SX

SX


Sexualität: wesentliche Grundbegriffe Im Gegensatz zu den meisten Tieren sind adulte Menschen fast ständig paarungsbereit. Hierdurch spielt Sexualität im menschlichen Verhalten eine exklusive Rolle. Insbesondere für Männer ist der Geschlechtstrieb einer der wichtigsten Motivationskräfte überhaupt. Sexualität stellte für S. Freud eine der wesentlichsten Triebkräfte des gesamten menschlichen Verhaltens dar. Freud war einer der ersten, die auch Kindern eine gewisse Sexualität zubilligte. à Psychosexuelle Phasen nach Freud Sein Schüler Wilhelm Reich beschäftigte sich wesentlich mit der Sexualität des Erwachsenen. à Buch:„Die Funktion des Orgasmus“ (ca. 1930). Reich führte neurotische Prozesse im wesentlichen auf Störungen der Genitalfunktionen zurück. Er beschrieb den Geschlechtsakt bereits detailliert in mehreren Phasen: I) Phase der willkürlichen Beherrschung der Reizsteigerung Erektion des Penis, Sekretion der Schleimhaut der Vagina, der Mann hat den Drang einzudringen, die Frau den Wunsch das Glied „einzusaugen“. Das Bewusstsein ist auf die Perzeption der Lustempfindung eingestellt und versucht, eine recht hohe Spannung zu erzielen. Unterbrechungen oder Stellungsveränderungen werden wegen der Verlängerung des Aktes als lustvoll empfunden. Die Erregung steigert sich allmählich und erfasst dann den gesamten Körper. II) Phase der unwillkürlichen Muskelkontrationen Die willkürliche Beherrschung des Ablaufs der Erregung ist nicht mehr möglich, eine Unterbrechung wird als extrem unlustvoll erlebt. Atmung und Puls beschleunigen sich, Abstömen der Erregung auf das Genitale, reflektorische Kontraktionen der Genital- und Beckenbodenmuskulatur, Samenerguss beim Mann, „saugende“ Tätigkeit der Vaginalmuskulatur bei der Frau. Trübung des Bewusstseins, motorische Entladung und nachfolgend Lösung der Spannung. Erregung klingt in sanfter Kurve aus, körperliche und seelische Schlaffheit, Schlafbedürfnis. Reich entwarf auch eine Kurve der sexuellen Erregung, glaubte aber noch, dass diese bei Männern und Frauen identisch verläuft. Er beschäftigte sich außerdem mit sexuellen Abweichungen wie hier der Frigidität der Frau. Das alles war relativ neu, weil die (männliche) Wissenschaft bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert noch geglaubt hatte, dass Frauen von Natur aus sexuell nicht besonders erregungsfähig seien und dass ein Orgasmus der Frau eher die pathologische Ausnahme als die Regel sei. Der Amerikaner Kinsey (1948, 1953) untersuchte die menschliche Sexualität als an über 12.000 Amerikanern. Masters und Johnson unterscheiden beim Geschlechtsverkehr vier Phasen des sexuellen Reaktionszyklus: 1. Erregungsphase: Herzfrequenz und Blutdruck nehmen zu, es kommt zum Sex Flush (Sexualröte). Beim Mann kommt es zur Erektion des Penis, bei der Frau zum Anschwellen von Klitoris, Schamlippen und Brustwarzen. 2. Plateauphase: weitere Zunahme von Muskelspannung, Herzfrequenz und Blutdruck. Bei der Frau weiten sich die äußeren Schamlippen, das äußere Drittel der Vagina schwillt an, Gleitflüssigkeit wird abgesondert. Bei Mann kommt wird ein Sekret aus den Cowperschen Drüsen abgesondert. Bei der Frau muss die Plateuphase länger anhalten als beim Mann, um einen Orgasmus auszulösen. Bei der Frau bildet sich durch zunehmende Erregung im äußeren drittel der Vagina die „orgastische Manschette“ heraus, die einen engen Kanal bildet und damit die optimale Voraussetzung für den Orgasmus des Mannes. 