Offener Brief

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Baden-Württemberg, den 02.09.2020

Sehr geehrte Verantwortliche des Bundes der Freien Waldorfschulen,

als Eltern und Lehrer aus Waldorfschulen in Baden-Württemberg wenden wir uns mit der Bitte an Sie, sich als Bund der Freien Waldorfschulen öffentlich bezüglich der Maßnahmen der Kultusministerien in Zusammenhang der Infektionskrankheit Covid19 zu positionieren.

Wie von Ihnen selbst postuliert, ist es Ziel der anthroposophischen Pädagogik, „Schülerinnen und Schüler zu befähigen, mündige und sozial verantwortliche Gestalter:innen der Welt zu werden.“ [1]

Dieses Anliegen, sowie die Förderung der emotionalen und seelischen Entwicklung jedes einzelnen Kindes, ist für uns von großer Bedeutung. Aus diesem Grunde unterrichten wir an Waldorfschulen bzw. besuchen unsere Kinder gerade diese Schulform.

In Folge der Erfüllung der staatlichen Verordnungen zur Verhinderung von Covid19-Neuinfektionen an Schulen vereint uns die tiefe Sorge, dass Unterricht und Leben an den Waldorfschulen den eigenen anthroposophischen Ansprüchen nicht mehr genügen können.

Social distance, statt spielendes Miteinander, verhüllte Mimik, statt lebendiger Ausdruck von Emotion, Vorsicht und Angst, statt Vertrauen und Geborgenheit; zunehmend ist dies Realität in unseren Bildungseinrichtungen.

Zudem können rhythmischer Unterricht, Singen, Rezitieren und gewisse künstlerische Tätigkeiten häufig nicht mehr stattfinden.

All das sind jedoch grundlegende Elemente der Waldorfpädagogik.

Stattdessen wird den Schülern mittels der Pandemie-Maßnahmen ein kühles, rein naturwissenschaftlich-funktionales Verständnis des Menschen vermittelt, bei dem Körper und Seele nicht ganzheitlich betrachtet werden können. Dies entspricht nicht dem anthroposophischen Menschenbild.

„Es wird viel mehr als auf die Art, wie die Bazillen und Bakterien einziehen in unseren Organismus, darauf gesehen werden, wie stark wir von der Seele und vom Geiste geworden sind, um diesen Invasionen zu widerstehen.“ [2]

Wie sollen Kinder sich unter diesen Voraussetzungen langfristig frei und seelisch unbeschwert entwickeln können, wie eine leibliche und geistige Gesundheit ausbilden?

Unterschiedliche Studien, wie zuletzt in Sachsen [3], in Baden-Württemberg [4] oder Großbritannien [5] zeigen, dass Kinder kein erhöhtes Infektionsrisiko für die Gesellschaft darstellen. Insofern scheinen Einschränkungen im Schulbetrieb für die Pandemieeindämmung nicht relevant zu sein.

In Anbetracht dessen, dass es uns unter oben aufgeführten Bedingungen nicht mehr möglich erscheint, die Grundsätze anthroposophischer Pädagogik umzusetzen, erwarten wir diesbezüglich eine Positionierung, am besten eine klare öffentliche Stellungnahme von Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

Lena Fischer, Waldorfpädagogin, Illustratorin, Freie Waldorfschule Mannheim Neckarau

Aglaia Peters, Waldorfpädagogin, Rudolf Steiner Schule Basel

Adelheid Dieterle, Waldorfpädagogin, Rudolf-Steiner-Schule Villingen-Schwenningen

Maria Schober, Erzieherin, Freie Waldorfschule Schopfheim

Source offener-brief-bdfws.jimdofree.com

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