Juristen fordern Antworten von der Berliner Polizei | Peds Ansichten

Juristen fordern Antworten von der Berliner Polizei | Peds Ansichten

peds-ansichten.de - Albrecht Storz, Annette Schubert

Was man von den Leitmedien nicht erwarten kann, müssen andere übernehmen, zum Beispiel engagierte Anwälte.


Die Berichterstattung zu den Demonstrationen am 29. August 2020 lässt sich schlicht und ergreifend mit skandalös beschreiben. “Der Sturm auf den Reichstag” — eine plumpe Groteske — wurde benutzt und möglicherweise absichtsvoll inszeniert, um das berechtigte Anliegen Hunderttausender Menschen zu diskreditieren, welche nicht mehr bereit sind, die von der Bundesregierung willkürlich verordnete “epidemiologische Lage nationaler Tragweite” weiter hinzunehmen.


Unverbrüchlich glaubt ein Großteil unserer Zeitgenossen weiterhin daran, dass die etablierten Medien tatsächlich als vierte Macht im Staate fungieren würden. Noch so viele Lügen aus deren Reihen genügen scheinbar noch immer nicht, sich vom Zerrbild einer angeblich die Demokratie stärkenden und schützenden Instanz zu verabschieden. Dabei hat die “Coronakrise” Steilvorlagen zur Erweckung gegeben, wie kaum ein Ereignis je zuvor. Das, vor dem der Autor als möglichem Zukunftszenario seit Ende März diesen Jahres eindrücklich warnte, hat durch diese Ignoranz und die Feigheit der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, zunehmend Gestalt angenommen: eine diktatorische, ihre Bürger entmündigende Gesellschaft mit eindeutig faschistischen Zügen. Doch gibt es immer mehr aufgewachte, mutige Menschen, die sich damit keinesfalls abfinden. Dazu gehören Journalisten und auch Juristen.


Rechtsanwältin Viviane Fischer
Der Polizeipräsident in Berlin
Pressestelle
Platz der Luftbrücke 6
12101 Berlin Tel. 030 922 59670
Fax 030 814 50 877
Az. 332/20/VF

Presseanfrage und Antrag gem IFG etc. des Journalisten Jens Wernicke / Rubikon zu der Demo und der Kundgebung am 29.08.2020 in Berlin


Sehr geehrte Damen und Herren,

auf mich lautende Vollmacht von Jens Wernicke finden Sie in der Anlage.

Unter Verweis auf § 4 PresseG Bin., Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 10 EMRK beantrage ich namens und in Vollmacht meines Mandanten kurzfristig Auskunft zu folgenden Fragen:

