radikalität, für richtig, wichtig und bedenkenswert und hoffen auf eine möglichst großflächige Verbreitung nebst einer gerne auch kontroversen Diskussion.
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Es liegt uns fern, dies sei vorab gesagt, Menschen die sich als konservativ verstehen, pauschal zu diffamieren oder ihre Auffassungen zu diskreditieren, schon gar nicht wollen wir irgendjemanden pauschal in eine rechte Ecke stellen.
Wir wissen, dass es auch im Kampf gegen Rechts, viele wunderbare Persönlichkeiten gibt, die sich als konservativ empfinden, und dennoch mit großer Entschiedenheit und großem Einsatz sich für eine bessere Zukunft einbringen.
Diese Menschen achten und respektieren wir, ohne ihnen dadurch notwendigerweise in ihrer Weltsicht beizupflichten.
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Wenn wir an dieser Stelle ehrlich und aufrichtig, in Form einer thesenhaften Streitschrift, jedoch auch mit dem notwendigen Grad an Differenzierung, eine ernsthafte Diskussion über die Gründe führen wollen warum wir argumentieren, dass der politische Konservatismus als Ideologie überwunden werden muss, weil er eine Gefahr für die Demokratie darstellt, ebenso eine Gefahr für unsere Fähigkeit die Herausforderungen unserer Zukunft zu bestehen, dann sprechen wir von einer politischen Ideologie, einer fehlgeleiteten Programmatik, wie sie in Deutschland in der Union und rechteren Parteien vertreten ist, nicht von persönlichen Haltungen einzelner Menschen.
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Klar ist aber auch:
Wir plädieren für eine Abkehr von einer Naivität, die konservative politische Ideologie für annehmbar, akzeptabel und grundsätzlich unproblematisch hält. Wir plädieren dafür, den politischen Konservatismus als politische Ideologie zu überwinden, weil er im Kampf gegen Rechts immer Teil des Problems sein und bleiben wird, eine Charakterschwäche die in seiner weltanschaulichen DNA begründet liegt.
Wenn wir von „überwinden“ sprechen, dann sprechen wir nicht von einem Parteiverbot, noch von irgendwelchen Sanktionen, schon gar nicht irgendwelchen Arten von Verfolgung; wir sprechen davon, dass durch die Bewusstmachung, dass es sich nicht um eine produktive, dem Gemeinwohl dienende Ideologie handelt, sondern um eine schädliche, wir uns als Gesellschaft an einen Punkt hin weiterentwickeln müssen, an dem derlei Haltungen schlicht obsolet sind, daher nicht mehr gewählt werden und in der Folge auch im demokratischen Diskurs keine Rolle mehr spielen.
Wenn ein Kleidungsstück, das einmal prächtig aussah, so abgetragen ist, dass auseinanderfällt, muss man es ablegen.
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Dafür, und für NICHTS anderes plädieren wir.
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Für dieses Plädoyer unterbreiten wir 28 Thesen.
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DIE 28 THESEN:
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1. Der politische Konservatismus geht in seinen Wurzeln zurück bis in die Monarchie, in die Kaiserzeit, den Wilhelminismus. Sein Verhältnis zu Obrigkeit, Autoritäten, Militär und Kirche, sein Bekenntnis zur Nichthinterfragbarkeit bestimmter hierarchisch und durch Konvention geprägter „Werte“ wurzelt entschieden in dieser Zeit, er ist daher in seiner politischen DNA immer auch antidemokratischen Untertönen verhaftet, da er mit einem Bein nicht in der Demokratie steht.
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2. Der Aufstieg des Nationalsozialismus ist ohne das Sympathisieren des politischen Konservatismus mit dieser Ideologie weder denkbar noch erklärbar. Insbesondere das Sympathisieren eines erzreaktionären Justizsystems, eines stockkonservativen Polizeiapparates und eines ultrakonservativen obrigkeitshörigen Bürgertums sind unleugbar die Hauptursachen für die Erfolge der frühen Nazis und anderer Rechtsextremisten zwischen 1920 und 1933. Die Nazis konnten aufsteigen, weil sie in einem konservativen System operierten das ihrem Extremismus gegenüber aufgeschlossen bis positiv voreingenommen war und dessen Apparate sich weigerten, sie aufzuhalten oder auch nur Recht und Gesetz ihnen gegenüber anzuwenden.
