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Am 09.02.2021 veröffentlichten Martin Lange und Ole Monschauer vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim respektive von der Humboldt Universität Berlin ein Discussion Paper (Diskussionspapier – vorläufiger Beitrag zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften) mit dem Titel Spreading the Diseas: Protest in Times of Pandemics.


These des Papers ist eine unterstellte Zunahme des Covid-19-Infektionsgeschehens im Zusammenhang mit „Querdenken“-Demonstrationen in Berlin und Leipzig im November 2020. Für den „Beweis“ werden Korrelationen der folgenden Annahmen mit den gestiegenen Inzidenz-Werten der betreffenden Regionen „dargelegt“, und so – fälschlicherweise - auf einen kausalen Zusammenhang geschlossen:

  • Corona-Leugner sollen überproportional „populistische Parteien“ (AfD) unterstützen
  • Corona-Leugner sind impfkritisch - daher wird die „Maserndurchimpfung“ bei Kindern als Vergleichswert für das Vorhandensein von corona-leugnenden Eltern unterstellt
  • Die Bushaltestopps von Honk-for-Hope in analysierten Regionen


Zunächst ist festzustellen, dass die stringente und übermäßig häufige Verwendung des Begriffs „Covid-19-Leugner“ wahrscheinlich auf eine politische Motivation der Autoren schließen lässt. Ab Seite 8 ff wird beschrieben, dass es schwer ist „Covid-19-Leugner“ zu identifizieren und deshalb die anderen genannten Maßzahlen s.o. herangezogen werden. Ab Seite 21 wird sich ferner mit dem Begriff „Covid-19-Leugner“ beschäftigt und dieser beispielhaft wie folgt beschrieben: Covid-19-Leugner meiden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nicht öffentlichen Plätze, halten keine entsprechenden Abstände in der Öffentlichkeit, waschen Ihre Hände nicht regelmäßig, reduzieren weniger stark soziale Kontakte, tragen weniger häufig Maske und halten sich weniger häufig an Ausgangsbeschränkungen. → Woher der Schluss kommt, dass diese Menschen die Krankheit Covid-19 leugnen sollen, geht aus den Ausführungen jedoch nicht hervor.


Weiterhin ist festzustellen, dass bereits in den ersten Zeilen es Papiers davon geschrieben wird, dass die Krankheit das allgemeine Überleben gefährdet. Diese Grundannahme ist als grundfalsch zu bezeichnen, da die Covid-19-Erkrankung laut WHO zu den seltenen Erkrankungen zählt und im vergangenen Jahr der sog. „Pandemie“ keine Übersterblichkeit in sämtlichen westlichen Ländern zu verzeichnen ist. In ausnahmslos allen Ländern liegt das durchschnittliche Todesalter der mit Covid-19-Verstorbenen über der allgemeinen Lebenserwartung des entsprechenden Landes.


Darüber hinaus sind zu den konstruierten Korrelationen folgende Punkte festzustellen:


1. Die Autoren werten nur bestimmte „verdächtige" Landkreise aus (AfD-Wahlverhalten, Masern Impfrate, Honk-for-Hope Haltestationen), und stellen dort eine Zunahme der „Infektionen" fest.

→ Es wird generell kein Vergleich zu „unverdächtigen" Landkreisen oder dem bundesweiten Infektionsgeschehen gezogen! Es ist bekannt, dass bundesweit das Infektionsgeschehen im Dezember stark stieg.


(2. Die Daten zur Studie beziehen sich generell lediglich auf Testpositive - Inzidenzfälle - und nicht auf Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19.)


3. Zum bisherigen Wahlverhalten von Teilnehmern von Corona-Protesten ist auf die Studie von Nachtwey et al. verwiesen (https://osf.io/preprints/socarxiv/zyp3f), welche von den Autoren des gegenständlichen Papers gänzlich unterschlagen wird. Demnach stellen AfD-Wähler mit etwa 15% der Teilnehmern an Corona-Protesten nur einen kleinen Teil. Die Autoren hätten demnach Landkreise mit überproportional vielen Grünen- oder Linken-Wählern untersuchen müssen.