  1. Welche Information hinsichtlich der Teilnehmerzahl der Demonstration, die über die Friedrichstraße in Richtung Torstraße unterwegs war, lag der Berliner Polizei am 29.08.2020 jeweils bis um 10 Uhr, 11 Uhr, 12 Uhr, 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr vor? Welche Teilnehmerzahl ist der Presse zu jeweils welchem Zeitpunkt von welchen Personen über welche Kanäle übermittelt worden.
  2. Ausweislich der am Ende dieser Anfrage angefügten Fotos hat die Polizei die Mündung der Friedrichstraße um 10:24 Uhr halb und ab ca. 11:00 Uhr ganz gesperrt, zu einem Zeitpunkt, als die Demonstration eigentlich beginnen sollte. Aus welchem Grund ist dies geschehen? Warum sind DemonstrationsteilnehmerInnen von der Polizei dazu veranlasst worden, sich hinter die sich schliessende Absperrung zu begeben, wobei ihnen zugesichert wurde, dass die Demonstration gleich beginnen würde? Aus welchem Grund hat die Polizei von Unter den Linden immer weiter Menschen einströmen lassen, so dass Ecke Torstraße eine Überfüllungssituation eingetreten ist? Wie hat die Polizei sichergestellt, dass die eingekesselten Menschen in der brütenden Hitze mit Blick auf Wasserversorgung und Zugang zu Toiletten ausreichend versorgt waren? Welche Massnahmen hat die Polizei ergriffen, um keine Panik unter den eingekesselten Menschen aufkommen zu lassen? Wie ist sie den im Kessel kollabierten Menschen, den Alten und Kindern zu Hilfe gekommen? Welches Sicherheitskonzept lag für den Fall der Einkesselung der DemonstrationsteilnehmerInnen vor?
  3. Aus welchem Grund befand sich die gesamte Berliner Polizeiführung bestehend aus Frau Polizeipräsidentin Dr. Barbara Slowik, Herrn Polizeipräsident Marco Langner und Herrn Leitenden Polizeidirektor Stephan Katte über längere Zeit am Einsatzort Friedrichstraße Ecke Torstraße und hat sich gut gelaunt plaudernd dort ungeschützt aufgehalten, lediglich ca. 150m entfernt in der Torstraße? Zu diesem Zeitpunkt war ein Umgehen der Polizeikette in der Friedrichstraße Ecke Torstraße noch möglich, so dass gewaltbereite Demonstranten die drei Personen von hinten hätten angreifen können. Ist insoweit eine Risikoabwägung dahingehend erfolgt, dass die Polizei entgegen der Einschätzung des Innensenators Herrn Geisel keine Krawalle oder Übergriffe von Seiten der DemonstrationsteilnehmerInnen erwartet hat? Welches Sicherheitskonzept war erarbeitet worden, dahingehend, dass, sollte es zu Angriffen auf das Dreigespann kommen, die Führung des Gesamteinsatzes von anderen Personen hätte übernommen werden können? Welche Personen wären dies konkret gewesen?
  4. Aus welchem Grund befanden sich [dort] nur frei zugängliche Einsatzfahrzeuge ohne zusätzlichen Raumschutz. Lediglich der Fahrer/die Fahrerin befanden sich im Auto. Warum befand sich den Großteil der Zeit lediglich eine Hundertschaft am Einsatzort Friedrichstraße Ecke Torstr.? Aus welchem Grund befanden sich Wasserwerfer in der Chausseestraße und der Hannoverschen Straße. Wie sollte aus einsatztaktischer Sicht eine Selbst- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden? Welche polizeilichen Einsatzkräfte waren für den seitlichen und hinteren Schutz der Wasserwerfer vorgesehen.
  5. Es ist aufgefallen, dass die Polizei im Bereich der Friedrichstraße weit überwiegend sehr junge, unerfahrene Beamte eingesetzt hat. Aus welchem Grund ist dies erfolgt? Nach welchen Kriterien ist die Auswahl der Beamten für diesen Einsatz erfolgt? Hat bei der Auswahl der Beamten ihre Einstellung zu den Corona-Massnahmen eine Rolle gespielt?
  6. Aus welchem Grund wurden die Seitenstraßen der Friedrichstraße nicht offen gehalten, bis die Demonstration losgehen konnte? Aus welchem Grund sind sie nicht geöffnet worden, als offenbar wurde, dass sich zu viele Menschen im Kessel befanden, um so in Kooperation mit den Veranstaltern eine Auflösung der Demonstration zu verhindern?
  7. Aus welchem Grund ist ein schwarz gekleideter Mann um ca. 14 Uhr, ohne dass ein Gespräch zwischen ihm und der Polizei über ein einmögliches Vergehen, eine mögliche Ordnungswidrigkeit erkennbar war, von zwei Polizeibeamten im Bereich der Straßenbahnhaltestelle — also ausserhalb der Demonstration — an den Oberarmen gepackt und ohne jeden Widerstand in ein Polizeiauto auf der Torstraße abgeführt worden?
  8. Aus welchem Grund ist dunkelhäutiger Mann mit hellem T-Shirt um ca. 14:30 Uhr, ohne dass ein Gespräch über ein einmögliches Vergehen, eine mögliche Ordnungswidrigkeit erkennbar war, von einer Vielzahl von Polizeibeamten im Bereich der Straßenbahnhaltestelle — also ausserhalb der Demonstration — an den Oberarmen gepackt und ohne jeden Widerstand in ein Polizeiauto in der Hannoverschen Straße abgeführt worden?
  9. Warum sind um ca. 12:30 Uhr , also nach ca. 1,5 Stunden Kessel und ca. 45 Minuten vor der Auflösung der Demonstration viele Polizeibeamte vom Einsatzort abgezogen worden? War die Einschätzung, dass von den Eingekesselten keinerlei Gefahr ausging?
  10. Es ist von TeilnehmerInnen im Bereich der Brücke auf der Friedrichstraße eine männliche Person in zivil mit verdeckt getragener Kurzwaffe und Schutzweste unter ihrem T-Shirt beobachtet worden. (siehe Foto).
    Ist die Vermutung zutreffend, dass [es] sich hierbei um einen Zivilbeamten gehandelt hat? Welcher Einheit gehört dieser Beamte an? Wieviele weitere ZivilbeamtInnen haben an der Demonstration und/oder der Kundgebung teilgenommen? Wenn ja, aus welchem Grund waren diese Personen im Einsatz?
  11. Aus welchem Grund sind Personen, die die eingekesselte Demonstration verlassen wollten, daran gehindert worden?
  12. Aus welchem Grund hat die Berliner Polizei die Fensterscheibe des Führerhäusschens des auf den Fotos erkennbaren LKWs eingeschlagen?
  13. Aus welchen einsatztechnischen Gründen ist eine Polizeikette kurz vor dem Hotel Adlon gestellt worden?
  14. Welche Information hinsichtlich der Teilnehmerzahl der Kundgebung an der Siegessäule lag der Berliner Polizei am 29.08.2020 jeweils bis um 10 Uhr, 11 Uhr, 12 Uhr, 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr vor? Welche Teilnehmerzahl ist der Presse zu jeweils welchem Zeitpunkt von welchen Personen über welche Kanäle übermittelt worden?
  15. Aus welchem Grund wurde die schwangere Frau von Berliner Polizeibeamten in den Bauch geschlagen? Wie geht es der werdenden Mutter und ihrem Kind jetzt? Wurden Disziplinarmassnahmen gegen den oder die fraglichen BeamtInnen eingeleitet oder werden diese geprüft?
  16. Aus welchem Grund wurde einer Frau von der Berliner Polizei ein Arm ausgerenkt und sie soweit geschädigt, dass sie starke Blutungen erlitten hat? Wie geht es dieser Frau jetzt? Wurden Disziplinarmassnahmen gegen den oder die fraglichen BeamtInnen eingeleitet oder werden diese geprüft?
  17. Aus welchem Grund war der Reichstag bis auf eine sehr kleine Absperrung und vereinzelte Polizeibeamte völlig ungesichert?
  18. Es wird um Benennung der EinsatzleiterInnen gebeten, so dass diese zur Anhörung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens geladen werden können.
  19. Der Pressesprecher des Berliner Senats hat geäußert, dass sich auf der Demonstation und Kundgebung MitarbeiterInnen von einer Vielzahl von Behörden befunden hätten. Befanden sich diese auch in der Personengruppe, die “den Reichstag gestürmt” hat?
  20. Aus welchen Gründen ist von den Einsatzkräften beim “Reichstagssturm” auf der Treppe des Reichstags körperlicher Zwang, Mehrzweckeinsatzstöcke und Reizstoffsprühgeräte angewandt worden? Inwieweit ist sichergestellt worden, dass Ältere und Kinder, die sich in der Gruppe befanden, nicht affektiert worden sind? Inwieweit ist sichergestellt worden, dass es bei den Personen, insbesondere den Älteren und Kindern nicht zu einer Traumatisierung durch die Polizeigewalt gekommen ist? Wurden Disziplinarmassnahmen gegen den oder die fraglichen Beamten eingeleitet oder werden diese geprüft ?



