Nicht Helden, sondern Monster

Nicht Helden, sondern Monster


Ein Fotograf begleitet Mitglieder einer Sondereinheit, um ihren Kampf gegen den IS zu dokumentieren. Und wird plötzlich Zeuge von Vergewaltigungen, Folter und gezielten Tötungen – ein Protokoll.

Gefangener Mahmoud im Hauptquartier der irakischen ERD-Truppe Den Vater hängten sie an der Decke auf, beschwerten seinen Rücken mit Wasserflaschen, dann begannen sie, ihn zu schlagenFOTOS:ALIARKADY/VII/REDUX/LAIF

Foltervorwürfe gegen irakische Sondereinheiten

Der irakische Fotograf und Dokumentarfilmer Ali Arkady begleitet das Geschehen in seinem Heimatland seit 2006. Er ist nicht nur ein exzellenter Fotograf, seine vielseitigen Kontakte im Land sowie zahlreichen Dokumentationen verschafften ihm auch ungewöhnlich tiefe Einblicke in die verschiedenen Konfliktherde des Irak.

Seit 2011 arbeitet der SPIEGEL mit Arkady zusammen. Die Folterszenen, Vergewaltigungen und gezielten Tötungen, die Ali Arkady im vergangenen Jahr über Monate minutiös fotografiert und gefilmt hat, bestätigen ähnliche Beobachtungen von Menschenrechtsorganisationen wie auch Zeugenaussagen. Auch der SPIEGEL berichtete schon, dass irakische Sicherheitskräfte willkürlich Menschen festnehmen, foltern und töten.

So stießen SPIEGEL-Reporter im Mai des vergangenen Jahres bei einer Recherche in der Stadt Tus Churmatu südlich von Kirkuk auf die Spuren einer Vertreibungs- und Mordkampagne schiitischer Milizen. Übereinstimmend erzählten Zeugen ihnen von entführten Angehörigen. Schon damals hieß es, bis zu tausend Sunniten seien allein aus Tus Churmatu verschwunden. Geflohene aus anderen Provinzen des Irak bestätigten die Entführungen. Doch stets fehlten Beweise jenseits der Zeugen und der verlassenen Orte.

Ali Arkady hat diese nun geliefert. An der Authentizität seines Materials und der Identität der Täter besteht kein Zweifel. Seine Schilderungen stehen im Gegensatz zur gängigen Berichterstattung über den Feldzug zur Befreiung Mossuls. Viele Reporter hatten die irakischen Armeeeinheiten bisher als Befreier erlebt und beschrieben. Vielleicht auch weil sie einfach nicht sahen, sehen konnten, was außerhalb der Stadt geschah? Die von Arkady begleitete Einheit Emergency Response Division, die dem Innenministerium untersteht, verschleppte ihre Opfer nicht aus Mossuls befreiten Stadtvierteln – sondern aus Dörfern der Umgebung, immer nachts, wenn keine Journalisten zugegen waren.

Ich komme aus Chanakin, einer kleinen Stadt im Nordosten des Irak – dort, wo der kurdische und der arabische Teil aufeinandertreffen. Bei uns war es immer normal, dass Sunniten, Schiiten, Kurden, Araber neben- und miteinander leben. Vielleicht habe ich deswegen mehr als andere daran geglaubt, dass Iraker verschiedener Herkunft auch in Zukunft miteinander leben könnten.

Im Oktober des vergangenen Jahres begann ich mit meinem Projekt, ich wollte zwei Soldaten der Emergency Response Division (ERD), eines Militärverbands des irakischen Innenministeriums, begleiten, wollte ihren Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) dokumentieren. Das zumindest war der Plan.

Den Vater hängten sie an der Decke auf, beschwerten seinen Rücken mit Wasserflaschen, dann begannen sie, ihn zu schlagen

Ich hatte bei der Befreiung der Stadt Falludscha im Sommer zuvor zwei Mitglieder dieser Einheit kennengelernt. Schon damals sprachen sie davon, dass sie Menschen umbringen würden. Aber da dachte ich noch, sie machen Scherze.