4. Die Demonstrationsteilnehmer, welche mit dem Angebot von Honk-for-Hope zu den Demonstrationen anreisten, stellen nur einen sehr kleinen Anteil der Gesamtteilnehmer dar. Für Berlin am 18.11.2020 sind dies XY und für Leipzig am 7. November ZZ.


5. Es gab weit größere „coronamaßnahmen-kritische“ Demonstrationen am 1. sowie 29. August 2020 in Berlin. Wieso wurde das Infektionsgeschehen im Nachgang zu diesen beiden Ereignisse nicht untersucht bzw. nicht veröffentlicht? Dazu wird im Papier keine Antwort gegeben, obwohl explizit diese beiden Groß-Demonstrationen erwähnt werden.


6. In „kleinen Städten“ / (Landkreisen) in denen Honk-for-Hope Busstopps hatte, wurde eine 7-Tage-Inzidenz um (im Schnitt) 75 Fallzahlen je 100.000 Einwohner höher festgestellt, als in Kreisen ohne Busstopp.

→ Da von der Einwohnerzahl kleiner 20.000 die Fallzahlen auf 100.000 Einwohner hochgerechnet wurden, sind die vorgetragenen Ergebnisse stark einzelfallabhängig. Beispielsweise ergibt bei 15 Fällen je 20.000 Einwohnern eine Fallzahl von 75 je 100.000. Für 14 bzw. 16 Inzidenzen ergeben sich hochgerechnet 70 bzw. 80, also keine weiteren Zwischenwerte um 75. Dieser Aspekt gilt für Betrachtungen von Inzidenzfällen in Regionen mit und ohne Busstopps. Diese "grobe" hochgerechneten Werte werden nachfolgenden verglichen und ein „exakter“ Überhang an Inzidenzfällen von 35,9% festgestellt. Eine weitere Kommentierung erübrigt sich für den geneigten Leser.


7. Es wird erklärt, dass die „Covid-19-Pandemie“ vom Aufkommen von Verschwörungstheorien begleitet wird (Seite 7). Weiterhin haben sich Esoteriker, Monarchisten (Anhänger des Kaiserreichs) sowie rechte Gruppierungen den Protesten angeschlossen haben. Inwiefern dies Auswirkungen auf eine erhöhte Ausbreitung und gesteigertes Infektionsgeschehen hat, wird leider nicht ausgeführt. Wir verweisen an dieser Stelle auf das BKA Papier XY, in der die Teil- sowie Einflussnehmer von Querdenken-Demonstrationen untersucht werden.


Fazit: Das vorgelegte Diskussionspapier ist politisch motiviert und stark sozialwissenschaftlich geprägt. Begrifflichkeiten werden nicht konsistent benutzt; Inzidenzen werden mit Infektionen gleichgesetzt. Der Begriff Covid-19-Leugner wird nicht eindeutig definiert, eingestanden dass es keine relevanten Informationen zu diesen gibt und eigene Annahmen getroffen, die der genannten Studie von Nachtwey 1) widersprechen. Die vorgenommene Stichprobe anhand willkürlich herangezogener Attribute (AfD-Wahlverhalten, Maserndurchimpfung, Busstopps von Honk-for-Hope) ist keinesfalls als repräsentativ zu betrachten. Die vorgenommenen Stichproben werden lokalisiert und die Inzidenz-Fälle für die betreffenden Orte / Kreise analysiert. In den verwendeten gemeldeten Inzidenz-Zahlen sind dann selbstverständlich wieder "alle" drin: vom grünenwählenden Rollatornutzer mit Masernimpfung bis hin zum Teilnehmer an der Busreise zur „Querdenken“-Demo. Weiterhin ist festzuhalten, dass das Paper keine einzige Kausalkette herstellt. (Abschließend ist anzumerken, dass die Autoren fachfremd sind und weder eine medizinische, virologische oder epidemiologische Ausbildung besitzen.)


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