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3. Die „Machtergreifung“ durch die Nazis war in der Realität eine Machtübergabe durch den politischen Konservatismus. Am 24. März 1933, als die Nazis das Ermächtigungsgesetz einbrachten, war die KPD bereits verboten, ihre Mitglieder wurden verfolgt. Trotz Einschüchterung stimmte die ebenfalls verfolgte SPD geschlossen gegen den Entwurf und leistete den einzigen Widerstand, während alle konservativen Parteien sich fügten, auflösten und mit ihrer Stimmenmehrheit die Weimarer Demokratie faktisch zugunsten der Nazis abschafften, denen sie willig das Land und Millionen unschuldiger Menschen auf dem Silbertablett überantworteten.
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4. Der Zivilisationsbruch der folgte war die direkte Folge eines historischen Totalversagens des politischen Konservatismus, für das, bis heute, noch jede Entschuldigung aussteht.
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5. Auch in der Nachkriegszeit biederte sich der politische Konservatismus, dann schon in Gestalt der Union, dem Rechtsextremismus und den Nazis von gestern erneut an. Ein NS-Kommentator der Nürnberger Gesetze (Globke) wurde Chefberater Konrad Adenauers, die Union richtete schon 1950 die mit Steuergeld alimentierte Zentrale Rechtsschutzstelle (ZRS) ein, deren primäre Aufgabe der Schutz von NS-Kriegsverbrechern und – völkermördern war. Die Verbindungen die man allein unter diesem Punkt noch aufzuzählen hätte, sind nachgerade uferlos.
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6. Bereits in den 60iger, 70iger und 80iger Jahren verstand sich der politische Konservatismus in Deutschland offen als Träger einer Weißen deutschen Nationalidentität, die ausdrücklich völkisch interpretiert war, wovon der regelmäßigen Gebrauch rassistischer und nationalsozialistischer Sprache (befürchtet wurde eine „multikulturelle Gesellschaft, durchmischt und durchrasst“, Zitat Edmund Stoiber) eindeutig Zeugnis ablegt, und wurde so auch zu dem herausragenden politischen Vertreter eines sich in Gesetzen, Institutionen und gesellschaftlichen Regeln manifestierenden strukturellen Rassismus.
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7. Bis heute, 2023, lassen sich in Äußerungen von Unionspolitikern nahezu durchgehend, in weit überdurchschnittlicher Häufigkeit, rassistische Entgleisungen nachweisen, die sich keineswegs nur in degoutanten Entgleisungen zur Ausländer- und Asylpolitik erschöpfen.
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8. In der gesamten Nachkriegszeit lässt sich die schützende Hand des politischen Konservatismus über rechtsextremen Tätern und Ideologien fast lückenlos aufzeigen – dies geht vom Schutz der NS-Täter in der Nachkriegszeit, über Straußens sympathisieren für Pinochet und das südafrikanische Apartheidssystem , über die fortdauernde Legitimation von AFD-Sprache und -argumentationslinien, die Akzeptanz von Faschisten wie Otte, Maaßen, Ploß & Co in den eigenen Reihen, bis hin zur bis heute andauernden Verehrung des rechtsextremen NS-Relativierers Alfred Dregger als großem „Konservativen“ und Führungsfigur, deren Geburtstage in der Union wie Jubiläen gefeiert werden.