Ich traf die beiden im Herbst wieder, als die Befreiung Mossuls begann: Hauptmann Omar Nazar, einen Sunniten, und Haider Ali, einen schiitischen Unteroffizier. Nach allen gängigen Klischees wären sie Gegner. Aber die beiden waren "buddies", engste Freunde, die einander auf dem Schlachtfeld beschützten. Ich begleitete, filmte sie tagelang. So entstand die Idee, die beiden zu Protagonisten eines Dokumentarfilms zu machen: Der Film sollte zeigen, dass Sunniten und Schiiten des Irak im Kampf gegen den "Islamischen Staat" zusammenhalten können.

Ich habe damals eine Facebook-Seite eingerichtet, sie hieß Happy Baghdad, ich stellte ein Zwei-Minuten-Video der beiden unter dem Titel "Befreier, nicht Zerstörer" ein. Das Echo war überwältigend, 345 815 Views, die Seite wurde 1360-mal geteilt und kommentiert. Ich bin auf dem richtigen Weg, dachte ich.

Ich nahm mir vor, den beiden bis zum Ende dieses Krieges zu folgen, der Befreiung von Mossul. Beide waren einverstanden, die "Helden" meiner Geschichte zu werden. Es ging darum zu zeigen, dass nicht nur die Elitekämpfer der "Goldenen Division", sondern auch andere Einheiten bemerkenswerte, mutige Dinge tun.

Omars und Haiders Truppe, die Emergency Response Division, hatte klein begonnen. Aber seit Sommer 2014, als der ganze Irak auf einmal im Krieg mit dem IS stand, wuchs die Truppe rasant. Sie gliederte sich in drei Verbände: Aufklärung, Scharfschützen und die Kampfgruppe. Hauptmann Omar Nazar kommandiert die Kampfgruppe, in der auch Haider Ali eingesetzt ist, der Unteroffizier.

Die Männer führten Razzien und nächtliche Kommandooperationen durch. Trainiert wurden sie vor allem von Amerikanern. Vom ERD-Kommandeur, Oberst Thamer Mohammed Ismail, erhielt ich die Erlaubnis, die Truppe bei ihren Einsätzen zu begleiten.

Mit jeder gewonnenen Schlacht wuchs das Selbstvertrauen meiner Protagonisten. Ende Oktober 2016 fotografierte ich für den SPIEGEL im Irak und hielt mich mit Omar und Haider im Hauptquartier der Truppe in Kajara, südlich von Mossul, auf, nicht weit von einer US-Basis.

Am 22. Oktober kamen Omars Männer mit zwei jungen Gefangenen zur Basis, mutmaßlichen IS-Unterstützern. Ich fotografierte sie, wusste aber nicht, was weiter mit ihnen geschehen würde. Später erzählten mir die Soldaten, dass die beiden nach drei Tagen Folter gestanden hätten, IS-Mitglieder zu sein. Eine Woche später seien sie umgebracht worden.

Von diesem Zeitpunkt an begann sich mein Projekt zu verändern. Meine "Helden" taten Dinge, die ich nie für möglich gehalten hätte. Zunächst durfte ich ihnen dabei nur zuschauen, später hatten sie auch nichts mehr dagegen, wenn meine Kamera lief.

Ich fuhr wieder nach Hause, auch Omar und Haider hatten zwei Wochen frei. Wir hatten verabredet, uns im neuen Hauptquartier der Truppe in Hamam al-Alil, etwas näher an Mossul, wieder zu treffen. Ich kam vor ihnen am 11. November an. So lernte ich die anderen Offiziere kennen und bekam fortan noch mehr mit. Mehr, als mir lieb war und ich vermocht hatte mir vorzustellen: Folter, Vergewaltigungen, aber auch Morde an Menschen, gegen die nur vage Verdachtsmomente vorlagen. Oder nicht einmal das.

Die Soldaten hatten damals gerade das Dorf Kabr al-Abd vom IS zurückerobert. Hauptmann Thamer al-Duri, der für die Geheimdienstabteilung zuständig war, leitete die Razzien. Ich war dabei, als sie nachts mehrere Männer festnahmen, unter ihnen auch Raad Hindiya, der Wächter und Putzmann der Dorfmoschee gewesen war. Er war von einem Informanten beschuldigt worden, ein IS-Mann zu sein.

