Erziehungskunst – Waldorfpädagogik heute: Froh über die Impfpflicht

Erziehungskunst – Waldorfpädagogik heute: Froh über die Impfpflicht

www.erziehungskunst.de

März 2020

Leserbrief zu »Immun gegen Fakten« von Heiner Barz, Erziehungskunst März 2020.

Sehr geehrter Herr Barz, sehr geehrte Redaktion,

vor Freunden und Verwandten muss ich mich des Öfteren dafür rechtfertigen, dass mein Kind eine Waldorfschule besucht. Mir ist jedoch klar und ich lasse mich täglich davon überzeugen, dass mein Sohn die für ihn beste Schule in unserem Umkreis besucht. Davon versuche ich auch meine Umwelt zu überzeugen. Wenn ich allerdings einen solchen Artikel lese, wie Ihr Artikel zum Thema Impfpflicht, schäme ich mich doch, dass die von Ihnen geteilte Einstellung anscheinend Teil der Waldorfphilosophie ist.

Ihr Artikel will für mich so gar nicht in mein Bild der Waldorfphilosophie passen, wo es, wie ich dachte, darum geht, das Gegenüber zu achten und auf die Gemeinschaft Rücksicht zu nehmen. Sie deuten an, dass es ein hohes individuelles Impfrisiko gibt, das vor uns verheimlicht wird, und tragen so dazu bei, dass sich mehr und mehr Menschen diesem angeblich hohem Impfrisiko entziehen wollen und damit den für uns alle essentiellen Herdenschutz gefährden. Sie lassen in Ihrem Artikel unerwähnt, dass es Gruppen in unserer Gesellschaft gibt, z.B. Säuglinge oder Menschen mit Vorerkrankungen, denen aus gesundheitlichen Gründen von einer Impfung abgeraten wird, die auf den Herdenschutz absolut angewiesen sind, um nicht zu erkranken. Auch die von Ihnen erwähnten Impfversager profitieren vom Herdenschutz. Nicht zu dem Herdenschutz beitragen zu wollen, andererseits aber von ihm zu profitieren (sie schrieben ja, es gibt kaum noch Masern-Tote) ist eine höchst egoistische Einstellung.

Ihr Vergleich mit den Po-Schönheits-OPs halte ich für unangemessen. Die Entscheidung für oder gegen eine Schönheits-OP wird ausschließlich Einfluss auf genau diesen Patienten haben. Eine Entscheidung für oder gegen eine Impfung hat aber Einfluss auf die gesamte Gesellschaft.

Sie zweifeln die Seriosität der FAZ an. Auch ich bin mittlerweile skeptisch, selbst gegenüber etablierten Blättern. Natürlich können Sie die Meschen in der Ukraine durch Ihre eigen Impfung nicht schützen, darum ging es aber auch gar nicht in dem von Ihnen erwähnten Artikel. Es ging darum, dass es immer noch Masernausbrüche ganz in unserer Nähe gibt. Sie haben bei dem Corona-Virus ja jüngst beobachten können, wie schnell sich eine Virus aus China in der ganzen Welt verbreiten kann, die Ukraine liegt im Vergleich zu China direkt vor unserer Haustür. Daher sind heute immer noch alle ungeimpften Menschen einer realen Gefahr durch Masern ausgesetzt. Das zeigen auch die Zahlen der Infizierten in Deutschland (Quelle RKI): 2015 waren es 2465, 2016 waren es 325 , 2017 waren es 924, 2018 waren es 544 und 2019 514 Fälle. Und das bei einer Impfrate von 97%! Stellen Sie sich eine etwas geringere Impfrate vor, die Anzahl der Masernerkranken würde sich vervielfachen und dann würde es logischerweise wieder zu mehr Maserntoten kommen.

Warum hat es wohl in Deutschland in jüngster Zeit, wie sie schreiben, keine Todesfälle durch Masern gegeben? Laut Ihrem Artikel liegt die Impfrate bei 97%, andere Quellen geben 93% an. Das liegt doch wohl am Erfolg der Impfung, oder erklären Sie sich das anders? Dieser Erfolg der Impfung ist doch wahrlich kein Grund, gegen die Impfung zu sein!

Sie wissen auch, dass nur durch weltweite Impfungen die Pocken ausgerottet werden konnten. Um Masern auszurotten, ist eine Impfrate von über 95 % der Bevölkerung erforderlich. Während dieses Ziel in Amerika bereits 2016 erreicht wurde, gibt es hierzulande immer wieder Masernausbrüche. Und ja, leider vermehrt an Waldorfschulen, wozu Ihr Artikel leider auch in Zukunft beitragen wird. Wäre es nicht auch in Ihrem Sinne, wenn durch eine Durchimpfung die Masern ausgerottet werden könnten und damit alle nachfolgenden Generationen nicht mehr geimpft werden müssten? Wir stehen kurz davor, die WHO hatte sich dies zum Ziel erklärt. Eine Impfscheu entfernt die Menschheit weiter von diesem Ziel.

Aber da bleibt noch Ihr Hauptargument gegen das Impfen, nämlich das Risiko für einen Impfschaden. Sie bezweifeln in Ihrem Artikel die Seriosität der FAZ, um dann die Bunte (!) zu zitieren, die von einer angeblichen geistigen Behinderung eines Säuglings durch eine Impfung berichtet. War die Berichtslage zu solch krassen Impfschäden derart dünn, dass Sie sich veranlasst sahen, ausgerechnet die Bunte als Quelle heranzuziehen?

Aber gehen wir mal davon aus, dieser krasse Fall ist tatsächlich auf einen Impfschaden zurückzuführen. Wenn es bei einer Impfrate zwischen 93% und 97% in Deutschlang öfter zu derart schweren Impfschäden kommen würde, glauben Sie ernsthaft, dass alle etablierten Medien uns darüber im Unklaren lassen würden, weil sie sich alle in einer Art Impfideologie gegen die Gesellschaft verschworen haben? Daran zu glauben, würde ich schon als verschwörungstheoretisch bezeichnen.

Auf das »Interview« mit Herrn Michael Friedl, dem Mathias Maurer extrem tendenziösen Fragen stellt, gehe ich nicht weiter ein. Der Inhalt hat sich ja vollkommen von wissenschaftlichen Fakten gelöst und driftet komplett ins Esoterische ab.

Ich persönlich bin froh, dass durch die Impfpflicht in Zukunft mehr Menschen gegen Masern geschützt sein werden. Kinder und auch andere, z.B. die im Wartezimmer des Kinderarztes wartenden noch ungeschützten Säuglinge und andere Risikogruppen, die ich weiter oben erwähnt habe. Die individuelle Freiheit darf und soll meiner Meinung dort eingeschränkt werden, wo es um den Schutz von Schwächeren und letztendlich uns allen geht.

Freundliche Grüße aus Köln sendet Ihnen

Julia Hecht

Source www.erziehungskunst.de

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