Über die herablassende Arroganz der etablierten Medien und ihr eigenes Versagen als kritische Instanz
www.nachdenkseiten.de - Albrecht Müller, Ein Artikel Von- Der Artikel in der Süddeutschen Zeitung von heute hat nichts mit Corona zu tun. Er ist aber ein eklatantes Beispiel für die Übernahme von PR-Beiträgen, im konkreten Fall von Beiträgen der NATO. Siehe im Folgenden der Einstieg. Da ist von „Sicherung der Ostflanke“ und von Abschreckung die Rede. Am Feindbild „Russland“ wird gezimmert. Mehr Geld fürs Militär wird gefordert. Ein Medium, das so unkritisch nachbetet, was die NATO vorsagt, hat kein Recht, auf schlimme Zustände im Netz herabzuschauen:
Hier also die Süddeutsche Zeitung vom 16. April 2020:
Nato:
Sicherheit hat ihren Preis
Eine deutsche Bundeswehr-Soldatin steht zusammen mit ihrem Kameraden bei dem von der Bundeswehr angeführten Nato-Bataillon auf dem Militärstützpunkt in Rukla.
(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)
Die Europäer sollten trotz der Pandemie nicht an ihrer Verteidigung sparen. Die USA werden mehr Engagement fordern, auch falls der nächste Präsident Joe Biden heißt.
Kommentar von Matthias Kolb, Brüssel
Die Nato ist eine Organisation, die es nicht stört, wenn man wenig von ihr hört. Egal, was gerade die Schlagzeilen dominiert: Das nordatlantische Verteidigungsbündnis kümmert sich stets darum, die Bürgerinnen und Bürger seiner 30 Mitgliedstaaten zu schützen, indem es deren Verteidigung sicherstellt und Gegner abschreckt. Diese Kernaufgaben erfüllt die Nato auch in der Corona-Krise weiter. Weder der Einsatz in Afghanistan noch die Missionen in Polen sowie in den baltischen Staaten zur Sicherung der Ostflanke sind gefährdet; auch in der Region des Schwarzen Meeres, wo Russland aufrüstet, ist die Allianz präsent.
…
sueddeutsche.de/politik/nato-corona-usa-sicherheit-1.4877091
Nachtrag: Der Militärstützpunkt Rukla befindet sich in Litauen. Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was die Bundeswehr dort macht, hier der Link auf ein bundeswehreigenes Video.
- Interview mit Bill Gates in den Tagesthemen
21:45 Uhr, 12.04.2020
Gates über Corona-Impfstoff
“Es braucht eine globale Anstrengung”
„Microsoft-Gründer Bill Gates hofft, dass es in etwa 18 Monaten einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben wird. Die Pandemie sei eine Warnung, sich besser auf solche Epidemien vorzubereiten, sagte er in den tagesthemen.
Der Microsoft-Gründer Bill Gates ist zuversichtlich, dass in 18 Monaten ein Impfstoff gegen das Coronavirus bereitgestellt werden kann. “Normalerweise dauert es ungefähr fünf Jahre, einen neuen Impfstoff zu entwickeln”, sagte der Co-Vorsitzende der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung in den tagesthemen (12.04.2020). Anschließend müsse man den Impfstoff auf Unbedenklichkeit und Wirksamkeit prüfen, dann die industriellen Kapazitäten zur Herstellung aufbauen.“
tagesschau.de/ausland/gates-corona-101.html
9 Minuten und 23 Sekunden dauerte dieses Interview. Dann bedankte sich der Tagesthemen-Moderator bei Bill Gates und dieser dankte artig zurück. Im Gespräch selbst war von Seiten des Microsoft-Gründers oft von „Wir“ die Rede. Dabei ging es tatsächlich vermutlich um Eigeninteressen, um die Rentabilität seiner Investitionen in Impfstoffe zum Beispiel und um das boomende Geschäft von Microsoft sowieso.
Dass der Öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner Hauptnachrichten-Sendung dem US-Bürger und Investor überhaupt über 9 Minuten Sendezeit schenkt, ist als solches schon ein Skandal. Die devote und unkritische Fragerei des Moderators kommt obendrauf. Das war am 12. April, also am Ostersonntag. Drei Tage später, am 15. April, bekam die ARD wohl kalte Füße und schickte einen Faktenfinder nach. Siehe hier:
Bill Gates und Corona
Menschenfreund oder Geschäftemacher?
tagesschau.de/faktenfinder/ausland/gates-stiftung-corona-101.html
- ZDF heute am 13. April um 19:00 Uhr über die Studie der Leopoldina
Zu Beginn der Sendung und die ersten 3 Minuten berichtete Heute über die Empfehlungen von „Experten“, wahlweise „Professoren“. Es ging dabei um Leopoldina. Auch in den Tagen davor war oft von „Experten“ die Rede. Der Wechsel zu den neuen „Experten“ aus Halle wurde ohne Erklärung vollzogen. Es war die Vorbereitung für die Beratungen der Bundesregierung und der Länderregierungen am 14. April und ihre Entscheidungen zum weiteren Vorgehen vom 15. April. Da bedurfte es offensichtlich auf Wunsch und nach Ankündigung der Bundeskanzlerin neue Experten. Erklärt wurde aber nichts.