Zuerst nahmen sie ihn nur für ein paar Stunden mit, um ihn zu schlagen und zu verhören. Aber schon da sagte Hauptmann Duri mir, dass er den Mann in einigen Tagen noch mal festnehmen und dann töten werde. Am 22. November gingen zehn Mann, alle ausgerüstet mit Nachtsichtgeräten los, die US-Truppen in der Nähe waren unterrichtet und verfolgten die nächtliche Razzia mit einer Drohne.

Raad Hindiya schlief mit seiner Familie in einem Raum, als sie ihn festnahmen. Die Soldaten brachten ihn zu Hauptmann Omar Nazar, meinem Protagonisten, wo sie ihn stundenlang folterten, bevor sie ihn am Morgen zum Hauptquartier der Geheimdienstler weitertransportierten. Dort wurde er eine Woche lang gefoltert. Anschließend sei er zusammen mit anderen IS-Verdächtigen umgebracht worden. So erzählte es mir später Hauptmann Duri.

In derselben Nacht verhafteten sie einen jungen Mann namens Raschid, der unschuldig war, das sagten selbst die Aufklärer der irakischen Armee. Aber sein großer Bruder war zum IS gegangen, ebenso dessen Frau. Das war Raschids Verhängnis. Er starb nach drei Tagen unter Folter, ich habe seine Leiche im Quartier der Geheimdienstler gesehen.

Nun begann der Albtraum. Die Kleinstadt Hamam al-Alil war vollständig vom IS befreit worden. Viele, die vor den Kämpfen geflohen waren, kamen zurück. Die ERD-Teams zogen los, um reihenweise junge Männer zu verhaften, offiziell, um zu klären, ob IS-Männer unter ihnen seien. Unter den Festgenommenen befanden sich ein Vater und sein 16-jähriger Sohn, die Soldaten brachten beide ins Hauptquartier.

Truppe des Innenministeriums in der Nähe von Mossul, überfallene Familie von Fathi Ahmed Saleh Sie zerrten den Mann aus dem Raum, dann kündigte Unteroffizier Haider an, er werde jetzt die Frau vergewaltigenFOTOS:ALIARKADY/VII/REDUX/LAIF

Mahdi Mahmoud, den Vater, hängten sie mit den Armen hinter dem Kopf an der Decke auf, beschwerten seinen Rücken mit einer Palette voller Wasserflaschen und begannen, ihn zu schlagen. Der Sohn saß nebenan und konnte die Schreie seines Vaters hören. Und ich war dabei und filmte. Niemand stoppte mich. Dann schlugen sie den Sohn vor den Augen seines Vaters. Später brachten sie den Sohn um.

Alles geriet immer mehr außer Kontrolle. Ich dachte, wo bist du da nur hineingeraten? Warum lassen sie dich filmen, wie sie Menschen foltern? Wie soll das Teil einer Dokumentation über die Befreiung vom "Islamischen Staat" werden? Aber sie denken nicht wie Journalisten. Für sie war es einfach normal geworden.

Ich war dabei, als sie mehrere Männer festnahmen, unter ihnen der Putzmann der Moschee.

Gleichzeitig sagte ich mir: Du musst das hier aufnehmen! Du musst dokumentieren, beweisen, was sie tun, zeigen, dass sie Kriegsverbrechen begehen. Ausländische Reporter waren zwar in der Gegend, aber sie kamen nur tagsüber, fuhren nachmittags stets zurück ins sichere Arbil im kurdischen Gebiet. Nachts war ich allein mit den Truppen des Innenministeriums.

Mitte Dezember zogen wir um auf die andere Seite des Tigris, in eine neue Basis in Baswaja am östlichen Rand von Mossul. Es gab dort zwei junge Brüder, Laith und Ahmed, die schon einmal von der "Goldenen Division" festgenommen, aber wieder freigelassen worden waren, aus Mangel an Beweisen. Jetzt hatte man sie wieder gefangen genommen und hierhergebracht. Aber in der Nacht waren keine Offiziere da, nur die Soldaten, die fürs Foltern zuständig waren.

