Aserbaidschans Überfall auf Armenien: Die EU steht fest an der Seite des Aggressors

Aserbaidschans Überfall auf Armenien: Die EU steht fest an der Seite des Aggressors

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Shakehands mit dem blutigen Diktator und Angrifskrieger: Ursula von der Leyen und Ilham Alijew vor zwei Monaten in Baku (Foto:Imago)

Die aktuellen Entwicklungen im seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan zeigen einmal mehr die ganze verlogene Doppelmoral der EU: Diese Woche startete Aserbaidschan seinen neuesten völkerrechtswidrigen Angriff auf Armenien
mit massiven militärischen Kräften. Auf internationalen Druck kam zwar schnell eine Waffenruhe zustande; ob diese von Bestand sein wird, darf allerdings bezweifelt werden. Es besteht guter Grund zur Annahme, dass der aserbaidschanische Diktator Ilham Alijew sich durch die jüngsten Avancen der EU zu dem Angriff ermuntert fühlte: In ihrem Bestreben, sich von russischem Gas unabhängig zu machen, soll nämlich Aserbaidschan
seine Gaslieferungen nach Europa in den nächsten fünf Jahren verdoppeln. Erst im Juli unterzeichneten Alijew und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine entsprechende Absichtserklärung, die von der Leyen als „neues Kapitel in unserer Energiezusammenarbeit mit Aserbaidschan“ feierte. Das Land sei ein „wichtiger Partner” in den Bemühungen der EU, sich von russischen Energielieferungen zu lösen, sagte sie weiter.

Damit nicht genug: Auf Twitter legte von der Leyen nach – und bezeichnete Aserbaidschan, einen der korruptesten und autokratischsten Polizeistaaten der Erde, gegen das Russland als demokratisches Paradies gelten kann, als „vertrauenswürdigen Energielieferanten“. Alijew wiederum erklärte: „Eine langfristige, vorhersehbare und sehr zuverlässige Zusammenarbeit zwischen der EU und Aserbaidschan im Energiebereich ist natürlich von großem Wert“. In der Tat: Nicht zuletzt für den korrupten Machthaber selbst und seine Familie, die das Land nach Kräften zur Selbstbereicherung ausbeutet und riesige Summen in Europa investiert. Die Machenschaften der Aserbaidschan-Connection, in die auch die im April letzten Jahres auf einer Kuba-Reise urplötzlich verstorbene CDU-Politikerin Karin Strenz verwickelt war, waren immer wieder Gegenstand ausführlicher Reportagen und Dokumentationen ausgerechnet auch des öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehens gewesen – und damit derselben Medien, die jetzt fein stille schweigen und die Attacke des Regimes in Baku auf seinen christlichen Nachbarn unter den Teppich kehren. Kein Wunder: Würden sie dieselben Maßstäbe anlegen wie an Putins Russland, dann müssten sie berichten, dass hier ein noch korrupteres Regime die Rolle des Aggressors einnimmt – nur dass hier der Wertewesten auf seiner Seite steht.

Nächste Doppelmoral des Wertewestens

Für die Heuchler in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten spielt diese skandalöse Doppelmoral jedoch keine Rolle. Alijew weiß natürlich, dass die EU kaum Alternativen zu russischem Gas hat und sich deshalb gar nicht leisten kann, ihn zu verprellen. Mit ihren öffentlichen Lobhudeleien hat von der Leyen zusätzlich unterstrichen, dass von europäischer Seite keine Kritik mehr zu erwarten ist. Dies dürfte ihn zu dem Angriff auf Armenien erst ermuntert haben – der mindestens so völkerrechtswidrig war wie der russische Überfall auf die Ukraine. Von der EU-Kommission kam auf Anfrage von „Tichys Einblick” lediglich ein wachsweiches Statement mit den üblichen Phrasen über die „Friedensbemühungen”, die man unternommen habe und weiter unternehme „Aserbaidschan bleibt ein wichtiger Energiepartner für die EU“, hieß es dort jedoch sehr eindeutig. Von der Leyen, die sich seit Monaten mit rhetorischen Angriffen auf die russische Invasion überschlägt und ein Sanktionspaket nach dem anderen voranpeitscht, fand ebenfalls keine kritischen Worte zu ihrem neuen Partner. Kein Wunder: Bereits bei dem Abkommen der EU mit Alijew hatte es überhaupt keine Rolle gespielt, dass dieser Armenien im Zuge des Konflikts um Berg-Karabach bereits 2020 widerrechtlich attackiert hatte – unter Inanspruchnahme von faktischer Waffenhilfe der Erdogan-Türkei, die dschihadistische Islam-Milizionäre als Söldner in Bakus Dienste stellte .

Angesichts dieser unerträglichen europäischen Heuchelei verwundert es nicht, dass der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan sich prompt noch in der Nacht, als sein Land angegriffen wurde, sofort an Wladimir Putin wandte, um ihn um Hilfe durch die Militärallianz OVKS zu bitten, die aus den ehemaligen Sowjetrepubliken Russland, Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan besteht. Eine diesbezügliche Entscheidung ist noch nicht gefallen, es wurde lediglich beschlossen, den OVKS-Generalsekretär Stanislaw Sass zur Erkundung der Lage ins Konfliktgebiet zu senden. Doch es grenzt an kafkaesken Wahnsinn, dass sich hier nun ausgerechnet ein überfallener christlicher Staat an das Russland wendet, dem die EU einen Angriffskrieg vorwirft, um sich vor einem Aggressor zu schützen, der neuer best friend und Partner der EU ist.

Stich ins Wespennest

Derzeit schweigen zwar die Waffen, wobei vor allem Vermittlungen durch die USA und Frankreich Aleijew zum (wahrscheinlich nur vorübergehenden) Einlenken bewogen haben dürften; doch es ist bemerkenswert, dass hier nun also plötzlich der Dialog und nachdrückliche Gesprächsdiplomatie mit einem Usurpator Mittel der Wahl waren – und kein Sofortabbruch aller Beziehungen, Sanktionen und Waffenlieferungen an das überfallene Opfer. Man höre und staune!

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan dreht sich seit den späten 1980er-Jahren vor allem (wenn auch nicht nur) um die Kontrolle über die Enklave Bergkarabach, die völkerrechtlich zwar zu Aserbaidschan gehört, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Diese riefen 2017 dort die international nicht anerkannte Republik Arzach aus. Russland nimmt bei alledem eine durchaus zwiespältige Rolle ein: Einerseits tritt es als Schutzmacht der christlichen Armenier gegen das islamische und massiv von der Türkei unterstützte Aserbaidschan auf. Zugleich ist es mit Aserbaidschan verbündet. Im kaum überschaubaren geopolitischen Machtspiel des Kaukasus versucht der Kreml, als Schiedsrichter aufzutreten und seine eigenen regionale Hegemonialstellung zu wahren. 2020 griff es nach dem damaligen Angriff Alijews ein, kurz bevor die Hauptstadt der selbsternannten Republik Arzach gefallen wäre. In dieses weitere Wespennest sticht die EU nun mit ihrer blindwütigen Gaskooperation mit Aserbaidschan hinein, indem es diesem mehr oder weniger eine carte blanche erteilt, seinen Aggressionskurs zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Was bei Putin Unrecht ist, müsste allerdings auch bei Alilijew Unrecht sein. Aus Brüsseler Sicht jedoch gilt offenbar das alte Motto: Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe.

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