3. Orgasmusphase: Im Orgasmus kommt es zur größten Intensität der Lustempfindung, unwillkürliche Muskelkontrationen in der Genital- und Analregion treten auf. Kulmination von Herz-, Kreislauf- und Atmungstätigkeit, z.T. tritt angeblich sogar auch ein momentaner Bewußtseinsverlust auf. Charakteristisch für den Orgasmus der Frau sind Kontraktionen der sog. orgastischen Manschette (Muskel im unteren Drittel der Scheide), beim Mann kommt es zur Ejakulation und zu Kontraktionen der vorderen Beckenmuskulatur. 4. Rückbildungsphase: Rückkehr zu normalem Blutdruck und Herzfrequenz, Abschwellen des Penis beim Mann und der Schamlippen, der Klitoris und der Brustwarzen bei der Frau. Müdigkeitsgefühl. Frauen können unmittelbar nach der Orgasmusphase einen zweiten, dritten, vierten... Orgasmus erleben. Männer müssen erst die Refraktärphase verstreichen lassen, bevor sie erneut mit der Erregungsphase beginnen können. Masters und Johnson entdeckten auch viele typische Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Erregungskurve verläuft beim Mann sehr viel schneller und steiler, Männer können innerhalb von wenigen Minuten zum sexuellen Höhepunkt kommen, Frauen brauchen hierfür im Allgemeinen eine erheblich längere Zeit. Die sexuelle Erregung geschieht beim Mann zunächst in erster Linie über visuelle Stimuli, bei der Frau ist es mehr der Körperkontakt. Im Gegensatz zum Mann dauert der weibliche Orgasmus oft sehr viel länger, außerdem sind Frauen zu multiplen Orgasmen fähig. Andererseits kommen Männer erheblich regelmäßiger beim Geschlechtsverkehr zum Orgasmus als Frauen, dies hat allerdings mehr soziale als biologische Gründe. Der „normale“ Geschlechtsverkehr reizt zwar den Penis des Mannes maximal, die Klitoris der Frau aber nicht ausreichend und auch heute noch haben viele Männer keine ausreichende Kenntnis über die Notwendigkeit zusätzlicher Stimulation. Auf der anderen Seite haben die meisten Frauen es nicht gelernt, ihre diesbezüglichen Wünsche dem Partner gegenüber klar auszudrücken. Auch Ärzte/Ärztinnen umgehen das Thema im Umgang mit Patienten oft mit einer bemerkenswerten Feinfühligkeit, die sie bei anderen Themen völlig vermissen lassen. Warum ist das so? Die Natur hat es so eingerichtet, dass der Orgasmus des Mannes mit dem Ausschleudern der Samen verbunden ist. Deshalb ist der Orgasmus des Mannes biologisch unabdingbar für die Vermehrung der Rasse. Sexuelle Erregung der Frau ist unablässlich, damit sie das Sexualverhalten des Mannes über sich ergehen lässt. Der Orgasmus der Frau dagegen ist aus biologischer Sicht entbehrlich. Menschliches Brunftverhalten Nach Irenäus Eibl-Eibesfeldt gehen bei einer Langzeitbeziehung beide Partner ein ziemliches Risiko ein und versuchen daher, sich schon im Vorfeld abzusichern. Dies geschieht im menschlichen Brunftverhalten. Insgesamt ist das Risiko, das aus einem sexuellen Kontakt entsteht, für die Frau beträchtlich größer als für den Mann, denn sie ist in der Folge mit Schwangerschaft und Aufzucht der Kinder belastet, wenn es zu keiner Dauerpartnerschaft