Offensichtlich war von oben gewünscht, dass das öffentlich-rechtliche Medium ZDF Heute rechtzeitig vor den Beratungen über dieses Gutachten berichtet. So geht das hierzulande.
(Zum Leopoldina Papier Siehe auch hier Über die Auftragsarbeit der „Experten“ von der Leopoldina: Durchwachsen. auf den NachDenkSeiten).
- Immer wieder Johns Hopkins Universität
Immer wieder wird in unseren etablierten Medien auf die Zahlen der Johns Hopkins Universität verwiesen. Der normale Zuschauer zum Beispiel des ZDF Heute muss den Eindruck gewinnen, als handle es sich hierbei um eine unumstrittene Autorität – so etwas wie der unfehlbare Heilige Stuhl der Corona-Krise. Bei ZDF Heute geht das meist so: Da ist kurz nach 19:00 Uhr die Rede davon, dass um 18:30 Uhr die Johns Hopkins Universität gemessen habe und das seien die Zahlen. Wie soll das denn gehen? Und wieso braucht unser Land neben dem staatlichen Robert Koch-Institut noch eine US-amerikanische Einrichtung? Haben Sie schon einmal erlebt, dass unsere Hauptmedien diese Fragen stellen, wenn sie sich auf die Zahlen jener Universität berufen? Über die Fragwürdigkeit konnten Sie hier auf den NachDenkSeiten etwas lesen, von Werner Rügemer: „Die USA haben das sicherste Gesundheitssystem der Welt“ – Die Johns Hopkins University und das globale Pandemien-Management
- Unterbrechung der Aussagen des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet durch Claus Kleber
Laschet ist nicht unbedingt meine politische Idealfigur. Aber er hat auf jeden Fall das Recht, seine Meinung zu haben und diese auch zu äußern, ohne dass ihm so ins Wort gefallen wird, dass man seine Äußerungen kaum noch versteht. Claus Kleber vom ZDF sieht das anders. Er hat in diesem Heute Journal vom Ostersonntag dazwischen gekrätscht. Mehrmals. Offenbar passte dem Merkel-Verlautbarungsjournalisten Kleber die Absicht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, weitergehende Lockerungen in der Corona-Krise zu verlangen, nicht. Es lohnt sich, dieses kurze Stück aus der ZDF-Sendung anzusehen.
Das waren fünf Medienereignisse von vielen mehr, die mir in den letzten Tagen auffielen und deren Qualität wahrlich nicht dafür spricht, dass sich die etablierten Medien herablassend über das Netz hermachen sollten. Zum Schluss ist dieser eingangs erwähnte Versuch vom 11. April dokumentiert:
Die gefährliche Macht der Corona-Mythen
Stand: 11.04.2020 06:23 Uhr
Die Mythen rund um Corona, die derzeit im Netz geteilt werden, haben längst ihre Wirkung entfaltet. Wie viele Millionen Menschen sie sehen, zeigt eine Analyse von NDR, WDR und SZ.
Von Christian Basl, WDR, Svea Eckert und Peter Hornung, NDR
Das Coronavirus sei in einem Labor gezüchtet worden, die Krise von Politikern seit langem geplant, oder die Maßnahmen der Bundesregierung schlicht überzogene Panikmache: Solche und ähnliche Mythen, Falschinformationen und Halbwahrheiten werden derzeit in Videos und Texten massenhaft in sozialen Netzwerken verbreitet. Laut einer Datenrecherche von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” (SZ) gemeinsam mit dem Datenanalysten Philip Kreißel wurden 19 solcher fragwürdigen YouTube-Videos in den letzten sechs Wochen rund zwölf Millionen Mal angesehen.
Diese und weitere Texte und Videos wurden auf Facebook 300.000 Mal geteilt. Das bedeutet: Vermutlich Millionen Menschen haben auf der Plattform Halbwahrheiten und Falschinformationen zu Corona gesehen. Journalistische Faktenchecks, die Inhalte genau dieser Videos und Texte überprüft haben, wurden dagegen zwanzig Mal weniger geteilt und erreichten demnach viel weniger Menschen.
tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/fake-news-corona-101.html
Als am 11. April ein Tagesschau-Beitrag erschien, in dem mit Bezug auf eine Analyse von NDR, WDR und SZ wie üblich mit dem Finger darauf gezeigt wurde, was „im Netz“ so alles erscheint, im konkreten Fall „Mythen rund um Corona“, wollte ich unsere Leserinnen und Leser umgehend darauf hinweisen, weil diese pauschale und arrogante Kritik am „Netz“ alle dort Tätigen pauschal trifft. Aber dann kam anderes dazwischen. Heute jedoch kam ein Artikel der Süddeutschen Zeitung auf den Tisch, der an das Vorhaben erinnert, auf absonderliche Fehlleistungen der etablierten Medien hinzuweisen. Angesichts ihrer unkritischen Begleitung und angesichts ihres nahezu regierungsamtlichen Verlautbarungsjournalismus ist es angebracht, einige Beobachtungen festzuhalten. Albrecht Müller.
Ganz besondere „Leistungen“ der etablierten Medien in den letzten Tagen und Wochen:
Source www.nachdenkseiten.de