Sie begannen, die beiden zu traktieren, erst mit Schlägen, dann, indem sie Ahmed immer wieder mit einem Messer hinter das Ohr stachen. Es sei eine Technik, die er von amerikanischen Experten gelernt habe, brüstete sich Ali, einer der Soldaten.

Ich war überrascht, verängstigt, dass sie mich alles filmen ließen. Ich blieb für eine Stunde. Am nächsten Morgen erzählte mir ein Soldat, dass beide im Laufe der Nacht zu Tode gefoltert worden seien, und zeigte mir ein Video ihrer Leichen, schickte es mir sogar über WhatsApp.

Am 16. Dezember trafen die beiden Männer in Baswaja ein, über die ich meine Dokumentation hatte drehen wollen: Hauptmann Omar Nazar und Unteroffizier Haider Ali, der Sunnit und der Schiit, die gemeinsam gegen den IS kämpfen wollten. Schon in derselben Nacht ging es weiter mit Festnahmen. Die Soldaten hatten verschiedene Namen von einem Informanten bekommen, Namen von Männern, die angeblich früher für den IS gekämpft hatten. Die Soldaten zogen einfach los, ohne weitere Klärung oder einen Befehl der höheren Offiziere. Ich durfte wieder mitkommen.

Der Zweite, den sie in dieser Nacht aus dem Haus holten, war ein Mann namens Fathi Ahmed Saleh. Sie zerrten ihn aus dem Raum, in dem er mit seiner Frau und den drei Kindern geschlafen hatte. Unteroffizier Haider Ali ging in das Zimmer, kündigte an, er werde jetzt die Frau vergewaltigen. Ich folgte den anderen, um zu sehen, was sie mit dem Ehemann machten. Fünf Minuten später traf ich Haider Ali vor der geöffneten Tür wieder. Die Frau weinte. Hauptmann Omar Nazar fragte ihn, was er gemacht habe.

"Nichts", antwortet Haider Ali, "sie hatte ihre Tage."

Ich filmte in den Raum hinein, in dem die Frau mit ihrem jüngsten Kind im Arm saß. Sie schaute mich an. Ich filmte, ohne nachzudenken.

Als ich mir später das Video angeschaut habe, als ich sah, wie sie in meine Richtung blickte, ihre Kinder küsste, habe ich gedacht: Sie muss akzeptiert haben, dass ich filme in dieser furchtbaren Situation. Damit Menschen erfahren können, was geschehen ist! In der Zwischenzeit räumten die anderen Soldaten das Haus aus, stahlen, was sie mitnehmen wollten.

Der letzte Gefangene dieser Nacht war ein junger Angehöriger der Volksmobilisierungseinheiten, auf Arabisch kurz: Haschd, die auch gegen den IS kämpfen. Er war Sunnit, aber die schiitischen Haschd mögen keine Sunniten. Sie brachten ihn ins Gebäude von Omar Nazar, wo er von einem der Soldaten vergewaltigt wurde. Die Männer, die ich begleitete, hatten harte, schwere Kämpfe erlebt. Aber mittlerweile dachten sie wohl, ihnen wäre alles erlaubt. Morde, Vergewaltigungen, alles ist halal, legitim. Wenn sie zurückkamen von ihren Nachtrazzien und das Hauptquartier über Funk fragte, was sie gemacht hätten, antwortete Hauptmann Omar: "Oh, alles! Wir haben uns Männer, Frauen genommen, die Häuser geplündert."

Ich war überrascht, dass sie mich alles filmen ließen. Sie schickten mir sogar ein Video der Leichen.

Die Antwort: "Okay, macht, was zu tun ist!" Die Vorgesetzten wussten alles. Auch die Amerikaner müssen eigentlich mitbekommen haben, was geschah.

Es gab sogar eine Art Wettkampf zwischen der Nationalpolizei und der Truppe des Innenministeriums: Wenn die Polizisten erzählten, wie sie in einem Haus eine gut aussehende Frau fanden und vergewaltigten, wollten die ERD-Männer auch noch mal hin. Um den Kampf gegen den "Islamischen Staat" ging es immer weniger.