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9. Die überragende Bedeutung des politischen Konservatismus für die Existenz des deutschen Rechtsextremismus zeigt sich in dessen Funktion als Quelle, die diesen brauen Fluss verlässlich mit Nachschub speist: Die AFD ist, wie die Werteunion, wie zuvor bereits die Republikaner und andere rechtsextreme Parteien ein Ausfluss der Union, des politischen Konservatismus. Gerade die AFD besteht aus Konservativen die ihre rechtsradikalen und rassistischen Haltungen, die zuvor noch in der Union legitimiert waren, dort nicht mehr offen genug ausleben zu können glaubten. Deutsche Rechtsextremisten und Faschisten bezeichnen sich nicht von ungefähr in aller Regel selbst, womöglich verharmlosend, als "konservativ"
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10. Von der überwältigenden Mehrheit heutiger Unionsabgeordneten lassen sich über Kontakte, Organisationen und Beziehungen grundsätzlich immer Verbindungen mindestens in den Rechtspopulismus, wenn nicht sogar direkt den Rechtsextremismus ziehen. Eine Brandmauer gab es nie, gibt es nicht und kann es auch gar nicht geben, da das rechte Lager viel zu stark ineinander stark verflochten ist. Man nehme einen beliebigen Unions-MdB und folgen der Spur nach rechts, man landet immer mehr oder weniger direkt bei Götz Kubitschek.
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11. Der politische Konservatismus ist längst ein Auslaufmodell. In the long run wird er untergehen. Unfähig und unwillig andere Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft – Coronakrise, drohende Klimakatastrophe, globale Umwälzungen, Energiepolitik - zu geben als Tradition um ihrer Selbst willen, reaktionäres Heile-Welt-Denken und großväterliche Rezepte von anno tobak, und mit nicht viel mehr im Gepäck als dem Versprechen eine Weiße deutsche Identität fortzuschreiben, laufen ihm die Wähler scharenweise davon. Eine politische Überlebensperspektive wird die Union langfristig nur haben, wenn sie für rechtsextremistische, rassistische, faschistische Wähler interessant, wählbar oder mindestens für deren bevorzugte Parteien koalitionsfähig wird. Die amerikanischen Republikaner wissen das beispielsweise schon sehr lange – und haben sich darauf vorbereitet.
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12. Der politische Konservatismus in Deutschland übernimmt, über Führungsfiguren wie Klöckner, Schröder, Söder, Merz und andere immer wieder verschwörungsideologische Erzählungen aus dem amerikanischen Rechtsextremismus eins zu eins: Von angeblich zu linksgrünversifftem öffentlich-rechtlichem Rundfunk, über die schiere Imagination einer linken, „woken“ Bedrohung, mit viel Tamtam beschworenen „Umerziehunsgefahren“ und Ängsten vor einer angeblichen Sprachpolizei die einem „alles verbiete“, findet sich die ganze Themen-Palette republikanischer US-Think Tanks aus der White-Supremacy-Ecke. Auch personell wird die Nähe zu republikanischen Personenkreisen, die unmittelbar für einen gewalttätigen Putschversuch, die versuchte Delegitimation einer Wahl, den Abbau von Menschenrechten und den aktuell laufenden Versuch der Zerstörung des demokratischen Wahlsystems in den USA verantwortlich zeichnen (Sprich: Zu Verfassungsfeinden), seitens des deutschen Konservatismus aktiv und freudig gesucht.
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13. Der politische Konservatismus begreift sich als Erhalter der Werte, ohne jedoch damit einen Absolutheitsanspruch auf Werte per se verbinden zu können oder zu dürfen, und in der Praxis erweisen sich diese „Werte“ programmatisch oft, als die Übertragung und das Aufoktroyieren der eigenen geistigen Enge, des eigenen durch zwergengesäumten Gartenzaun abgezirkelten inneren Horizonts, auf eine ganze Gesellschaft. Wir halten es jedoch für illegitim innerhalb eines demokratischen Diskurses die eigenen Unzulänglichkeiten, Charakterfehler und Denkverbote als Kult des Gestern in eine pseudoreligiös legitimierte politische Ideologie zu gießen, die sich dann auch noch der Hinterfragbarkeit entziehen soll.
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14. Die zum Teil virulent rechten Haltungen der Union in Fragen des Asylrechts, für dessen Totalaushöhlung 1993 ihr die Hauptverantwortung zufällt, der Migration, des Ausländerrechts, die gebetsmühlenartig wiederkehrenden Forderungen nach noch mehr und noch brutaleren Abschiebungen, nach Gewalteinsatz an europäischen Außengrenzen, das wiederholte öffentliche Bekenntnis zu menschenunwürdigen Flüchtlingslagern ,das peinliche Gepose mit vorgeblicher Leitkultur, der unausgesetzt bis ins Schamlose hinein betriebene Kulturalismus, die Art und Weise wie sich angeblich für – in der Regel rassistische – Traditionen stark gemacht wird; das Alles lässt erkennen, welchen primären „Wert“ der politische Konservatismus sich zu erhalten eigentlich aufgemacht hat: Das Weißsein der Deutschen. Der politische Konservatismus in Deutschland ist in seinen Anlagen völkisch-identitär und in seinem Bekenntnis ausdrücklich Weiß.