kommt. Der Mann dagegen versucht seine Gene möglichst breitflächig weiterzugeben. Kommt es zu keiner dauerhaften Bindung, dann war der Aufwand für ihn recht gering. Männer scheuen daher in der Regel kein flüchtiges Abenteuer, während Frauen auf eine dauerhafte Beziehung hinarbeiten müssen. Wenngleich dies durch Unterhaltszahlungen für nicht-eheliche Kinder heute gesetzlich eingeschränkt ist, haben wir dieses uralte antropologische Erbe dennoch in uns. à Männer sind deutlich schneller zum Geschlechtsverkehr bereit als Frauen, bei Kurzzeitbeziehungen sind sie auch weniger wählerisch. Anders sieht es beim Aufbau von Langzeitbeziehungen aus: • Für den Mann ist es wichtig, dass die Frau nur von ihm Kinder empfängt, da sexuelle Untreue seinen Fortpflanzungserfolg mindert. • Für die Frau dagegen ist es wichtig, dass der Mann Beschützer- und Versorgerqualitäten hat. Im Werben verfolgen beide dabei genetisch vorprogrammierte Strategien, die erheblich älter als die Steinzeit sind. Die Frau gibt sich spröde, auch wenn sie dem Mann zugeneigt ist, um die Ernsthaftigkeit seines Bindungswunsches zu prüfen. Da Kinderaufzucht ein langfristiges Unterfangen ist, muss der Mann auch langfristig als Ernährer zur Verfügung stehen. Die Frau prüft dies, indem sie dem männlichen Werben Widerstände entgegensetzt und abschätzt, wieviel Zeit und Mühe er in sie investiert. Gleichzeitig beweist sie ihm dadurch, dass sie nicht so leicht verführbar ist und damit auch die Voraussetzung für Treue mitbringt. Sexuelles Verhalten der Deutschen Aktuelle Befragung (Berliner Forsa-Institut, 1999) über die sexuellen Gewohnheiten der Deutschen: Erster GV: Alter Männer Frauen bis 12 2 % 1 % 13-14 8 % 7 % 15-16 22 % 30 % 17-18 31 % 42 % 19-20 19 % 15 % > 20 16 % 5 % noch nie 2 % 1 % Erster Orgasmus beim GV: Alter Männer Frauen bis 14 8 % 2 % 15-16 21 % 15 % 17-18 32 % 27 % 19-20 21 % 20 % 21-25 14 % 12 % über 25 2 % 7 % noch nie 2 % 18 % Dauer des GV: Dauer verheiratete Paare unverheiratete Paare Singles unter 5 Minuten 1 % 0 % 0 % 5 - 14 Minuten 7 % 3 % 4 % 15 - 29 Minuten 32 % 24 % 16 % 30 - 59 Minuten 33 % 34 % 38 % über 60 Minuten 10 % 23 % 25 % unterschiedlich 14 % 14 % 14 % Häufigkeit des GV: Häufigkeit verheiratete Paare unverheiratete Paare Singles mehrmals tägl. 1 % 1 % 2 % 1x täglich 3 % 9 % 5 % 2 - 3x pro Woche 45 % 48 % 24 % 1x pro Woche 23 % 19 % 4 % 2-3x pro Monat 17 % 16 % 21 % 1x pro Monat 4 % 3 % 9 % seltener als 1x Monat 4 % 4 % 34 % weiß ich nicht 2 % 1 % 2 % Anzahl der GV-Partner: Anzahl Männer Frauen keinen 1 % 1 % 1 12 % 28 % 2 - 4 40 % 48 % 5 -9 23 % 15 % 10 - 14 9 % 4 % 15 - 19 5 % 2 % über 20 7 % 1 % Masturbation (Häufigkeit): Häufigkeit Männer Frauen mehrmals täglich 1 % 0 % 1x täglich 3 % 1 % 2-3x pro Woche 12 % 4 % 1x pro Woche 14 % 1 % 2-3x pro Monat 11 % 6 % 1x pro Monat 9 % 7 % seltener 47 % 76 % Masturbation (Beginn): Alter Männer Frauen bis 12 28 % 16 % 13-14 35 % 13 % 15-16 23 % 13 % 17-18 9 % 13 % 19-20 2 % 3 % über 21 1 % 17% nie 3 % 25% Auch hier ein seltsames Ungleichgewicht. Frauen beginnen erst sehr viel später mit der Selbstbefriedigung als Männer. Der Vermutungen für die Gründe sind vielfältig. Wahrscheinlich aber spielt sexuelles Verhalten für Männer einfach eine größere Rolle als für