Wegen der ausserordentlichen Eilbedürftigkeit einer Richtigstellung der in der Presse (insbesondere den öffentlichen rechtlichen Medien) für jeden offensichtich völlig unzutreffenden erfolgten Angabe der Teilnehmerzahl für die Kundgebung mit 38.000 Personen sowie wegen der dringend erforderlichen Aufklärung der Öffentlichkeit über die tatsächlichen Umstände der Demonstrationen und Kundgebungen am 29.08.2020, insbesondere des Einkesselungsgeschehens sehen wir einer Antwort gem. Presserecht entgegen bis zum

07.09.2020, 20:00 Uhr, Eingang per Fax oder E-mail in unserer Kanzlei.

Dies ist zugleich ein Antrag gem. Informationsfreiheitsgesetz. Namens und in Vollmacht meines Mandanten wird die Überlassung der folgenden Dokumente in Kopie beantragt:

  • Luftbilder sämtlicher den Laufweg Aufmarsches überfliegender Polizeihelikopter,
  • Luftbilder sämtlicher die Hauptkundgebung überfliegender Polizeihelikopter,
  • sämtliche Lageberichte der Polizei zum Demonstrationsgeschehen am 29.08.2020 (gesamter Tag)

Wegen der ausserordentlichen Eilbedürftigkeit sehen wir einer Antwort entgegen bis zum

07.09 2020, 20:00 Uhr, Eingang in unserer Kanzlei.

Bei fruchtlosem Fristablauf sind wir schon jetzt beauftragt, sofort gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen. Telefonisch erreichen Sie mich jederzeit […].

Mit freundlichen Grüßen,

Rechtsanwältin Viviane Fischer


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Die Kopie der Pressanfrage liegt dem Autor vor.

(alle Fotos) Demonstration, Berlin, Friedrichstraße am 29. August 2020; Presseanfrage an Berliner Polizei; RA Vivian Fischer (in Auftrag Jens Wernicke)

(Titelbild) Rechtsweg, Paragraph, Justiz; Autor: geralt (Pixabay); 05.04.2012; https://pixabay.com/de/photos/rechtsweg-recht-paragraf-strasse-2962346/; Lizenz: Pixabay License

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