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15. Der politische Konservatismus verortet sich dabei auf der politischen Landkarte in einer hochproblematischen Art und Weise die notwendigerweise zu einer vollständigen Erstarrung seiner Entwicklungsperspektiven führt. Einerseits platziert sich der politische Konservatismus in der schiefen Weltsicht der, aus dem Nationalsozialismus in neurechter Verfeinerung rührenden, Hufeisentheorie selbst direkt ins Herz einer imaginären, „guten“ gesellschaftlichen Mitte, die er als ideologisch rechts, als konservativ definiert. Da diese Theorie die Wirklichkeit abzubilden vollständig ungeeignet ist und die quantitative Mehrheit der Gesellschaft konservativen Überzeugungen längst nicht mehr anhängt, führt dies zu einer extrem verzerrten Wahrnehmung und einem noch stärker verzerrten Selbstbild, das auf Selbsttäuschung beruht. Zweitens bekennt sich der politische Konservatismus zu bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen und, dank positivistischem, rosaroten Blickwinkel auf den Status Quo, den in ihr historisch gewachsenen Missständen, Machtdisbalancen, und Schieflagen, als etwas, das für die Mehrheit als wünschenswert zu erhalten ist. Durch diese beiden Selbstverortungen hat der politische Konservatismus buchstäblich den Bewegungsspielraum einer versteinerten Salzsäule.
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16. Der Union ist es bislang in Deutschland noch nie gelungen, weder jetzt noch in historischer Perspektive, noch besteht hier Hoffnung für die Zukunft, programmatisch so etwas wie einen liberalen Konservatismus zu implementieren, der dem inhaltlich auch nur annäherungsweise gerecht werden würde. Die Ära Merkel kann nicht glaubwürdig als liberal-konservativ definiert werden, da sie das über jede rudimentäre Vernunft hinausgehende Festhalten an einem rassistischen Rechtspopulisten als Innenminister, mithin das Bekenntnis zu dessen Weltsicht und politischen Fehlern, in sich trägt; selbst ein Ruprecht Polenz, der immerhin rechtsextreme antisemitische Verschwörungsideologen wie James Lindsay auch dann noch bedenkenlos empfiehlt, nachdem er aufgeklärt wird, wer das ist, kann heute nicht für einen liberalen Konservatismus stehen, weil seine Haltungen Handlungen, nämlich den Parteiaustritt, zur Folge haben müssten, wenn seiner Kritik, so sie Feigenblattstatus überschreiten sollte, irgendeine Ernsthaftigkeit innewohnte; und sogar ein Mann von der moralischen Größe eines Norbert Blüm hatte nicht die Kraft eine Partei zu verlassen, die ihm immer wieder in humanitären Fragen in den Rücken fiel, mit Pinochet und der Colonia Dignidad sympathisierte und dabei politisch mehrheitlich viele Kilometer weiter rechts stand, als er selbst.
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17. Ein liberaler Konservatismus kann dort nicht existieren, wo seine Liberalität nicht ausreicht die kumpelhafte Umarmung des Rechtskonservatismus, -populismus und -radikalismus tatsächlich zu lösen, weil die reaktionären Anteile seiner Ideologie nahezu ausschließlich identitätsstiftend sind.
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18. Der politische Konservatismus definiert sich zudem über eine extreme, übergroße Nähe zur und Verflechtung in die Wirtschaft, sowie sein Bekenntnis zu einem zunehmend immer schrankenloseren Neoliberalismus, der in der Bundesrepublik große wirtschaftliche, arbeitsrechtliche und soziale Verheerungen hinterlassen hat, ohne auch nur ein einziges seiner vorgeblichen Heilsversprechen jemals einzulösen. Er basiert auf eben jenem Magischen Denken, das in der Union ohnehin von jeher en vogue ist.