Frauen. Andererseits ist bekannt, dass Masturbation eine Übung ist und das Jugendliche, die viel masturbiert haben, später meist sexuell leichter erregbar sind und besser zum Orgasmus kommen. Sexuelle Varianten • Oralverkehr: oraler Geschlechtsverkehr („Cunnilingus“ oder „Fellatio“) ist unter Paaren heute so weit verbreitet, dass man hier von einem völlig normalen Verhalten ausgeht. • Analverkehr: wird vor allem von männlichen Homosexuellen durchgeführt. Aber auch mindestens 10% amerikanischen heterosexuellen Paare berichtete, gelegentlich Analverkehr durchzuführen. Zum Teil um Schwangerschaften zu vermeiden, während der Menstruation der Frau, zu einem erstaunlich hohen Prozentsatz aber auch, da diese sexuelle Spielart beiden Partnern Lust vermittelte. Der Anus ist fraglos ein sexuelles Organ, das auch sexuelle Lustempfindungen vermitteln kann. Homosexualität wird heute nicht mehr als pathologisch bewertet. Kinsey fand: Männer Frauen mindestens ein homosexuelles Erlebnis mit Orgasmus 37 % 13 % mindestens über drei Jahre homosexuelle Neigungen 10 % 3 % von Jugend an ausschließlich homosexuell. 4 % 0,3 % Homosexualität wird heute mehr als Spielart der menschlichen Sexualität gesehen. Interessanterweise kommt es auch bei Tieren zu homosexuellen Verhaltensweisen, hier allerdings häufiger in Ermangelung eines heterosexuellen Partners. Homosexualität wurde in Deutschland lange Zeit als Verbrechen angesehen und mit Gefängnisstrafen belegt. Sigmund Freud betrachtete Heterosexualität als den „normalen Zustand“ und Homosexualität als krankhafte Abweichung einer fehl gelaufenen Erziehung (dominante Mutter, schwacher liebevoller Vater). Zwar konnte es als Fortschritt angesehen werden, dass Homosexualität fortan mehr als Krankheit denn als Verbrechen angesehen wurde, die Betroffenen mussten in der Folge aber mengenweise Heilungsversuche über sich ergehen lassen, bis hin zur Kastration, Hormonbehandlung, Elektroschocktherapie und Gehirnoperation. Darüber hinaus bedeutete dies eine Schuldzuweisung an die Eltern. Sexualstörungen: Beim Mann kommen folgenden Sexualstörungen vor: • Erektionsstörungen (impotentia coeundi) infolge psychischer Ursachen (Erwartungsangst, Überforderung, Attraktivitätsverlust der Frau im Alter) oder als Sekundärfolge körperlicher Störungen (Alkoholismus, Zuckerkrankheit, usw.) • Ejaculationsstörungen: man unterscheidet ejaculatio praecox (zu früher Samenerguss) und ejaculatio retardata (stark verzögerter Samenerguss). Bei der Frau sind folgende Störungen möglich: • Anorgasmie: Unfähigkeit, den sexuellen Höhepunkt zu erreichen. Primäre Anorgasmie entsteht durch prüde Erziehung, sekundäre Anorgasmie durch Partnerschaftskonflikte oder Attraktivitätsverlust des Partners. Der ältere Ausdruck „Frigidität“ wird nicht mehr benutzt, da anorgastische Frauen nicht zwangsläufig gefühlskalt sein müssen. • Vaginismus: Krampf der Beckenbodenmuskulatur beim Eindringen des männlichen Gliedes, meist bei unerfahrenen, jungen Frauen. Fast immer als Folge von gespannter Erwartungshaltung durch negative Schilderungen des Geschlechtsverkehrs oder durch Libidostörungen. Veränderungen der Geschlechtsindentität: • Transvestitismus: Transvestiten finden es erotisch, so wie das andere Geschlecht auszusehen. Es