Wenn die Männer der Sondereinheit überhaupt eine Strategie haben, dann die, alle Sunniten der Gegend in Todesangst und Schrecken zu versetzen, sie in die Flucht zu treiben, um die Demografie des Nordirak zu verändern.

Es waren meine letzten Tage bei der ERD. Ich ertrug es nicht mehr, filmte, was geschah, und dachte später: Das könnte meine Frau, meine Tochter sein. Als Hauptmann Omar und einer der Soldaten weitere Gefangene schlugen, forderten sie mich auf mitzumachen. Es war eine absurde Situation: Alle behandelten mich wie einen Teil ihres Teams.

Ich bekam es mit der Angst zu tun, ich war Kurde, arbeitete für eine amerikanische Fotoagentur. Sie waren zu viert, bewaffnet, ich war allein. Sie sagten immer wieder: "Jetzt komm, schlag auch zu, los!" Dann habe ich einem der Gefangenen eine Ohrfeige gegeben. Nicht zu hart, nicht zu weich. Es war schrecklich und das Letzte, was ich dort tat.

Ich gab vor, meine Tochter sei krank, ich müsse zurück nach Hause fahren. Ich fuhr in meine Heimatstadt Chanakin, aber nur für wenige Tage. Anschließend habe ich meine Familie in Sicherheit gebracht und den Irak verlassen. Mein Land. Aber es war klar, dass mein, unser Leben in Gefahr ist, sobald ich die Beweise dieser Kriegsverbrechen veröffentliche.

Jetzt verstehe ich, warum der IS es so leicht hatte, Mossul und andere sunnitische Gegenden einzunehmen. Die Menschen dort hatten Angst, nicht zu überleben ohne militärischen Schutz. Nur dass der IS letztlich ihre Lage noch verschlimmert hat.

Jetzt leben wir im Ausland. Wo genau, möchte ich aus Sicherheitsgründen nicht schreiben. Ich frage mich manchmal, wie Omar und Haider wohl nun über mich denken. Ich habe ja nicht einmal eine Verabredung gebrochen, habe nichts heimlich gefilmt.

Alle haben zugeschaut, wie ich stundenlang ihre Misshandlungen dokumentierte. Ja, sie schickten mir sogar nachträglich Videos ihrer Morde, wenn ich sie darum bat. Und im Fall der getöteten Brüder sagten sie sogar explizit, ich könne diese Videos für meine Dokumentation benutzen. Sie hatten alle Maßstäbe verloren dafür, was richtig ist und was falsch.

Ursprünglich wollte ich mit den beiden in das nach hartem Kampf befreite Mossul einrollen, als letzten Teil unserer gemeinsamen Geschichte. Das wird nun nicht mehr geschehen.

Ich wollte sie als Helden darstellen. Auch das wird nicht geschehen.

Es ist nicht leicht, woanders ein neues Leben zu beginnen. Chanakin ist meine Heimat, ich habe gern dort gelebt. Aber dies ist der Preis für meine Arbeit, dafür, zu veröffentlichen, was ich gesehen habe. Es ist mein Preis, ich zahle ihn.

Gefangener Ahmed Mitte Dezember östlich von Mossul: Sie stachen ihm mit einem Messer hinter das OhrALIARKADY/VII/REDUX/LAIF

Seit Omar, Haider und die anderen Offiziere verstanden haben, was die Veröffentlichung ihrer Taten für sie bedeuten kann, erhalte ich Drohungen. Erst kamen Fragen: "Wir müssen Ali sprechen, wo ist er?"

Dann wurde es konkreter. Sehr konkret.

Als ich am 4. Januar 2017 nach Katar reiste, war alles noch ruhig. Nach meiner Ankunft kontaktierte ich Haider Ali über Facebook, fragte ihn, ob er mir noch das eine Video schicken könne, das er mir gezeigt hatte: wie er und Hauptmann Omar Nazar einen ihrer Gefangenen von hinten erschießen. Der Mann läuft durch die Steppe und fleht um sein Leben, sie schießen einfach auf ihn, als er läuft, selbst noch als er schon auf dem Boden liegt.

"Klar", schrieb Haider zurück – und schickte mir das Video. Ich habe es noch immer auf meinem Telefon.


Report Page