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19. Daher interpretiert die Union ihren Auftrag gegenüber den Bürgern dieses Landes als von Natur aus deutlich nachrangig gegenüber den Interessen von Unternehmen und Konzernen, die mittlerweile wie Auftraggeber fungieren, die Unionsverantwortlichen ganze Gesetzestexte aufsetzen, die lediglich noch des parlamentarischen Abknickens bedürfen.
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20. Seit 1953 war die Union, somit der durch sie vertretene politische Konservatismus, in mindestens 30 Korruptionsskandale auf Bundesebene verwickelt, mehr als jede andere Partei in der gesamten deutschen Geschichte, keine andere hat sich in einem auch nur annähernd vergleichbaren Umfang an diesem Land gesundgestoßen, wobei das betrügerische Lebenswerk von Andi Scheuer hier noch gar nicht eingerechnet ist.
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21. Der politische Konservatismus bekennt sich in der politischen Diskussion letztlich immer wieder zu einem, erstaunlicherweise als völlig harmlos geframten politischen Christentum, das selbst wiederum in seiner massivsten Ausprägung ideologisch dem Rechtsextremismus nahesteht, und interpretiert seine Mandate so, dass auch irrationale, auf Glaubens- nicht Sachgründen basierende Entscheidungen, des Gesetzgebers, die nicht hinterfragbar sind, legitimiert seien.
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22. Daraus resultiert auch das Bekenntnis zu Magischem Denken, dass in der Regel zu einer völlig verzerrten, stark beeinträchtigen Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer drängenden Anforderungen führt und Akteure des politischen Konservatismus häufig unfähig macht sachgerechte, an der Wirklichkeit orientierte, Entscheidungen zu treffen.
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23. Politischer Konservatismus definiert sich auch durch eine bis ins moralisch Unvertretbare ausufernde Kritiklosigkeit und antidemokratische Nähe zu Kirche und kirchlichen Organisationen, so dass, beispielweise, kirchlichen Arbeitgebern ein weit ausgelegtes, sachlich unbegründbares Diskriminierungsrecht zugestanden wird, Kirche und deren Repräsentanten, im Sinne gelebter Doppelstandards, in schwindelnden Empörungsspiralen gegen auch nur rudimentäre weltliche Kritik reflexiv in Schutz genommen werden oder beispielsweise in der Frage der Mißbrauchsskandale innerhalb der Kirchen die rechtsstaatlich und grundgesetzlich erforderliche Haltung nicht aufgebracht werden konnte und kann.
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24. Der christliche Fundamentalismus rechter Prägung hat in Deutschland stets einen Verbündeten im politischen Konservatismus. Wer den politischen Islam bekämpfen will, muss dies auch mit dem politischen Christentum tun, das beispielsweise die islamistischen Grauen Wölfe überhaupt erst in Deutschland angesiedelt hat, und die Verkörperung des politischen Christentums in Deutschland ist die Union.
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25. Der politische Konservatismus in Deutschland erweist sich bislang als völlig unfähig autoritäre Strukturen, etwa in Polizei und Militär, auch nur zu hinterfragen, geschweige denn zu reformieren und deren verfassungsmäßigen Grundlagen Geltung zu verschaffen. Das reflexive , systemische Wegsehen und Verharmlosen rechtsextremer Subkulturen in genannten Organisationen, die vollkommen kritik- und distanzlose Überahmen von Positionen polizeilicher Lobbyorganisationen durch diverse Unionsinnenminister, ist ursächlich für die fortdauernden Probleme auf diesem Sektor und auch für die verschiedenen Umsturz- und Putschversuche aus diesen Kreisen, die, bislang, stets noch im Vorfeld vereitelt werden konnten.