handelt sich fast ausschließlich um Männer, die sich wie Frauen anziehen, schminken und durch Hormoneinnahme oft sogar weibliche Brüste bekommen. Ein Teil der Transvestiten bevorzugt homosexuellen Geschlechtsverkehr. • Transsexualität (Transidentität): diese Personen haben die feste Überzeugung, mit dem falschen Geschlecht geboren worden zu sein, da eine Diskrepanz zwischen dem körperlichen und geistigen Geschlecht vorliegt. Meist kommt es schon in der Kindheit zu typischen Verhaltensweisen des anderen Geschlechts. Langfristig wird immer eine Geschlechtsoperation angestrebt. Transsexualität kommt bei beiden Geschlechtern vor. • Hermaphroditen: Personen, die ein unklares Geschlecht haben. Oft ist eine Vagina vorhanden und eine penisartig vergrößerte Klitoris. Ursache ist meist das „Androgenitale Syndrom“. Hier werden in den Nebennieren statt Kortisol nun nur noch ausschließlich Androgene produziert. Bei weiblichen Feten führt dies zu einer Vermännlichung. Chromosomensatz und innere Genitalien sind weiblich, es bildet sich aber ein Penis, allerdings kein Hoden. Sexuelle Abweichungen: • Exhibitionismus: ausschließlich bei Männern, die ihren erigierten Penis zur Schau stellen. Die Angst von Frauen, insbesondere jungen Mädchen oder Kindern, steigert ihre sexuelle Erregung. • Voyeurismus: ebenfalls vorwiegend bei Männern. Voyeure versuchen andere Personen nackt oder beim Geschlechtsverkehr zu beobachten. Angesichts der Tatsache, dass heute ganze Industriezweige von der Verbreitung pornographischer Bilder leben, stellt sich allerdings die Frage, wo hier die Grenze zwischen normal und pathologisch liegt. • Fetischismus: vorwiegend Männer, die durch bestimmte Gegenstände des anderen Geschlechts in Erregung versetzt werden, z.B.: getragene Slips, Damenschuhe, Büstenhalter, gebrauchte Tampons. Die Gummi- und Lederfetischisten verlangen das Tragen bestimmter Kleidungsstücke beim Geschlechtsverkehr. • Sadismus und Masochismus: Sadisten finden es sexuell erregend, andere Personen zu quälen. Die Partnerinnen bzw. Partner werden z.B. ans Bett gefesselt, beim Verkehr gewürgt, geschlagen oder gebissen. Die Masochisten dagegen geraten in sexuelle Erregung, wenn sie geschlagen werden. Innerhalb der Prostitution bilden die „Dominas“ einen eigenen Geschäftszweig, der speziell auf die Wünsche dieser Kunden eingeht. • Pädophilie: Erwachsene, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen. Pädophile Handlungen können hetero- oder homosexuell sein. Im Gegensatz zum sexuellen Mißbrauch von Kindern hat der Pädophile im allgemeinen keinen adäquaten sexuellen Kontakt zu erwachsenen Partnern. Pädophilie endet häufig mit der Tötung des Kindes, um die Tat zu verheimlichen. • Sodomie/Zoophilie: Geschlechtsverkehr mit Tieren. Insbesondere Haustiere (Hunde, Schafe, Kühe, sogar Hühner). Häufiger von Männern als von Frauen praktiziert. • Frotteurismus: Berühren von Personen in überfüllten Räumlichkeiten, z.B. scheinbar unabsichtliches Berühren der Brüste beim Einsteigen in die überfüllte U-Bahn. Biologische Grundlagen Frauen haben zwei XX Chromosome, Männer dagegen XY. Was aber ist ein XXY (Klinefelter-Syndrom)? Mann oder Frau ? Entscheidend ist ein Gen, das auf dem Y-Chromosom liegt. Es nennt sich „Testis-determinierender Faktor“, kurz TDF. Hat man diesen Faktor, so wird man zum Mann, hat man ihn nicht, so wird die Person zur Frau. Das TDF bewirkt die Ausbildung des Hodens, dieser produziert das Hormon „Testosteron“, das für alle weiteren Veränderungen ausschlaggebend ist. Ohne Testosteron bilden sich Klitoris und Schamlippen aus; mit Testosteron dagegen Penis und Hodensack. Das Geschlecht des Kindes wird also wahrscheinlich durch ein einzelnes Gen (TDF) bestimmt, das auf dem Y-Chromosom liegt. Was passiert, wenn eine Person XY-Chromosomen hat, aber aus irgendeinem Grunde kein Testosteron produziert wird? Die Person entwickelt sich körperlich zur Frau. In Abwesenheit geschlechtsspezifischer Hormone schlägt die Ent- wicklung die weibliche Richtung ein: à „Eva-Prinzip über Adam-Prinzip“. Von der biologischen Basis her sind wir strenggenommen also weiblich. Erst mit einigen genetischen und hormonellen Tricks schafft die Biologie es, den weiblichen zum männlichen Körper umzugestalten. Bei der „5-Alpha-Reduktase“, einer Erkrankung, wird Testosteron so umgewandelt, dass es nicht wirken kann. Trotz XY-Chromosomensatz entwickeln diese Kinder sich dann zu Mädchen. Erst in der Pubertät, wenn erheblich mehr Testosteron produziert wird, dann wechselt das Geschlecht dieser Kinder plötzlich von weiblich nach männlich. Welchen Einfluss hat Testosteron auf das männliche Sexualverhalten? Der normale Testosteronspiegel des Mannes sollte zwischen 350 und 1000 Nanogramm pro Liter liegen. Sinkt der Spiegel unter 350 ng/l, tritt Impotenz auf. Testosterongaben stellen den sexuellen Appetit dann wieder her. Was bewirkt Testosteron bei Frauen? Die Nebennieren produzieren bei beiden Geschlechtern geringe Mengen Testosteron. Kommt es zur krankhaften Vergrößerung der Nebennierenrinde (Nebennierenhyperplasie), wird zu viel Testosteron produziert. Es kommt zur Vermännlichung insbesondere der äußeren Genitalien von Frauen. Nach Entfernung der Ovarien und damit der wichtigsten Quelle für die weiblichen Sexualhormone (Östrogen & Progesteron) ist keine Verringerung des weiblichen Sexualtriebes zu verzeichnen. Entfernt man dagegen die Nebennieren und damit die einzige Androgen-Quelle bei der Frau, dann kommt es zu einem Rückgang des Sexualtriebes. Erst nach oraler Gabe von Testosteron normalisiert sich der Sexualdrang wieder. Das Sexualverhalten der Frau ist also stärker von Testosteron als vom Östrogen abhängig. Nach den Wechseljahren, wenn bei Frauen die körpereigene Östrogenproduktion geringer wird, setzt durch das Androgen, das stetig weiter ausgeschüttet wird, oft eine gewisse Vermännlichung im Aussehen ein. Ist Testosteron auch ausschlaggebend für geschlechtsspezifisches Sozialverhalten? Testosteron ist auch ausschlaggebend für soziale Verhaltensweisen, z.B. ist das Spielverhalten von jungen männlichen Affen wilder und ungestümer als das von weiblichen Jungtieren. Durch Gabe von Testosteron in einer kritischen Phase vor der Geburt wird auch das Spielverhalten von weiblichen Tieren wilder. Durch Gabe von Anti-Androgenen bei männlichen Tieren werden diese später ruhiger. Mädchen mit Nebennierenhyperplasie und hohen Androgenkonzentrationen zeigen mehr das für Jungen typische Spielverhalten. Also sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede im Sozialverhalten letztlich auf hormonelle Unterschiede zurückführbar. Allerdings scheint es eine kritische Phase vor der Geburt zu geben, die ausschlaggebend ist, welches Verhalten später gezeigt wird. Hebt oder senkt man im Tierversuch den Androgenspiegel erst nach der Geburt, so zeigen sich diese geschlechtsspezifischen Änderungen nicht. Allerdings verursacht auch der Anstieg des Testosteronspiegels in der Pubertät bei Jungen einen Anstieg der typisch männlichen Aggressivität. Vor der Pubertät kastrierte Individuen verhalten sich untypisch fügsam. Kann Testosteron auch Einfluss auf die geschlechtliche Identität haben? Endgültige Daten dazu liegen noch nicht vor. Es ist aber vorstellbar, dass die Testosteronkonzentration in einem Zeitraum vor der Geburt das Gehirn in Richtung männlich oder weiblich prägt und zwar unabhängig von dem wahren Chromosomensatz des Kindes! Was Männer besser können: Räumliches Vorstellungsvermögen, zielgerichtete grobmotorische Fähigkeiten, Finden von versteckten Objekten (Figur-Grund-Wahrnehmung), komplexe mathematische Schlußfolgerungen. was Frauen besser können: Wahrnehmungsgeschwindigkeit, Veränderungen der Lage oder Anzahl von Objekten, Sprachproduktion, feinmotorische Fähigkeiten, einfache Rechenaufgaben schnell lösen. In der Tat hat Testosteron auch Auswirkungen auf den Aufbau des Gehirns und bestimmte Gehirnfunktionen. Bestimmte Teile des Gehirns (z.B. präoptischer Nucleus) sind bei Männern beträchtlich größer als bei Frauen. Andere Teile (ventromedialer Nucleus) sind bei Frauen größer. Darüber hinaus sind bestimmte Funktionen bei Frauen besser ausgeprägt als bei Männern (z.B. Sprache) und umgekehrt (z.B. räumliches Orientierungsvermögen). Frauen, die während der Schwangerschaft hohen Androgenkonzentrationen ausgesetzt waren (z.B. bei best. Medikamenten während der Schwangerschaft), erzielen bei räumlichen Tests bessere Werte. Homosexuelle Männer dagegen erzielten in Tests zum räumlichen Vorstellungsvermögen etwa dieselben Ergebnisse wie Frauen. Allerdings ist die Leistung in männertypischen Aufgaben nicht unbedingt um so besser, je höher die Androgenkonzentration ist. Offenbar gibt es einen optimalen Level. Bei zu hohem Niveau wird die Leistung wieder schlechter! Der Nucleus präopticus ist bei der Frau auch für die zyklische Aktivität der gonadotropen Hormone der Hypophyse verantwortlich, welche den Menstruationszyklus verursachen. Beim Mann ist die Hormonausschüttung dagegen stabil. Männer mit einem Androgeninsensitivitäts-Syndrom produzieren zwar Testosteron, aufgrund einer Mutation kann das Androgen jedoch nicht binden. Diese Personen mit XY-Chromosomensatz entwickeln sich nicht nur weiblich, sondern ihre Ergebnisse bei Aufgaben zum räumlichen Vorstellungsvermögen lagen sogar unter denen von Frauen. Es bilden sich infolge des Testosterons also typisch männliche und typisch weibliche Gehirne heraus. Es könnte also Jungen mit einem weiblich-empfindenden Gehirn geben und Mädchen mit einem männlich-denkenden Gehirn. Dies könnte eine Erklärung für Homosexualität, Transvestitismus und Transsexualität sein. Man vermutet, dass homosexuelle Männer im Verlauf der Embryonalentwicklung mehrmals ungewöhnlich niedrigen