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26. Jeder humanistische Fortschritt in Deutschland, der gesetzlich erreicht wurde, wurde stets gegen den erbitterten Widerstand des politischen Konservatismus erreicht, der sich, bis heute, noch nicht einmal herabgelassen hat seine zahllosen Irrtümer auf diesem Feld auch offen als solche anzuerkennen und einzuräumen: Von der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe, der Klimaschutzgesetzgebung, der Differenzierung des Paragraphen 218, Transgenderrechten, Abschaffung des Züchtigungsrechts bis zur Ehe für Alle – stets war der politische Konservatismus leidenschaftlicher Gegner und Hemmschuh von Fortschritt und Weiterentwicklung auf humanitärer Ebene. Die Werte, die diese Ideologie zu erhalten vorgibt, so ist schlusszufolgern, werden um ihrer selbst willen erhalten, als Traditionalismus per se, auch um den Preis der Menschenfeindlichkeit.
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27. In der drohenden Klimakatastrophe kommt dem politischen Konservatismus die Hauptverantwortung für das weitreichendste Regierungsversagen des 20. Jahrhunderts zu. In den 41 Jahren seit offiziellem Bekanntwerden der globalen Erwärmung als drohender Zukunftskatastrophe, durch die EXXON Studie und den Club Of Rome, war in Deutschland beispielsweise die Union, mithin der politische Konservatismus, 32 Jahre lang regierungsführend und erwies sich als größter politischer Gegner im Kampf gegen den Klimawandel. Magischem Denken und der Quasireligion des Neoliberalismus völlig verpflichtet, unfähig auf die Herausforderungen von morgen, andere Antworten als die falschen Phrasen von Gestern zu geben, tat er alles um Bemühungen gegen die Klimakatastrophe zu unterlaufen, hintertreiben, verhindern und zu bekämpfen.
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28. Würde der Klimawandel begriffen als der gesellschaftspolitische Lackmustest für unser aller Zukunft, der er tatsächlich ist, so markierte er auch das endgültige Scheitern der Ideologie des politischen Konservatismus. Der politische Konservatismus propagiert sogar ganz offiziell die Rücknahme der Rettungsmaßnahmen und Weichenstellungen gegen den Klimawandel, sondern will nun, in einem so prekären wie problematischen Akt selbstgewählter Blindheit zurück zu Kohle und Atomenergie, die beide weder sauber noch erneuerbar, sprich schädlich und endlich sind, um das Land mit Karacho und Volldampf in die Klimakatastrophe zu steuern, wie die Titanic in den Eisberg - aus konservativer Sicht durchaus logisch, interessiert sie doch nicht sosehr die Gefahr des Untergang an sich, als die Gefahr des nicht ausreichend luxuriösen Untergangs der High Society auf dem Oberdeck.
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Eine politische Anschauung die in einer kritiklosen Unterwerfung gegenüber nichthinterfragbaren Autoritäten, in einem pervers-parallelweltlich auf die Spitze getriebenen magischen Denken, einem selbstreflexiven Kult der Vergangenheit, dem Aufzwingen eigener Unzulänglichkeiten auf gesellschaftliche Strukturen und Weißer, völkischer Identitätspolitik struktureller Art seinen extremsten Ausdruck findet, kann auch in seiner mildesten Form, nicht als aus sich selbst heraus legitime Anschauung verstanden werden.
Sie ist vielmehr, so denken wir, ein Symptom nicht erfolgter gesellschaftlicher Entwicklung, der Verhaftung im Unvollkommenen, mehr noch: eine bleibende Brücke direkt in die Menschenfeindlichkeit von Rechtsextremismus und Faschismus
Aus den vorgenannt aufgeführten Gründen argumentieren wir, dass der Kampf gegen Rechts nur erfolgreich sein kann, wenn man dem Rechtsradikalismus und –extremismus die Grundlage, den gesellschaftlichen Humus nimmt auf dem er gedeiht, auf dem er wächst, den er überlebensnotwendig braucht – und wir folgern, dass der politische Konservatismus, ohne mit den genannten Extremismusformen identisch zu sein, diese Grundlage ist. Und dass er daher auf demokratischem, diskursivem Wege, letztlich durch den Wähler an der Urne, überwunden und in die politische Bedeutungslosigkeit gedrängt werden muss.
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Wir stehen für ein politisches Klima jenseits einer konservativen Ideologie.
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Nicht für ein Klima jenseits von Werten. Ganz im Gegenteil: Die Sorge um das Fundament unser aller Werte, und nichts Anderes, hat uns veranlasst, dieses streitbare Thesenpapier zu schreiben.
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