Androgenkonzentrationen ausgesetzt waren. Allerdings ist diese Annahme umstritten. Lesbische Frauen dagegen ungewöhnlich hohen Testosteronkonzentrationen. In welchem Ausmaß lässt die sexuelle Orientierung sich durch Erziehung beeinflussen? Kinder, die bei lesbischen oder homosexuellen Paaren aufwuchsen zeigten keine Häufung homosexueller Orientierung. Nachahmungsverhalten, Modellernen spielt also offenbar keine besonders große Rolle. Versuche, Homosexuelle zu psychotherapieren, schlugen fast immer fehlt, mitunter verursachten die Therapien mehr Störungen als sie beseitigten (z.B. Aversionstherapie bei Homosexualität). Die Testosteronwirkung scheint sogar der Erziehung weit überlegen zu sein. Bei Kindern mit 5-Alpha-Reduktase-Mangel-Syndrom fehlt ein Enzym, das Testosteron so umwandelt, dass es zur Ausbildung der männlichen Geschlechtsorgane kommt. Die Kinder werden als Mädchen aufgezogen, allerdings wirkt das Testosteron durchaus auf das Gehirn, dessen Entwicklung in Richtung auf männlich verläuft. Erst in der Pubertät ändert sich das Aussehen der Kinder von weiblich zu männlich. Hierdurch wechselt auch die geschlechtliche Identität. Die Betroffenen fühlten sich nach einiger Zeit wie ein Mann und unterhielten sexuelle Beziehungen zu Frauen. Männliche Heramphroditen (Androgemnitales Syndrom): In den 50er Jahren wurden diese Kinder operiert und mit Hormonen behandelt. Aufgrund des Choromosomensatzes wurden meist Mädchen aus ihnen gemacht und sie wurden als Mädchen erzogen. Dies berücksichtigte aber nicht die Vermännlichung des Gehirns durch das Testosteron. Fast 65% dieser Menschen waren später lesbisch oder bisexuell. Die psychischen und sozialen Konflikte waren zum Teil massiv. Wodurch kann sich die Testosteronkonzentration vor der Geburt so massiv ändern, dass Lebewesen praktisch mit dem falschen Gehirn zur Welt kommen? Im Tierversuch an Ratten konnte gezeigt werden, dass Stress der Mutter starke Auswirkungen auf den Testosteronspiegel haben kann. Stress scheint insbesondere zur Unterdrückung der Androgenproduktion bei männlichen Feten zu führen. Wenn diese Veränderung ausgerechnet während der sensiblen Phase entsteht, dann wird das Gehirn unter Umständen falsch geprägt. Später entwickeln diese zwar männliche Geschlechtsorgane, sind aber für weibliche Reize nicht empfänglich. Beim Menschen sind nach heutiger Kenntnis die: • 12. bis 22. Schwangerschaftswoche • die ersten 6 Wochen nach der Geburt • die Pubertät sensitive Perioden der Androgeneinwirkung. Kann die sexuelle Orientierung auch genetisch vererbt sein? Naiv gedacht könnte man davon ausgehen, dass z.B. Homosexualität sich nicht vererben kann, da Homosexuelle in der Regel keine Nachkommen haben. Diese Annahme ist natürlich Unsinn, das Gen kann ja z.B. rezessiv sein und sich nur ausdrücken, wenn zufällig zwei davon zusammenkommen. Auch die Bluter-Krankheit ist ja nicht ausgestorben, obwohl die Kinder (besonders Mädchen à Menstruationsblutung) in der Regel das zeugungsfähige Alter früher nicht erreicht haben. Hierfür spricht, dass Homosexualität in manchen Familien gehäuft auftritt. Nach neuerer Forschung wurde am unteren, längeren Ende des X-Chromosoms ein genetischer Marker gefunden wurde, der spezifisch für Homosexuelle war.

Report Page